Mit jedem Herzschlag (German Edition)
vermochte, sie zulieben. Am liebsten wäre er vor ihr auf die Knie gefallen und hätte sie angefleht, ihm zu glauben. Nur sein Stolz hinderte ihn daran.
Er wollte sie lächeln sehen, wollte ihr süßes Lachen hören. Er wollte nur mit einem Blick in ihre Augen die Gewissheit haben, dass sie heute Nacht wieder in seinen Armen liegen würde und er in ihrer Wärme und Liebe geborgen wäre. Aber dafür bestand nicht die geringste Chance.
Am liebsten hätte er um all das geweint, was er verloren hatte. Um die Liebe, die sie ihm vermutlich sowieso nie entgegengebracht hatte.
Denn wie konnte sie ihn ehrlich lieben, ohne ihm zu vertrauen?
Sie war still und sehr blass. Seit sie in Jims Auto den Parkplatz verlassen hatten, hatte sie kein Wort mehr gesagt.
Doch jetzt schaute sie auf und sah ihn an. Das Misstrauen und die Beklemmung in ihrer Miene verätzten seine Seele wie Salzsäure. Aber er wandte sich nicht ab. Er konnte es nicht.
Vielleicht sollte ihn der Ausdruck in ihrem Gesicht eigentlich dazu bringen, sie weniger zu lieben. Aber vermutlich nicht.
„Wie viele Menschen hast du getötet?“, fragte sie.
Die Frage traf ihn unvorbereitet. Er hatte mit allem Möglichen gerechnet, aber nicht damit. Trotzdem antwortete er ehrlich: „Fünf. Tommy Walsh war der Fünfte.“
„Wie kannst du hinterher ruhig schlafen?“, wollte sie wissen. „Wie schaffst du das? Wie kannst du einfach weitermachen, wenn du weißt, dass du einem anderen das Leben genommen hast?“
Felipe schwieg eine Weile und überlegte, was er darauf erwidern sollte. Aber es gab nur eine mögliche Antwort, nämlich die Wahrheit.
„Du schläfst nicht“, sagte er schließlich und beobachtete dabei weiterhin den Eingang vom Polizeihauptquartier. „Jedenfalls zuerst nicht. Du liegst im Bett und grübelst. Gehst das Geschehen wieder und wieder in Gedanken durch. Willst herausfinden,was du falsch gemacht hast, an welchem Punkt du einen Fehler begangen hast. Und was du stattdessen hättest tun können, um die Sache zu einem anderen Ende zu führen. Und nach einer schlaflosen Woche fühlst du dich nur noch hundeelend, kommst nicht mehr mit dir selbst zurecht und gehst zum Polizeipsychologen. Und dann beginnst du mit der Aufarbeitung, bis du irgendwann die Entscheidungen akzeptierst, die du getroffen hast. Die Entscheidungen, die dazu geführt haben, dass du abgedrückt und dieses Leben ausgelöscht hast.“
Er seufzte und fuhr fort: „Du sprichst mit Leuten, die dabei waren und die Schießerei miterlebt haben. Du verbringst viel Zeit mit demjenigen, dessen Leben du gerettet hast, weil du geschossen und getötet hast. Oder du begreifst, dass das Ganze nur auf eins hinauslief: Entweder du tötest selbst, oder du wirst getötet. Wenn der andere ein bisschen schneller oder schlauer oder geschickter mit der Waffe gewesen wäre, dann müsste deine Familie statt seiner eine Beerdigung ausrichten.“
„Und wenn er gar keine Waffe gehabt hat?“, flüsterte Caroline.
Felipe schüttelte den Kopf. „Sie sind alle bewaffnet gewesen. Der Erste war Benny Hammett, achtzehn Jahre alt. Fast noch ein Kind, aber total zugekokst. Er hatte sich die Pistole seines Vaters genommen und machte Zielübungen auf einige Kinder auf dem Spielplatz neben seinem Haus. Ein Kind war schon tot – es war erst vier –, zwei andere waren schwer verletzt. Die Sanitäter konnten nicht zu ihnen, um ihnen zu helfen. Das Einsatzkommando war bereits unterwegs. Dann traf Hammett ein viertes Kind, das sich hinter ein paar Büschen versteckt hatte. Ich bin einer der Polizisten gewesen, die vom Dach aus zu dem Fenster hinunterkletterten, hinter dem er gelauert hat. Wir konnten ihn überwältigen. Meine Kugel hat ihn getötet.
Dann war da Thomas Freeman, siebenundvierzig. Der nahm sein Jagdgewehr und ging damit zu der Firma, die ihn gerade entlassen hatte. Er tötete die Sekretärin seines Chefs und drohte damit, sämtliche Angestellten umzubringen. Als Lieferant getarntging ich rein und erschoss ihn, bevor er den Mann in der Poststelle abknallen konnte.
Hans Thorne, achtunddreißig, entflohener Häftling. Überfiel ein Kaufhaus, in dem Diego und ich uns zufällig aufhielten. Ich verhinderte, dass er Diego eine Kugel in den Kopf jagte.
T. J. Cerrone, dreiundzwanzig. Du hattest übrigens die Ehre, ihn im Sea Circus kennenzulernen. Wir wollten ihn wegen Drogenhandels verhaften. Doch er und seine Freunde beschlossen, aufs Gefängnis zu verzichten und lieber gleich zur Hölle zu fahren. Leider
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