Mit jedem Herzschlag (German Edition)
schweißgebadet. Aber er war einfach nicht in der Lage, aufzustehen und sich noch einmal zu duschen. Nachdem er die Wunde genäht hatte, hatte Doc Bird außerdem ausdrücklich gesagt, sie dürfe mindestens ein oder zwei Tage nicht mit Wasser in Berührung kommen.
Felipe strich sich die Haare aus den Augen und schaute zur Zeitanzeige auf dem DVD-Player. Beinah zehn Uhr. Wo steckte Caroline?
Zehn Minuten gab er ihr noch. Dann würde er sie suchen – Schmerz und Übelkeit hin oder her. Bis dahin musste er sich mit irgendetwas ablenken.
Er durchstöberte den Stapel Zeitungen auf dem Couchtisch. Obenauf lag eine Ausgabe mit einem Artikel über St. Simones neuen Polizeichef, einen Mann namens Earley.
Felipe kannte ihn. Er war ihm mindestens ein halbes Dutzend Mal begegnet, wenn nicht öfter. Für seine Begriffe war der Mann ein wenig zu konservativ, zu altmodisch und vermutlich genau der Richtige für diesen Job in dieser Stadt.
Er schnappte sich die Zeitung, aber die Schrift war so klein, dass sie ihm vor den Augen verschwamm. Also legte er das Blatt zurück, griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein.
Der Lokalsender brachte um zehn Uhr Nachrichten. Da Felipe wissen wollte, ob seine angebliche Verwicklung in die Spielplatzmorde es bereits in die Fernsehnachrichten geschafft hatte, wählte er diesen Sender.
Die Nachrichten hatten gerade begonnen. Der erste Beitrag handelte vom Ausbruch einer Salmonelleninfektion in einemstädtischen Altenpflegeheim. Drei Bewohner des Pflegeheims waren bereits gestorben, Dutzende weitere erkrankt.
Als Nächstes kam ein Bericht über den neuen Polizeichef. Felipe war überrascht. Er hatte fest damit gerechnet, dass die Medien bereits Wind davon bekommen haben müssten: Schließlich stand er unter Verdacht, die Spielplatzmorde begangen zu haben. Aber da kam keine Meldung, nicht ein Wort.
Es gab ein kurzes Interview mit Earley, dann ein paar Hintergrundinformationen zu seinem Werdegang. Der Polizeichef war als Sprengstoffexperte im Vietnamkrieg eingesetzt worden. Das war Felipe neu. Offenbar hatte Earley Sprengfallen in dem Labyrinth unterirdischer Tunnel entschärfen müssen, in denen sich die Vietcong-Kämpfer tagsüber versteckt hatten. Einer der gefährlichsten und erschreckendsten Jobs jenes Krieges und definitiv nichts für Ängstliche und Klaustrophobiker.
Felipe hörte ein Geräusch im Flur und schaltete den Fernseher stumm. Die Wohnungstür ging auf, und … Gott sei Dank: Es war Caroline.
Sie trat ein und zog die Tür hinter sich zu.
Sie wirkte verlegen, beinah schüchtern, und Felipe wurde bewusst, dass er nur seine Boxershorts trug. Er hatte nicht die Kraft, sich aus Rafes Schrank Jeans und ein T-Shirt zu holen.
Langsam kam sie näher und schaute ihn an. „Du siehst furchtbar aus“, sagte sie.
Sein Versuch eines Lächelns scheiterte kläglich. „ Gracias. Ich fühle mich auch furchtbar. Aber ich bin die Kugel los. Mein Bruder hat jemanden raufgeschickt. Jemanden, der wohl mal als Arzt gearbeitet haben muss.“
Carrie nickte. „Ich weiß.“ Sie kniete sich neben der Couch auf den Fußboden. „Das muss scheußlich wehtun. Es tut mir leid.“
„Mir nicht“, antwortete er. Er atmete einmal tief durch und stellte fest, dass er sie jetzt anlächeln konnte. „Der Schmerz macht mir nichts aus. Im Gegenteil, ich genieße ihn. Er beweistmir, dass ich am Leben bin. Und ich lebe wirklich gern – vor allem nach einem Abend wie diesem.“
Zaghaft erwiderte sie sein Lächeln. Wie schön sie doch war. Felipe umklammerte fest die Fernbedienung und kämpfte die Versuchung nieder, die Arme nach ihr auszustrecken und sie fest an sich zu ziehen. In diesem Moment hätte er sonst was für eine unschuldige tröstende Umarmung gegeben – obwohl ihm klar war, dass eine solche Berührung zwischen ihnen beiden nicht lange unschuldig und tröstend bleiben würde.
„Ich glaube nicht, dass dir das klar ist. Wir sind heute Abend beide nur ganz knapp dem Tod von der Schippe gesprungen“, erklärte er leise und schaute ihr dabei forschend in die meergrünen Augen.
Erstaunlicherweise sah sie nicht weg. Sie wandte sich nicht ab, wies ihn nicht von sich. Stattdessen nickte sie.
„Doch, das ist mir klar“, antwortete sie. „Ich habe mit deinem Bruder über Walsh gesprochen.“
„Und?“
„Ich glaube dir.“
„In Bezug auf Walsh?“
„In Bezug auf alles.“
Wärme durchflutete ihn, als er das hörte. Sie glaubte ihm tatsächlich. Obwohl er wusste, dass er
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