Mit Haut und Haar (German Edition)
gefühlt hast in ihren Armen. Aber eins bleibt mir erspart: ich muss nicht drüber nachdenken, ob dir der Body von einem anderen Mann besser gefallen hat als meiner. Ob sein Schwanz größer war. Ob er geschickter war. Ob er es dir besser besorgt hat als ich. Ich weiß, das klingt ungeheuer idiotisch, aber so geht es mir. Ich denke wir sind quitt, was Betrug angeht. Ich habe dich betrogen und du mich. Aber ich quäle mich wenigstens nur mit dem Gedanken daran, dass du dich jemand anderem hingegeben hast. Ich muss nicht drüber nachdenken, ob er muskulöser ist als ich oder ob er besser im Bett ist als ich. Das macht die Sache ein wenig erträglicher. Ich denke, du hattest es viel schwerer.«
Sie nickte. Ja, diese Gedanken konnte sie nachvollziehen.
»Mal ehrlich Liebling, wenn du mich statt mit einer Frau mit einem Mann erwischt hättest, was hättest du da gedacht? Glaubst du nicht, es wäre ein klein wenig erträglicher gewesen?«
»Betrug ist Betrug«, sagte sie. »Schwer zu ertragen. Aber du hast schon irgendwie recht. Ich hätte zumindest nicht an mir selbst gezweifelt sondern mir sagen können okay, mein Daniel hat eine schwule Ader. Nicht schön für mich, ist aber kaum zu ändern.«
»Siehst du, und so fühle ich mich gerade. Deswegen denke ich, es ist für mich sehr viel einfacher, deine Affäre mit Patrizia zu verkraften als damals für dich meine mit Anita.«
Er zog sie auf seinen Schoß. »Es klingt jetzt vielleicht dämlich für dich«, sagte Daniel. »Aber in gewisser Weise haben wir ihr sicher beide ein bisschen was zu verdanken, nicht? Schlimm, dass ich das gute Gefühl bei dir nicht wieder herstellen konnte, aber dass sie es getan hat ändert nichts an der Tatsache, dass es wieder da ist. Du konntest wieder mit mir schlafen und wir führen seitdem wieder eine glückliche Ehe, oder nicht?«
Sie nickte und umschlang ihn mit beiden Armen.
»Wir könnten jetzt noch stundenlang diskutieren, aber es ändert nichts. Egal wie man es dreht und wendet, du hast dich immer noch sehr viel anständiger verhalten als ich und letztlich hat das vielleicht unsere Ehe gerettet. Lass uns die Sache unter Erfahrungen verbuchen und nicht mehr drüber reden.«
Sie seufzte und presste sich an ihn.
»Daniel, ich hatte so Angst dass du mich verlassen könntest.«
»Das Recht hätte ich doch gar nicht, oder? Nicht nach allem, was der Sache vorausgegangen ist.«
Clarissa konnte nicht anders, als sich an ihn zu pressen. Sie war so froh dass sie ihm die Wahrheit gesagt hatte. Nun gab es keine Heimlichkeiten mehr und sie musste nichts befürchten. Sie atmete Daniels Duft ein und schloss die Augen. Er roch so gut. Um nichts auf der Welt hätte sie auf ihn verzichten mögen. Für einen kleinen Moment stieg noch einmal Patrizias Bild in ihr auf. Es war eine schöne Zeit gewesen. Hemmungslos. Leidenschaftlich. Sie hoffte so sehr, dass Patrizia ihren Kummer bald überwinden würde, vielleicht irgendwann eine Frau kennenlernen würde, die sie so liebte, wie sie es verdient hatte. Sie war ein wunderbarer Mensch und mit Sicherheit eine ebenso wunderbare Lebensgefährtin. Ja, das wünschte sie ihr von ganzem Herzen, auch wenn sie tief in ihrem Inneren die Stiche fühlte, die der Gedanke daran verursachte. Sie wusste, das war egoistisch und gemein. Aber wenn einem ein Mensch einmal etwas bedeutet hat, hinterlässt er Spuren. Und die Spuren, die Patrizia hinterlassen hatte, waren sehr tief.
-20-
Ab Ende Januar war Clarissa damit beschäftigt, alles, was derzeit nicht gebraucht wurde, in Kisten zu verpacken. Auf diese Art und Weise konnte sie bereits ein paar Möbel loswerden. Einige davon verkaufte sie über das Internet, andere setzte sie zur kostenlosen Abholung in die Zeitung, je nachdem wie gut die Möbel erhalten waren. Aber letztlich hatten sie alle zwei Kinder mitgemacht und trugen ihre Spuren, auch wenn Clarissa sich darauf verstanden hatte, diese Spuren zu verdecken. Am zweiten Februarwochenende fuhr sie gemeinsam mit Daniel nach Köln, nicht nur um das neue Haus zu besichtigen, sondern auch um sich einfach schon einmal ein wenig die Gegend anzuschauen. Anja hatte sich bereit erklärt, das Haus und vor allem die Kinder über das Wochenende zu hüten, worüber speziell Damian überhaupt nicht erfreut gewesen war. Er stand kurz vor seinem sechzehnten Geburtstag und sah überhaupt nicht ein, dass er nicht alleine bleiben durfte. Immerhin war ja noch Charlotte da, daran hatte er seine Mutter erinnert. Und die würde es
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