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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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Baguettes unter den Armen und die Hände voll süßem Mampf, bröseln wir von Auslage zu Auslage, von Glühbirnen zu Miederwaren, von Haarsprays und Plastikkämmchen zu Veranstaltungskalendern der abgelaufenen Sommersaison. In einer verrauchten Bar am Kai pressen wir unsere klammroten Pfoten an ein untrinkbares, aber heißes Gebräu und machen uns anschließend zu unserer Nebeltour nach Dole auf die Reifen.
    Fünf Kilometer nach Saint-Jean überqueren wir den Rhône-Rhin-Canal. Etwas weniger Nebel und man könnte von einer deprimierenden Allerheiligenstimmung sprechen, aber so tasten wir uns wie blind durch eine weiße körperlose Masse am Straßenrand entlang. Wiederum erweist sich unser blinkender Bempl als eine unverzichtbare Einrichtung und macht seine nicht gerade billige Anschaffung absolut bezahlt. Zwei-, dreimal finden wir uns in kleine Ortschaften gezaubert, die so schnell wieder in einem Jenseits verschwinden, wie sie zuvor auftaucht waren. Während der letzten Kilometer in Burgund und der ersten in der Region Franche-Comté bis kurz vor Campvans existiert eine Landschaft so gut wie gar nicht. Erst eine halbe Fahrstunde vor Dole hebt sich die weißgraue Decke allmählich; Hügel, Bäume und Häuser nehmen Konturen an und werden mit einem Male sichtbar wie Kulissen hinter einem hochgezogenem Bühnenvorhang. Gleich der erste Akt beginnt mit blendender Helligkeit und Wiesen und Felder glitzern, dampfen und riechen erdig unter der Kraft eines gleißenden Sonnenscheinwerfers.
    Dole, liegt nun unmittelbar vor uns, die Stadt, in die wir uns vor Jahren an einem dämmrigen Abend nach einem kolossalen Hagelschlag regelrecht verliebt haben. Diese Zuneigung glauben wir über all die Jahre bewahrt zu haben, doch nach einer ersten Wiedersehensbeschnupperung entziehen wir der Vielgeliebten vorübergehend unsere Verehrung. Natürlich wartet sie mit demselben mittelalterlichen Stadtbild auf wie einst, doch irgendwie erwärmt uns ihr Liebreiz nicht mehr im selben Maße. Ernüchtert streifen wir durch das Gassenlabyrinth und fahnden nach den Auslösern unserer damaligen Begeisterung. Im Laufe eines ganzen Nachmittags entdecken wir sie dann tatsächlich wieder. Zum einen in der Basilika Notre Dame mit ihrem wehrhaften 74 m hohen Glockenturm am höchsten Punkt der Altstadt, deren Häuser sich malerisch zum Fluß Doubs hinunterstaffeln; doch zum überwiegenden Teil werden wir abermals in den gewundenen Gassen und abseitigen Winkeln mit ihrer Unzahl an schmucken Architekturelementen fündig, die noch das kleinste Hinterhof-Fenster mit einer Spitzbogeneinfassung zieren und nicht die gewagtest konstruierte Ecke einen Stilbruch begeht. Diesmal würzen wir unseren Aufenthalt zusätzlich mit dem Besuch des Geburtshauses von Louis Pasteur, heute das Pasteur-Museum. Dieses umfaßt lediglich die ehemalige Wohnung der Familie Pasteur in einem Stadthaus im unteren Bereich von Dole, nahe des Doubs. Wir klingeln an der Wohnungstür wie geladene Gäste der Familie, worauf eine elegante Madame öffnet und uns hereinbittet. In sehr hellen, gepflegten Räumlichkeiten, bestückt mit den üblichen musealen Hut-Stock-Schuh-Requisiten, handschriftlichen Notizen und einigen Möbeln interessieren uns besonders die mikroskopischen Einblicke in die Forschungsarbeit des Chemikers und Bakteriologen Pasteur. Leider können wir die jeweiligen Erklärungstexte dazu nicht lesen, so wissen wir abschließend nicht recht viel mehr als das ohnehin allgemein Bekannte.
    Nach der unüberschaubaren Welt der Bakterien, Krankheiten und Impfstoffe ziehen wir uns in eine kleine, überschaubare Campingwelt am Fuße der Stadt zurück, nicht ohne zuvor noch für Erheiterung gesorgt zu haben. Die quirlige Mademoiselle an der Rezeption bricht in schallendes Gelächter aus, als sie uns aufkreuzen sieht. Sie lacht, ja sie schüttet sich aus vor Lachen und lacht noch immer, als wir meinen, jetzt müßte es langsam genug sein, so furchtbar witzig seien wir dann auch nicht. Endlich kritzelt sie, kicherzittrig, Buchstaben unserer Personalien in ihr Gästebuch, wünscht uns einen angenehmen Aufenthalt und gackert ihr ansteckendes Lachen ungeniert weiter. Welch ein Unterschied zu unserer hysterischen Klobrillenfrau von gestern. Da liegen doch Weltanschauungen dazwischen! Oder!?
     
    Auf dem Campingplatz treffen wir ein französisches Ehepaar wieder, dem wir bereits vor über vier Monaten im elsässischen Kaysersberg begegnet waren. Vor unserer Abreise aus Dole schwärmen sie uns

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