Mit Resilienz leichter durch den Alltag
Beteiligten leicht in gegenseitigen Vorwürfen und Schuldzuweisungen, die negative Stimmung erzeugen und oft das eigentliche Anliegen vernebeln. In der Fixierung auf das, was beim anderen nicht stimmt und was der zuerst einmal ändern müsste, geht der eigene Beitrag an der Gesamtsituation völlig unter. Alle Beteiligten lehnen sich innerlich zurück und warten darauf, dass sich von anderer Seite etwas tut.
Gerade Menschen mit hohem Verantwortungsbewusstsein vergessen manchmal, dass sie vor allem verantwortlich für sich selbst sind. Sie kümmern sich um alles und jeden und nehmen anderen sogar die Dinge aus der Hand. Während sie alle anderen zu entlasten versuchen, überfordern sie sich häufig selbst. Meist ist ihnen nicht bewusst, dass sie andere damit dominieren und gleichzeitig schwach machen. Unterstützung ist gut, wenn sie nötig und gewollt ist. Hilfe zur Selbsthilfe entlässt den anderen dann aber so schnell und so weit wie möglich wieder in seine Selbstbestimmung und Selbstverantwortung.
Selbstverantwortung übernehmen – Erwartungen unterscheiden
Episode: Der Gewinn der Enttäuschung
Sandras Eltern haben ihren großen Garten als Spielplatz für die Kinder genutzt, aber auch Kräuter- und Gemüsebeete sowie Obststräucher für den eigenen Bedarf angebaut. Sandra und ihre beiden Brüder haben viel Zeit draußen verbracht beim Spielen und Faulenzen. Wenn sie für Gartenarbeiten eingespannt wurden, waren sie zwar nicht begeistert. Doch sie haben die Mahlzeiten mit frischem Obst und Gemüse immer sehr genossen. Selbst als sie alle drei schon ausgezogen waren, versorgten die Eltern sie noch mit »Care-Paketen« mit tiefgefrorenen oder verarbeiteten Gartenfrüchten. Inzwischen sind die Eltern jedoch immer weniger in der Lage, den großen Garten ihren Ansprüchen entsprechend in Schuss zu halten.
Weil Sandra am nächsten wohnt und sich am meisten um die Eltern kümmert, erwarten diese vor allem von ihr und ihrer Familie tatkräftige Hilfe dabei. Sandra sieht sich dazu nicht in der Lage. Ihre eigene Familie und ihr Beruf fordern sie bis zum Maximum. »Ihr müsst den Garten eben pflegeleicht umgestalten lassen – Rasen, Büsche, ein paar Blumen dazwischen«, rät Marco. Und Holger meint: »Dazu wird es ohnehin kommen, wenn er erst mal genug verwildert ist.« Sandra stimmt ihren Brüdern zwar zu, bringt es aber nicht übers Herz, ihre Eltern wiederholt damit zu konfrontieren.
Schließlich schränkt sie ihre regelmäßigen Besuche ein, um dem leidigen Thema aus dem Weg zu gehen. Sie klagt aber über die fehlende Einsicht ihrer Eltern. Und sie merkt, wie sie auch ihren Brüdern gegenüber ungehalten wird, die es sich ihrer Meinung nach zu einfach machen.
Kommentar
Niemand ist verantwortlich für die Gefühle und oder die Verhaltensweisen anderer und die Konsequenzen, die daraus entstehen. Niemand muss die Erwartungen anderer erfüllen oder sogar übernehmen. Wofür wir verantwortlich sind, das sind unsere eigenen Gedanken, Gefühle und Reaktionen.
Sandra selbst wird auch wehmütig bei dem Gedanken daran, den Garten ihrer Kindheit aufzugeben. Viele gute Erinnerungen hängen daran, und sie hat im wahrsten Sinn des Wortes so viel daraus mitgenommen.
Es tut ihr leid, dass ihre Eltern Dinge aufgeben müssen, die ihnen viel bedeuten, weil ihre Kräfte nachlassen.
Und es macht ihr zu schaffen, dem Thema Altern so hautnah ausgesetzt zu sein.
Wenn Sandra ihre eigenen Gefühle wahrnimmt und ernst nimmt, bleibt sie mit der Verantwortung bei sich selbst. Sie gewinnt Klarheit darüber, was sie selbst bereit ist zu tun, und wo ihre Grenzen liegen.
Dann kann sie sich ihren Eltern wieder ehrlich zuwenden, ihnen aufmerksam zuhören, was genau ihnen zu schaffen macht, und ihr Mitgefühl zeigen. Statt den Eltern die Verantwortung für ihre Entscheidungen aus der Hand zu nehmen, kann sie ihnen verständnisvoll dabei zur Seite stehen, ihre eigene Lösung zu finden. Der Ärger auf Eltern und Brüder erübrigt sich, denn er ist letztlich ihrem eigenen Gefühlschaos entsprungen.
Reflexionsfragen
Welche Situationen kennen Sie, in denen Sie sich mit ausgesprochenen oder unausgesprochenen Erwartungen anderer konfrontiert sehen, die Sie ärgerlich machen oder Ihnen zusetzen?
Bei welchen Menschen passiert das am leichtesten, bei Ihren Eltern, Ihren Kindern, Ihrem Partner, Ihren Vorgesetzten, Ihren Mitarbeitern, Ihren Kollegen, …?
Welche Gefühle löst es bei Ihnen aus, wenn Sie versuchen, diese Erwartungen zu erfüllen,
Weitere Kostenlose Bücher