Mit jedem Herzschlag (German Edition)
herum in die Gasse, in der der Lieferwagen stand.
„Ich bin also doch deine Geisel“, stellte sie fest, schaute ihn ganz direkt an und verschloss sich gegen die verführerische Hitze, die sie in seinem Blick entdeckte. „Ich bin es die ganze Zeit gewesen, nicht wahr?“
„Caroline, du bist keine Geisel.“
Sie blickte demonstrativ auf die Hand, mit der er ihren Arm umklammerte. „Beinah hättest du mich reingelegt.“
Irgendetwas in ihm zerbrach. Sie sah es an seiner Miene, an seinen angespannten Kiefermuskeln.
„Vor einer halben Stunde hast du mir geglaubt“, erklärte er.
„Du hättest mir erzählen müssen, dass du wegen Mordes gesucht wirst.“
„Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, dass sie mir so was Großes anhängen können – nicht, bevor ich es in den Nachrichten gesehen habe.“ Er lachte bitter auf. „Ach ja, die Macht der Medien. Du glaubst lieber, was du im Fernseher siehst, als mir, richtig?“
„Wie soll ich dir denn glauben?“, fragte sie. „Ich kenne dich doch gar nicht!“
„Du kennst mich.“ Seine Stimme klang auf einmal sehr weich, und seine Augen glitzerten im Mondlicht. „Ich denke, du kennst mich sogar sehr gut. Hör auf dein Herz, Caroline.“
Sie schloss die Augen. Aus Angst vor der hypnotisierenden Wirkung seines Blicks und der magnetischen Anziehungskraft dieses Mannes. Aus Angst vor seinem Griff, mit dem er sie festhielt und der sich mit einem Mal anfühlte wie eine Liebkosung.
Aber dann ließ er sie los. „Okay“, sagte er, immer noch ruhig. „Du kannst gehen, wohin du willst.“
Überrascht schlug sie die Augen auf, als er den Wagenschlüssel in ihre Hand fallen ließ.
„Unter einer Bedingung“, fuhr er fort. „Du begibst dich direkt auf die Interstate Richtung Norden. Du fährst ohne Umwege zu deinen Eltern nach Montana. Du berichtest deinem Vater und deinen Brüdern, was heute Nacht geschehen ist, und bittest sie um ihren Schutz. Wenn du mir nicht erlaubst, dich zu schützen, müssen sie es tun.“
„Ich soll dich einfach hier stehen lassen?“, fragte sie ungläubig. „Mit einer Schusswunde im Bein?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Zeit für Diskussionen. Schon gar nicht hier auf offener Straße, wo mich jeder sehen kann. Ich habe heute Nacht eine Unmenge zu erledigen. Am wichtigsten ist mir deine Sicherheit. Am zweitwichtigsten ist mir, am Leben zu bleiben, damit ich morgen das Drittwichtigstein Angriff nehmen kann: meinen Namen reinzuwaschen. Also gib mir einen Abschiedskuss und sieh zu, dass du wegkommst.“
Carrie betrachtete den Schlüssel in ihrer Hand, dann den Lieferwagen, dann wieder Felipe. Ihre Sicherheit hatte bei ihm oberste Priorität. Er war sogar bereit, seinen Fluchtwagen für sie aufzugeben. Ohne das Auto blieben ihm nur öffentliche Verkehrsmittel. Und damit riskierte er, von einem aufmerksamen Mitbürger erkannt zu werden, der die Abendnachrichten gesehen hatte. Natürlich konnte er auch versuchen, zu Fuß zu fliehen. Wie weit er es mit seinem verletzten Bein schaffen würde, stand allerdings in den Sternen.
Im Mondlicht wirkte er blass, und sie sah, dass er schon wieder schweißgebadet war. Die Schusswunde musste ihm quälende Schmerzen bereiten. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Wie konnte sie da einfach wegfahren und ihn stehen lassen?
In seiner Miene lag kein Vorwurf, keine Schuldzuweisung. Sie entdeckte darin nur Güte und Wärme.
„Geh schon“, flüsterte er. „Leb wohl, Caroline Brooks.“
Aber sie wollte nicht gehen. Sie wollte bleiben. Sie wollte sich nicht auf den Schutz ihrer Familie verlassen müssen. Nicht, wenn ihr hier in St. Simone der bestmögliche Schutz geboten wurde.
Ihre Gefühle waren alles andere als wissenschaftlich begründet. Sie beruhten nicht auf Fakten, Daten oder irgendwelchen Beweisen. Zum ersten Mal seit Jahren entschied Carrie sich gegen das Offensichtliche und vertraute ihrem Herzen.
Sie trat ein paar Schritte vor, bis sie direkt vor ihm stand. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.
Sein Erstaunen war deutlich zu spüren. Trotzdem zog er sie an sich und erwiderte ihre Zärtlichkeiten. Es war ein langer, langsamer, intensiver Kuss. Ein süßer Kuss, vielleicht der süßeste, den sie je bekommen hatte. Doch schlagartig wurde ihr klar, dass es ein Abschiedskuss war. Ein Kuss, der sie ein Lebenlang begleiten sollte, ein Kuss, der sie für immer an ihn erinnerte.
Er hielt sie fest an sich gedrückt, als sammelte er Kraft, um sie von sich
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