Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
er ihrem Blick begegnete.
     

30
    Der Earl von North Hollow wand sich auf dem luxuriösen Sessel und suchte vergebens nach einer bequemen Haltung. Vergebens, weil sein Unbehagen nicht körperlicher Natur war. Er saß in einem kühlen Luftstrom, und nur die Stimme der Frau, die vor ihren Kollegen sprach, durchbrach die Stille im Oberhaus.
    North Hollow musterte die Rednerin mit kalten Augen, aus denen seine Verachtung sprach. Lady Greenriver war dünn wie eine Bohnenstange und besaß eine Stimme, die man beim besten Willen nicht als melodiös bezeichnen konnte. Außerdem war sie eine der wenigen fraktionslosen Peers, die allgemeinen Respekt genossen, und seit über fünfzehn Minuten schwafelte die alte Zippe über Unterstützung für den Militär-Sonderetat. Was in Anbetracht ihres Äußeren und ihrer Stimme vierzehneinhalb Minuten zuviel war.
    Wen interessierte der verdammte Sonderetat überhaupt? Wenn es nach North Hollow gegangen wäre, sollte die verfluchte Navy doch am besten in einen leeren Raumanzug pissen! Über den Etat würde es sowieso keine namentliche Abstimmung geben, und das bedeutete, daß er ein wenig Dampf ablassen konnte, indem er dagegen stimmte, ohne daß jemand davon erfuhr. Genau das beabsichtigte er zu tun. Scheiß auf die Navy! Scheiß auf die gottverdammten Streitkräfte! North Hollow wußte genau, wie sehr man sich bei der Flotte über die neueste Demütigung freute, die das Miststück von Harrington über ihn gebracht hatte. Na, sollten sie doch! Er baute gerade seine eigene politische Maschinerie auf, und wenn die verdammte Schlampe erst aus dem Weg war …
    Die Gedankenkette brach. Die Schlampe! Alles mündete bei ihr, und er konnte sich einfach nicht mehr selbst belügen. Er fürchtete sich vor ihr, fühlte sich wie ein gehetzter Hase, der von einer Deckung zur anderen hastete – und in den Garderoben erzählte man sich Witze – Witze über ihn ! Das wußte er genau – er hatte gesehen, wie angeregte Gespräche abbrachen, wenn er näherkam und sich sodann völlig unerheblichen Themen zuwandten. Sogar hier noch vermochte das Miststück ihn zu erreichen – und zu vernichten. Seine Karriere in der Navy hatte sie ihm bereits genommen; und jetzt hetzte sie ihn noch immer, obwohl sie von Rechts wegen bereits tot sein sollte, verdammt noch mal!
    Er schloß die Augen, und ohne seinen Willen verkrampften seine Hände sich zu Fäusten. Wie ein Monster aus der Mythologie war sie – wie eine Hydra! Er schlug auf sie ein und hieb ihr einen Kopf nach dem anderen ab, und jedes menschliche Wesen wäre bereits am Boden zusammengebrochen und gestorben, aber jedesmal kam dieses Biest einfach wieder auf die Beine und stellte ihm erneut nach! Nein, sie war keine Hydra – ein Moloch war sie, jagte ihm nach wie ein Automat, verfolgte ihn gnadenlos, bis er schließlich strauchelte und fiel und sie ihn zermalmen konnte, und …
    Er preßte seine Fäuste noch fester zusammen und zwang sich, langsam zu atmen, bis der Panikanfall widerlicher, beunruhigender Übelkeit wich.
    Sie war kein Moloch, verdammt noch mal. Sie war sterblich, nicht mythisch – und wer menschlich war, mußte auch irgendwie zu töten sein. Wenn diese unfähigen Stümper es bei Regiano’s auch vermasselt hatten, früher oder später hätten andere mehr Glück, und Georgia konnte sich ins Knie ficken, wenn sie glaubte, ihm ausreden zu können, Harrington abzuservieren. Er wollte sie tot sehen. Er wollte, daß sie unter der Erde verfaulte, und auf ihr Grab pinkeln. Denn solange sie lebte, war er ein Gefangener. Er konnte sich entweder in seinem Haus verkriechen oder hinter der Sicherheit der Parlamentsmauern verstecken, während sie umherging und seinen Namen mit Verachtung überhäufte.
    Dieses Miststück! Diese niedriggeborene, ausgekotzte Schlampe! Wer zum Teufel glaubte sie eigentlich, wer sie war, daß sie ihm auf diese Weise nachstellte? Seine Familie hätte die ihre ein Dutzendmal kaufen und wiederverkaufen können, bevor sie sich all das Prisengeld an Land zog. Sie war nichts, nur ein Freisassentrampel unter vielen! Tief in seinem Innersten haßte er sie am meisten für die Verachtung, die er in ihren Augen erblickt hatte, als sie einander zum erstenmal begegneten. Sie war eine unscheinbare, kraushaarige, dumme Bürgerliche gewesen, und trotzdem hatte sie es gewagt, ihn ohne Ehrerbietung und ohne Furcht anzublicken. Mit Verachtung !
    Er knirschte mit den Zähnen, da setzte Greenriver sich endlich wieder auf ihre vier Buchstaben.

Weitere Kostenlose Bücher