Mit jedem Herzschlag (German Edition)
zum Teufel hat er es trotzdem genommen? Was hat ihn dazu gebracht, seinen Verstand auszuschalten? Und was für ein Mensch muss man sein, um einen kurzfristigen Rausch so viel wichtiger zu nehmen als sein Leben?“
„Rafe scheint den Eindruck zu haben, dass deine Arbeit als verdeckter Ermittler dich in einen ähnlichen Rausch versetzt.“
Er horchte auf. „Ihr habt euch über mich unterhalten?“
„Nur kurz. Er möchte, dass du ihm verzeihst.“
„Er hat eine sehr seltsame Art, mir das zu zeigen“, brummte Felipe. „Und ich verzeihe ihm ja. Ich traue ihm nur nicht. Woher soll ich wissen, dass er clean bleibt? Wie kann ich sicher sein, dass er nicht wieder zu Drogen greift?“
All sein Frust, sein Zorn, sein Schmerz – sein tief sitzender Schmerz – standen in seinem Gesicht geschrieben. Er hatte ihr sein Herz geöffnet, offenbarte ihr gerade seine schlimmsten Befürchtungen und finstersten Geheimnisse.
Schlagartig begriff Carrie, dass sie ihn mochte. In ihm steckteso viel Überraschendes. Nein, er hatte viel mehr zu bieten als einen tollen Körper, ein hübsches Gesicht, exotische Wangenknochen und lange dunkle Locken.
Wer hätte gedacht, dass ein so energiegeladener, unabhängiger, eigenständiger Mann so fest an einen Gott glaubte? Noch dazu in einer Zeit, in der die meisten Leute viel zu beschäftigt waren und Religion in ihrem Leben kaum eine Rolle spielte.
Wer hätte gedacht, dass ein Gespräch über seinen Bruder den kleinen Jungen in ihm wecken würde, der er einmal gewesen war – zutiefst verletzt und voller Angst, erneut verletzt zu werden?
Und wer hätte gedacht, dass er ihr seinen Schmerz offen zeigen würde? Dass er nicht versuchen würde, ihn vor ihr zu verbergen?
Ja, sie mochte ihn – obwohl er sie im Kofferraum ihres Wagens eingesperrt hatte. Obwohl er ihr Leben in Gefahr brachte.
Offenbar wartete er darauf, dass sie etwas sagte. Er beobachtete sie.
„Manchmal“, sagte Carrie leise, ohne den Blick von der Straße zu nehmen, „muss man einfach glauben.“ Sie bezog sich damit nicht nur auf Rafe. Ganz und gar nicht nur auf Rafe.
9. KAPITEL
D reimal lenkte Carrie den Lieferwagen an dem unbeleuchteten Strandhaus vorbei, bevor Felipe schließlich nickte.
„Okay, es ist niemand da“, sagte er in seinem samtweichen spanischen Akzent. „Wir parken in der nächsten Querstraße. Ich will nicht, dass das Auto vor dem Haus oder in der Einfahrt steht.“
„Soll ich dich hier absetzen? Dann musst du nicht so weit zurücklaufen.“
Er antwortete nicht, sah sie nur mit leicht gerunzelter Stirn an.
„Keine gute Idee?“, fragte sie.
„Keine gute Idee. Ich kann dich nicht schützen, wenn ich hier bin und du eine Straße weiter.“
Du kannst uns beide nicht schützen, wenn du zu müde und erschöpft bist und vor Schmerzen kaum laufen kannst, hätte sie am liebsten erwidert. Aber dann fiel ihr ein, wie er ihr nachgerannt war, als er bei der Telefonzelle angehalten hatte. Er hatte sie eingeholt und zu Boden geworfen, ohne einen Gedanken an seine Verletzung zu verschwenden.
Ja, ihn hier abzusetzen war wirklich keine gute Idee. Wenn Gangster mit Kanonen sie umbringen wollten, sollte sie besser rund um die Uhr in Felipes Nähe bleiben – ob er nun gesund oder verletzt war, ob er wachte oder schlief.
Wachte oder …
Mit Macht schob sich ihr ein Bild vor Augen: Felipe, schlafend neben ihr in den sauberen weißen Laken eines gemütlichen Doppelbettes. Die dunklen Locken ausgebreitet auf einem schneeweißen Kissen. Die Augen geschlossen, die langen dunklen Wimpern wie Fächer auf den sonnengebräunten Wangen. Der Körper entspannt, die Muskeln dennoch wunderbar fest unter der seidigen weichen Haut …
Solche Träumereien halfen ihr kein bisschen weiter. Und mit ihm zu schlafen wäre leichtsinnig und unverantwortlich.
Und obendrein möglicherweise eine Spontanreaktion auf die Gefahr, in der sie sich befanden. Ja, er war umwerfend begehrenswert. Ja, er war empfindsam, mitfühlend und wusste nach einem Blick in ihr Gesicht anscheinend immer, was sie dachte. Ja, er war möglicherweise der komplizierteste, interessanteste und aufregendste Mann, dem sie je begegnet war.
Doch was würde geschehen, wenn sie – der Himmel bewahre – sich in diesen Mann verliebte? Konnte sie sich überhaupt vorstellen, dass sie zusammenlebten und jeden Morgen gemeinsam frühstückten bis ans Ende ihrer Tage?
Tatsächlich konnte sie sich das sehr viel leichter vorstellen, als sie geglaubt hatte. Es war ein
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