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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gefallen, aber wir haben ihn leider nicht kontriert. Ich erinnere mich auch an ein Sans-Atout-Spiel. Eine schwierige Sache. Jede Karte lag falsch. Wir sind zweimal gefallen – ein Glück, dass es nicht öfter war.»
    «Spielen Sie viel Bridge, Major Despard?»
    «Nein, ich spiele nicht regelmäßig. Aber es ist ein schönes Spiel.»
    «Ziehen Sie es dem Poker vor?»
    «Ich für meine Person, ja. Poker ist mir zu sehr Hasard.»
    Poirot sagte nachdenklich: «Ich glaube, Mr Shaitana spielte gar kein Spiel – das heißt kein Kartenspiel.»
    «Shaitana hat nur ein Spiel konsequent gespielt», erklärte Despard grimmig.
    «Und zwar?»
    «Ein niederträchtiges Katz-und-Maus-Spiel.»
    Poirot schwieg einen Augenblick, dann fragte er betont: « Wissen Sie das oder vermuten Sie es nur?»
    Despard wurde blutrot.
    «Sie wollen sagen, dass man nichts behaupten soll, was man nicht positiv weiß. Da haben Sie Recht, aber es ist wahr. Zufällig weiß ich es. Andererseits bin ich nicht bereit, auf Einzelheiten einzugehen. Meine Informationen sind vertraulicher Art.»
    «Das heißt, dass sie eine Frau oder Frauen betreffen.»
    «Ja, Shaitana als der Talmikavalier, der er war, hat lieber mit Frauen zu tun gehabt.»
    «Sie glauben also, dass er ein Erpresser war.»
    Despard schüttelte den Kopf.
    «Nein, nein. Sie haben mich missverstanden. In gewissem Sinn war Shaitana wohl ein Erpresser, aber er gehörte nicht zu dieser gewöhnlichen Wald-und-Wiesen-Sorte. Es ging ihm nicht um Geld. Er war ein seelischer Erpresser, wenn es so etwas gibt.»
    «Und was hatte er davon?»
    «Einen angenehmen Kitzel. Ich kann es nicht anders ausdrücken. Es machte ihm Spaß, die Leute zittern und beben zu sehen. Vermutlich fühlte er sich dann mehr als Mann und weniger als Wurm. Außerdem ist es eine Pose, die sehr auf Frauen wirkt. Er musste nur andeuten, dass er alles wusste und schon erzählten sie ihm eine Menge Dinge, die er selbst vielleicht nicht einmal ahnte. Das kitzelte seinen eigentümlichen Sinn für Humor. Dann stolzierte er als Mephisto einher, mit der Miene: Ich weiß alles! Ich bin der große Shaitana! – Der Mann war ein Affe!»
    «Sie glauben also, dass er Miss Meredith auf diese Weise geängstigt hat?», sagte Poirot langsam.
    «Miss Meredith?» Despard riss die Augen auf. «Ich habe nicht an sie gedacht. Sie ist nicht die Sorte, die sich vor einem Shaitana fürchtet.»
    «Pardon, also meinten Sie Mrs Lorrimer?»
    «Nein, nein, nein, Sie missverstehen mich. Ich habe ganz allgemein gesprochen. Und so stelle ich mir die Frau mit einem düsteren Geheimnis nicht vor. Nein, ich habe an niemanden im Besonderen gedacht.»
    «Sie haben nur auf die allgemeine Methode angespielt.»
    «Ganz richtig.»
    «Es besteht kein Zweifel, dass die so genannten Talmikavaliere ausgezeichnete Frauenkenner sind. Sie entlocken ihnen Geheimnisse…»
    «Es ist unglaublich. Der Mann war ein Komödiant, er hatte nichts wirklich Gefährliches an sich, und doch fürchteten die Frauen sich vor ihm auf geradezu unheimliche Weise.»
    Er fuhr plötzlich auf.
    «Hallo, ich bin über mein Ziel hinausgefahren. Ich war zu sehr in unser Gespräch vertieft. Adieu, Monsieur Poirot. Schauen Sie hinunter, und Sie werden sehen, wie mein getreuer Schatten mir folgt!»
    Er eilte nach hinten und die Treppe hinunter.
    Auf die Straße hinabblickend, sah Poirot Despard den Bürgersteig entlang zurückgehen. Er bemühte sich nicht, die ihm nachfolgende Gestalt zu identifizieren. Ihn beschäftigte etwas anderes.
    «Niemand im Besonderen», murmelte er vor sich hin. «Das sollte mich wundern.»

16
     
    S ergeant O’Connor war bei seinen Kameraden in Scotland Yard unter dem boshaften Spitznamen «das Gebet des Dienstmädchens» bekannt.
    Er war zweifellos ein bildschöner Kerl. Groß, aufrecht, breitschultrig, aber es war weniger die Regelmäßigkeit seiner Züge als der kecke, draufgängerische Funke in seinen Augen, der ihn dem schönen Geschlecht so unwiderstehlich machte. Es war unleugbar, dass Sergeant O’Connor Erfolge erzielte, und zwar rasch.
    So rasch, dass er nur vier Tage nach dem Mord an Mr Shaitana auf den Dreieinhalb-Shilling-Plätzen bei der Willy-Nilly-Revue Seite an Seite mit Miss Elsie Batt, früherem Stubenmädchen bei Mrs Craddock von 117 North Audley Street, saß.
    Nachdem er seinen Schlachtplan sorgfältig entworfen hatte, ging Sergeant O’Connor nun zum Hauptangriff über.
    «Das erinnert mich daran», sagte er, «wie einer meiner früheren Herren sich immer

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