Mit jedem Herzschlag (German Edition)
ließ das Armaturenbrett los, beugte sich über das Lenkrad und betätigte den Scheibenwischer.
„Gracias“ , sagte Felipe. „Danke.“
„Keine Ursache“, gab sie bissig zurück. „Das ist nur mein Selbsterhaltungstrieb.“
„Es tut mir leid, dass du in diese Sache hineingezogen worden bist“, erklärte Felipe, sah sie an und dann erneut in den Rückspiegel. Der Verfolger war immer noch hinter ihnen. „Es war ein unglücklicher Zufall, dass wir im selben Restaurant gewesen sind.“
Das Viertel, durch das sie hindurchrasten, war ziemlich heruntergekommen: Wohnhäuser mit bröckelnden Fassaden und verrotteten Holzveranden. Auch die Straße selbst hatte schon bessere Tage gesehen. Carrie hätte sich fast auf die Zunge gebissen, als sie wieder in ein Schlagloch krachten.
„Mit hineingezogen?“, fragte sie skeptisch. „Willst du mir allen Ernstes weismachen, dass Mr Muskelprotz mich töten will, nur weil ich im Schroedinger mit dir gesprochen habe?“
„Du bist eine Zeugin“, gab er zurück.
„Eine Zeugin wofür? Für eine Unterhaltung?“
„Wenn ich umgebracht werde oder auf der Vermisstenliste erscheine“, erläuterte Felipe und bog rechts ab, „wird das eine Menge Aufmerksamkeit erregen. Du bist die Einzige, die mich in dem Restaurant mit Tommy Walsh gesehen hat – oder Mr Muskelprotz, wie du ihn nennst. Und mit Lawrence Richter. Das reicht natürlich nicht für eine Mordanklage, aber Tommy Walsh ist ein äußerst vorsichtiger Mensch.“
Carrie funkelte ihn an. „In der Lobby waren noch mindestens zwanzig andere Leute. Wird Muskelprotz die auch umbringen? Vorausgesetzt, dass er dich wirklich töten will.“
„Festhalten.“
„Himmel, ich hasse es, wenn du das sagst“, murmelte sie und stützte sich mit Händen und Füßen am Armaturenbrett ab.
Sie näherten sich dem Ende der Seitenstraße. Felipe konnte hier nur rechts oder links in die Clark Road einbiegen. Wenigstens zeigte die Ampel diesmal grün.
Felipe bog links ab, dann gleich wieder rechts und jagte infalscher Richtung eine Einbahnstraße hinunter.
Carrie unterdrückte ihren Schrei. Es hatte keinen Sinn, ihn auf seinen Fehler aufmerksam zu machen, denn es war ja kein Fehler. Er wusste ganz genau, was er tat.
„Mit Ausnahme des Oberkellners“, fuhr er ruhig fort, als wäre ihr Gespräch nie unterbrochen worden, „der wahrscheinlich auf Richters Gehaltsliste steht, warst du die einzige Person in der Lobby, die mich gut genug kennt und mich identifizieren kann.“
„Ich kenne dich?“, fragte sie. „Ich kenne dich überhaupt nicht. Und niemand hat Grund zu glauben, dass ich dich kenne.“
„Aber du irrst dich“, konterte er.
Erneut sah er zu ihr herüber, und schlagartig fielen Carrie wieder die Küsse ein. Er hatte sie geküsst – zweimal – in der Lobby des Schroedinger, und sie merkte ihm an, dass er sich ebenfalls daran erinnerte. Er ließ den Blick zu ihren Beinen schweifen. Der ohnehin kurze Rock ihres Kleides war ihr im Laufe der wilden Fahrt sehr weit die Oberschenkel hinaufgerutscht.
Sie jagten also gerade mit sechzig Meilen pro Stunde in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße – und er starrte ihr heimlich auf die Beine?
Nein, nicht heimlich. An der Art und Weise, wie er sie betrachtete, war absolut nichts Heimliches oder Verstohlenes. Sein Blick wirkte beinah bedächtig, genießerisch und äußerst männlich. Er schaute auf und sah ihr in die Augen. Anscheinend wollte er sichergehen, dass sie bemerkt hatte, wie er ihre Beine bewunderte.
Im selben Moment entdeckte sie das Autotelefon. Es befand sich in einer speziellen Halterung zwischen den Vordersitzen. Carrie deutete auf das Gerät. „Wenn du Polizist bist, warum bittest du nicht deine Kollegen um Unterstützung?“
„Weil ich den Zugangscode nicht kenne. Ich habe das schon überprüft. Das Telefon ist gesperrt. Vermutlich, damit die Restaurantangestelltenkeine Unsummen mit Auslandsgesprächen vertelefonieren können, während der Autohalter beim Essen sitzt.“
„Du hast aber auch echt auf alles eine Antwort!“
„Leider nein. Ich weiß zum Beispiel immer noch nicht, wie ich Tommy Walsh loswerden soll, ohne dich ernstlich in Gefahr zu bringen.“
Ernstlich in Gefahr? Ernstlich? Sollte das heißen, dass sie zurzeit nicht ernstlich in Gefahr war? Wenn ihre jetzige Situation nicht ernstlich gefährlich war, was dann?
Das Rückfenster zersprang mit einem Knall.
„Runter mit dir!“, schrie Felipe, packte zu und drückte Carrie tief in
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