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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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beim gegenseitigen Anblick nur noch lachen. Gott sei Dank!
     
    Auch am Tag des Herrn schüttet es noch immer wie aus Eimern. Heißt es nicht irgendwo »...und am siebten Tage sollst du ruhn!« Hier ruht niemand, weder Petrus noch wir. Wir packen zusammen und zwar zack-zack und rücken mit neuem Rekord sicher in die erste Liga der Zeltpacker auf. Der Regen strömt zum Gotterbarmen und unsere Nachbarn verfolgen mit besorgten Blicken unsere Blitzräumung. Die vorgestern noch in hohen Tönen besungene Jockl-Tour endet in ihren Köpfen vermutlich in schrägen Dissonanzen. Abenteuer hin oder her - in einem Wohnwagen lebt es sich halt einfach trockener. Zum Abschied beschenkt uns die Frau mit einem neuen, großen Schwammtuch und Marienanhängern, darüber hinaus verspricht sie, um gutes Wetter zu beten. Ich glaube, das wird die holde Jungfrau auch nicht mehr gnädig stimmen, nachdem ich mich so abfällig über eine ihrer Weihestätten geäußert habe. Ob es aus unserer Kiste tropft, können wir nicht feststellen, es tropft und rinnt einfach überall, Jockl nebelt auch gar fürchterlich und springt erst nach vielen Startversuchen an.
    In Lourdes - die Weiterfahrt nach Oloron-Sainte-Marie macht einen weiteren Besuch notwendig - genehmigen wir uns in einer gutbesuchten, rauchigen Bar ein paar trockene Sitze und heißen Milchkaffee. Am liebsten würden wir uns in Plastik einschweißen lassen, um für den bevorstehenden Kampf mit dem Dauerregen gewappnet zu sein.
    Bereits die ersten Kilometer vermitteln uns einen Geschmack auf den restlichen Tag. Grenzenlos graue Regenwände hängen bis in die bewaldeten Berghänge runter. Gipfel und Bergkämme bleiben unter einer niedrigen, bleiernen Wolkendecke verborgen. Von den landschaftlichen Reizen der Pyrenäentäler nehmen wir so gut wie keine Erinnerung mit. Schon nach einer Stunde schweigsamer Fahrt sind wir genug durchgefroren, um in Lestelle-Betharram in die Dorfbar zu flüchten. Bei unserem Eintreten nimmt die Barmaid augenblicklich eine abwehrende Haltung ein. Kein Wunder, ich hab’ meine tief ins Gesicht gezogene schwarze Kapuze und darüber die wulstigen Ohrenschützer noch vor der Tür abzunehmen vergessen. Wolfgang klärt mein Erstaunen über den mißtrauischen Blick der Mademoiselle hinter dem Tresen auf: »So wia du daheakimmst, schaust aus wia a russischa Ponzakommandant.« Erst unsere Entblätterung stimmt die Dame versöhnlich, sie fragt sogar, ob wir wirklich mit diesem »tracteur« da draußen unterwegs seien und deutet dabei durch das Fenster auf unseren Jockl. Auf unser kopfnickendes »oui« entschlüpft ihr ein ungläubiges Lächeln. Nur uns wird das Lachen bald vergehen: Geprassel bis Bruges, Regen bis Louvie-Juzon, Niesel bis Arudy. Hier hört es dann für ein knappes Stündchen auf, so daß wir uns auch mal die Beine vertreten und einige Blicke in die wirklich zauberhafte Landschaft werfen können, als die Wolkenschicht sich etwas lockert und stellenweise ein wunderbares Gebirgspanorama freigibt und warme Helligkeit ins Tal flutet. In der propenvollen Bar des Ortes klopfen wir die Nässe aus unseren Krägen und verfolgen, mehr betäubt als wach, ein stupides Autorennen im plärrenden Fernseher. Von unserem Aufenthalt nimmt niemand Notiz; erst als wir Schicht für Schicht unsere zeitaufwendige Regenmontur überziehen und den vor dem Lokal geparkten Jockl besteigen, sammelt sich eine Schar Neugieriger vor der Tür und winkt und ruft uns bei der Abfahrt aufmunternd nach.
    Bald darauf regnet es erneut, und wir erreichen die Drei-Flüsse-Stadt Oloron-Sainte-Marie so geschlaucht wie aufgeweicht. In vorangegangen Gesprächen haben wir uns bereits geeinigt, daß Oloron die letzte Bleibe auf französischem Boden werden soll. Wir verzichten auf eine ausgedehntere Erkundung der Pyrenäen, denn wir hoffen auf Spaniens Wärme und sehnen uns nach Trockenheit jenseits der Pyrenäenkämme. Die Suche nach einem Hotel - nur ein solches kommt für uns heute in Frage - gestaltet sich etwas verwirrend: Das ausgeschilderte »Hotel de la Poste« ist keines mehr, und wo man uns hinschickt, da finden wir keines. Freund Zufall kommt uns zu Hilfe und mit ihm das »Hotel Bristol«, ein warmes Zimmer für die Nacht, ein heißes Bad für unsere erstarrten Glieder und französisches Fernsehprogramm bis in die Morgenstunden.
    Wolfgang nützt eine längere Regenpause für den Besuch von Olorons ältester Kirche Sainte-Croix, einem gedrungenen, fast festungsartigen Bauwerk aus dem 11.

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