Mit Konfuzius zur Weltmacht
einmal einen chinesischen Namen, wie ihn die Ausländer haben, die in der Volksrepublik leben. Der chinesische Name ermöglicht es Chinesen, Ausländer mit Worten anzureden, die sie schreiben und aussprechen können. Da in China jeder Name etwas bedeutet, werden positiv besetzte Schriftzeichen gewählt, die im Idealfall ähnlich klingen wie der westliche Name. Letzteres ist weitläufig zu verstehen. Ein fünfjähriges blondes Mädchen heißt Madeleine. »Wir machen daraus Mateling, ma für das Mineral Achat, te für speziell, ling für Phosphor«, erklärt ihr eine chinesische Betreuerin. Madeleine selbst glaubt, sie male mit dem dicken Pinsel eine Blume. »Bei unserem Mal- und Bastelprogramm für Drei- bis Zehnjährige kann jedes Kind seine ersten Erfahrungen mit der chinesischen Sprache sammeln«, sagt Carsten Krause, Direktor des Hamburger Konfuzius-Instituts. »Das ist sehr fremd, aber gleichzeitig macht es Spaß.«
Der Direktor des Konfuzius-Instituts ist ein junger Sinologe von der Universität Hamburg. Auch dies ist chinesische Flexibilität: Das Büro für chinesische Sprachausbildung (Hanban), das hinter den Konfuzius-Instituten steckt, sucht sich immer einen ausländischen Partner, gewöhnlich eine Universität. Die stellt und bezahlt den Direktor, die Chinesen schicken einen Vizedirektor. Die ausländische Seite besorgt und bezahlt die Räumlichkeiten, die chinesische kümmert sich um Projekte und Veranstaltungen. Dieses Vorgehen spart eine Menge Geld. Für den Start eines Konfuzius-Instituts in Deutschland zahlt das Hanban 80 000 Euro. Nach fünf Jahren soll sich die Einrichtung sogar selbst tragen. Ein Goethe-Institut im Ausland dagegen kann bis zu vier Millionen Euro pro Jahr kosten. Auch kennt sich ein Direktor, der aus dem Gastgeberland kommt, besser mit den lokalen Gepflogenheiten aus und kann so erfolgreich arbeiten. Politisch lässt die Kombination »ausländischer Direktor, chinesischer Stellvertreter« die Institute unabhängig erscheinen. Das erinnert an die kommunistische Volksfronttaktik, etwa in westdeutschen Friedensinitiativen der 80er-Jahre, wo oft ein DKP-Mann die Geschicke lenkte, ein Pfarrer aber Vorsitzender war.
Das Programm des Konfuzius-Instituts in Hamburg reicht von Sprachkursen über kulinarischen Dialog (»Wo treffen sich die Geschmäcker?«) bis zu Workshops für Jugendliche, Thema etwa: »Konfuzius – zu Gast bei dem weisen Chinesen«. Eine Teilnehmerin, die Gymnasiastin Anna, möchte sich hier auf ein Austauschjahr in China vorbereiten, »damit will ich meine Berufschancen erhöhen«. Mit Konfuzius selbst haben die Konfuzius-Institute so viel oder so wenig zu tun wie die Goethe-Institute mit Goethe oder das spanische Instituto Cervantes mit dem Autor des Don Quijote . »Wir verbreiten nicht die Ideen des Konfuzius, aber sein Name steht für die chinesische Kultur«, sagt der Hamburger Institutsdirektor Krause. Auch sein Fachkollege Tilman Spengler findet die Namenswahl naheliegend: »Konfuzius kommt da gerade recht, denn die ganze Welt kennt ihn. Man assoziiert: Konfuzius, das ist weise, das ist traditionell. Das ist die Klugheit Chinas. Deshalb ist er exportfähig.«
Chinas designierter Staats- und Parteichef Xi Jinping sprach am 19. Juni 2010 bei der Gründung des Konfuzius-Instituts an der Victoria University von Wellington, der Hauptstadt Neuseelands. Am Tag darauf eröffnete er im Royal Melbourne Institute of Technology in Australien ein Konfuzius-Institut, das sich speziell der traditionellen chinesischen Medizin widmet. Im selben Jahr besuchte er auch das Konfuzius-Institut an der Stockholmer Universität.
Die Kommunistische Partei Chinas setzt auf den politischen Nutzen der scheinbar unpolitischen Sprach- und Kulturinstitute. Als er das Büro für chinesische Sprachausbildung (Hanban) inspizierte, sagte Li Changchun, für Ideologie und Propaganda zuständiges Mitglied des Politbüros der Partei: »Die Konfuzius-Institute sind ein wichtiger Kanal, um die chinesische Kultur zu verherrlichen und weltweit zu verbreiten. Sie gehören zu unserer Auslandspropaganda.« Der Wunsch der Partei ist nicht unbedingt jedem Direktor eines Konfuzius-Instituts Befehl, auch längst nicht immer für die chinesischen Stellvertreter, die eher Intellektuelle sind als Parteisoldaten. Wie aus »interkulturellem Dialog« aber sehr leicht weiche Auslandspropaganda werden kann, zeigte ein Symposium des Konfuzius-Instituts Hannover im Oktober 2009. Scheinbar ging es um ein kulturelles und
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