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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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ausgerechnet hier. Bei der originell betürmten Dorfkirche warten wir einen kurzen Nieselstauber ab, anschließend lassen wir den Jockl ins Tal der Baise runterrollen, wo wir in einer windgeschützen Flußsenke am Ortsende von l’Isle-de-Noe unsere zähen Käsesandwiches mit heißem Thermoskaffee hinunterspülen.
    Acht Kilometer weiter erreichen wir mit Montesquiou wiederum eine Bastide. Stürmischer Wind und Ausgestorbenheit auch hier. Hoch über dem Tal der Osse liegt das Dörfchen, erhaben, innerhalb von Resten einer Befestigungsanlage, überragt von einem Turm am westlichen Ortsende. Ein paar romantische Fachwerkwinkel lohnen einen Spaziergang, obgleich es immer ungemütlicher wird, sich dem verrückten Wind zu stellen. Wie in einem Motorsegler fühlen wir uns schließlich bei der Weiterfahrt über die endlosen Hügel und unter den schnellziehenden Wolken. Da, endlich wird er auf einem Höhenrücken sichtbar, mächtig und schicksalsträchtig - der Donjon von Bassoues. Gleich an der Ortseinfahrt beherrscht dieser eindrucksvolle, 42 m hohe Turm Dorf und Umland. Einst Teil einer Befestigungsanlage, heute das Wahrzeichen von Bassoues, beherbergt er eine aufschlußreiche und ausgesprochen sehenswerte Ausstellung über die Bastiden dieser Region. Über eine Wendeltreppe finden wir in zwei Stockwerken alles Interessante an Grundrissen, Fotos und Angaben zu Ursprung und Zweck dieser befestigten Wehrdörfer. Frankreich verdankt seine Vielzahl an Bastiden seinen ehemaligen Todfeinden im Hundertjährigen Krieg - den Engländern. Als nach dem Aussterben der königlichen Kapetinger-Linie Edward III., Enkel Philipps IV., Ansprüche auf Frankreichs Krone erhob, begann das Hickhack. Jahrzehntelang pflegte man sich deswegen in verschiedenen Abständen gegenseitig die Luft abzudrücken. Doch der britischen Landnahme französischen Territoriums war keine Dauer beschieden, und so waren die Briten eines trüben Tages gezwungen, ihre Gäule, Rüstungen und Mordinstrumente auf ihre Schiffe zu packen und heimwärts zu segeln. Nur das Land um Calais behielten sie sich zum Angedenken und um wenigstens die kleine Zehe auf dem europäischen Kontinent gesetzt zu halten. Logischerweise kennzeichnet heute die Lage der Bastiden noch immer die vorgerückte Front der Engländer, die ihre Dörfer zur Feindabwehr dementsprechend befestigten. Die Beschaffenheit des jeweiligen Geländes - ob in ungedeckter, freier Flur, an einem Fluß, auf einem Felsplateau oder wo auch immer - bestimmte den Grundriß eines solchen Wehrdorfes, wobei wir beide für die schachbrettartig um einen Hauptplatz angelegten Dörfer eine besondere Vorliebe hegen. Ein besonders schönes Beispiel hierfür bietet die Bastide Monpazier, etliche Kilometer südlich der Dordogne, die wir während unserer Raditour entdeckten. - Soviel nur kurz zum Thema Bastiden. - Die anderen Räumlichkeiten des Turmes mit gotischen Gewölben und Kaminen ausgestattet, wirken freundlich und wohnlich, während unsere Blicke durch die Deckenbalken der restlichen, nicht restaurierten Etagen bis unters Dachgerüst hinaufkreisen können. Wind pfeift durch die Schartenschlitze und eine ständige Zugluft zwingt mich von einem schützenden Eck ins nächste. Die Bastide Bassoues wartet jedoch noch mit einer zweiten Besonderheit auf, deren Einmaligkeit erst beim Rundblick vom Turm richtig auffällig wird: Die Dorfstraße führt mitten durch die Markthalle des Ortes, eine Tatsache, die auch auf der Straßenkarte verzeichnet ist. Auch sonst lebt die Bastide von vielen Details ihrer Vergangenheit, so daß man sagen kann, Bassoues ist auf jeden Fall einen Umweg wert.
    Der Wind setzt zu immer ungestümeren Attacken an. Das macht die Weiterfahrt nicht unbedingt zu einer fröhlichen Landpartie, denn auf den Getreidefeldern laufen die Erntemaschinen auf Hochtouren, und den dabei entstehenden Streustaub treibt der Wind in zahllosen Wirbeln über das Land. Mit völlig verstopften Nasen und rotgeriebenen Augen erspähen wir zwei Stunden später die ersten, zwischen Baumgruppen versteckten, Häuser von Mielan. Im Blumenladen des Ortes erfragen wir die Existenz eines Campingplatzes zwei Kilometer außerhalb von Mielan an einem Badesee. Dort gönnen wir uns die nötige Erholung und lassen unsere lärmgeplagten Ohren vom vielfaltigen Vogelgezwitscher liebkosen.
     
    Ein anfänglich blauer Himmel am Morgen verrät nichts von einer überaus kalten Nacht, kämpft aber bald gegen mehr und mehr heranziehende Wolkenballen. In

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