Mit jedem Herzschlag (German Edition)
zu schieben. „Halt nicht an, bis du über die Landesgrenze bist. Unter keinen Umständen“, sagte er mit rauer Stimme.
Als sie ihn ansah, entdeckte sie Tränen in seinen Augen.
„Wenn du aus Florida raus bist“, fuhr er fort, „sieh zu, dass du den Lieferwagen loswirst. Stell ihn in irgendeinem Wohngebiet am Straßenrand ab. Steig in den nächsten Bus. Bezahle in bar und sag niemandem, wie du heißt.“ Er ließ sie los und angelte seine Geldbörse aus der Gesäßtasche seiner Hose. „Ich gebe dir ein bisschen Geld …“
„Nein“, unterbrach sie ihn. Jetzt fühlte auch sie, wie ihr die Tränen kamen. Er überließ ihr nicht nur den Lieferwagen, sondern gab ihr obendrein noch Geld? Mit dem Handrücken wischte sie sich über die Augen.
Felipe schüttelte den Kopf. „Caroline, du wirst es brauchen …“
„Steig ein“, fiel sie ihm ins Wort und schloss die Beifahrertür auf. „Ich fahre.“
Sachte strich er ihr über die Wange. „So gern ich das auch täte, ich kann nicht mit dir nach Montana fahren.“
„Ich fahre nicht nach Montana.“ Als sie die Hoffnung in seinen Zügen aufleuchten sah, musste sie lächeln. Anscheinend versuchte er sich zu beherrschen und nicht zu vorschnellen Schlüssen zu gelangen. „Bei dir bin ich sicherer“, fügte sie hinzu. „Meine Brüder sind lausige Schützen.“
Er nickte langsam, als nähme er ihre Worte sehr ernst. „Du hast dich also entschlossen, mir zu glauben?“
„Gibt es noch irgendetwas, das du vergessen hast, mir zu erzählen? Noch irgendwelche sensationellen Morde oder vielleicht ein oder zwei entführte Kinder in deinem Keller? Oder irgendwas, was deine Gesundheit betrifft – ein Hirntumor oder eine tödliche Krankheit, die du mir verheimlichst?“
Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Nichts von solcher Bedeutung.“
„Dann steig endlich ein“, forderte sie ihn auf. Hoffentlich muss ich das nie bereuen!
Felipe war auf dem Beifahrersitz des Lieferwagens so weit nach unten gerutscht, dass er von außen nicht zu sehen war. Es missfiel ihm, nicht selbst am Steuer zu sitzen. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann er zum letzten Mal ein Auto nicht selbst gelenkt hatte. Natürlich abgesehen von Fahrten in Richters Limousine.
Er beobachtete Carrie. Sie hatte den Fahrersitz ganz nach vorn schieben müssen, aber sie steuerte das übergroße Fahrzeug mit der Selbstsicherheit und der Übung eines erfahrenen Lkw-Fahrers.
Das war ganz was anderes als der kleine rote Sportflitzer, den sie damals im Sea Circus gehabt hatte, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren. Trotzdem musste jemand, der einen solchen Sportwagen sein Eigen nannte, ihn sehr gut pflegen. Nach Felipes Erfahrung konnten Leute, die ihr Auto gut pflegten, im Allgemeinen auch gut fahren. Und sie fuhren schnell. Dafür sprachen ihre beiden Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung. Im Moment allerdings fuhr sie ständig ein wenig langsamer als erlaubt. Durch höheres Tempo würden sie zwar Zeit sparen. Doch es war das Risiko nicht wert, von der Polizei angehalten zu werden.
Carrie schaute zu ihm hinüber. Er versuchte zu lächeln, aber seine Gesichtsmuskeln wollten ihm nicht recht gehorchen.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte sie sich besorgt. Ihre von Natur aus leicht raue Stimme betonte ihren kaum hörbaren nordwestlichen Akzent. So klang sie ein wenig – ein ganz klein wenig – wie Lauren Bacall beim Versuch, John Wayne zu imitieren. Bei einer Frau mit ihrer alles andere als imponierenden Statur, ihren seidigen blonden Haaren und den riesigen blaugrünen Augen war der Effekt einfach umwerfend.
„Mein Bein tut weh“, gab Felipe zu. Dass es wehtat, war die Untertreibung des Jahres. In dem verdammten Ding pulsierte ein stetiger stechender Schmerz. Obendrein war ihm übel von dem Antibiotikum, das Doc Bird ihm verabreicht hatte. Er sollte viermal täglich eine der Kapseln nehmen, damit die Wunde sich nicht infizierte. Doc Bird hatte ihm eine Packung mitgegeben, die für zehn Tage reichen sollte.
Zehn Tage. Hoffentlich überlebte er so lange.
Junge, war er erschöpft.
„Kann ich irgendwas für dich tun?“, fragte Carrie leise.
Diesmal gelang ihm ein Lächeln. „Das tust du schon.“
„Wohin soll es gehen? Also abgesehen davon, dass wir Richtung Süden fahren?“
„Sanibel Island. Diegos Schwiegereltern haben dort ein Strandhaus. Um diese Jahreszeit steht es leer. Wir können dort unterkriechen. Wenigstens für eine Nacht.“
Sie nickte, den
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