Mit Schimpf und Schande
deren Fehler herausgestrichen und sie beim Basilisk-Zwischenfall überaus dumm aussehen lassen, und was die Vorgänge im Jelzin-System betrifft …«
Sie zuckte die Schultern, und Honor biß sich auf die Lippe. Zum ersten Mal bereute sie ehrlich, Reginald Houseman geschlagen zu haben. Er hatte die Ohrfeige verdient, aber sie hatte zugelassen, daß ihr Temperament mit ihr durchging, und anscheinend zahlte er es ihr über die Verbindungen seiner prominenten Familie zur Freiheitspartei nun heim. Und nicht nur mir , dachte sie elendig, als sie die Sorge in der Stimme der Königin bemerkte.
»Machen Sie sich keine Vorwürfe, Dame Honor.« Elisabeths Stimme klang sanft, und Honor hob den Blick. »Ich habe mich nicht eingemischt, als Ihnen der Verweis erteilt wurde, weil ich es mir zur Regel gemacht habe, die Navyangelegenheiten der Admiralität zu überlassen. Und um ehrlich zu sein, haben Sie sich in der Tat ins Unrecht gesetzt. Andererseits weiß ich, wie es dazu gekommen ist, und wenn ich als Mensch und nicht als Königin zu Ihnen spreche, dann wünschte ich mir, Sie hätten härter zugeschlagen. Und Sie sollten auch nicht das Gefühl haben, Sie hätten die verfahrene Lage im Oberhaus geschaffen. Sie sind nicht dafür verantwortlich. Nur hat der Schlag gegen Houseman Sie für die Freiheitler zum roten Tuch gemacht, und die Anklage gegen Lord Young macht Sie bei den Konservativen sogar noch unbeliebter. Um es offen zu sagen, zu viele der Idioten, die sich dem Herzog von Cromarty in den Weg stellen, verabscheuen Sie, und weil Lord Young ist, wer er ist, müssen sein Vater und seine Kumpels mit dieser Gefühlsreaktion arbeiten, um den Kerl vor den Konsequenzen seiner Führung als Offizier zu schützen.«
Sie unterbrach sich, und Schweigen legte sich für lange, endlos erscheinende Sekunden über das Gemach. Honor ertrug die Stille so lange, wie sie nur konnte, dann brach sie sie mit einem Räuspern.
»Was kann ich denn nun tun, Eure Majestät?« fragte sie schließlich.
»Sie können verstehen, was vor sich geht«, antwortete Elisabeth einfach. Sie bemerkte die elende Pein in Honors Augen und schüttelte rasch den Kopf. »Nein, nein, die Anklage gegen Young wird nicht unter den Tisch gekehrt!« Honor atmete tief durch, schmerzerfüllt und doch erleichtert, aber die Königin hatte noch nicht zu Ende gesprochen. »Wovor ich mich fürchte, ist die Gefahr, daß die Gerichtsverhandlung allein durch die Natur der Dinge die Krise noch verschärft.«
Frische Besorgnis flackerte in Honors Augen auf, und die Königin winkte Morncreek zu. Der Erste Lord der Admiralität beugte sich über den Kaffeetisch zu Honor vor.
»In diesem Augenblick leitet die Admiralität ein Gerichtsverfahren gegen Lord Young ein, vor dem er der Vergehen angeklagt wird, die ihm von Admiral Parks zur Last gelegt werden. Offiziell beziehe ich zu diesen Vorwürfen keinerlei Stellung, bevor das Gericht sein Urteil fällt, aber da ich den Ausgang nicht beeinflussen kann, darf ich Ihnen sagen – persönlich und inoffiziell –, daß in meinen Augen das Beweismaterial nur einen Schuldspruch zuläßt. Das Problem besteht darin, daß die Anklagen Grund genug für ein Todesurteil sind, und das wiederum bedeutet, daß der Earl von North Hollow Himmel und Hölle in Bewegung setzen wird, um das Leben seines Sohnes zu retten. Die Konservativen als Partei denken, sie könnten aus dem Verfahren eine Waffe gegen den Herzog schmieden. Hinter den Kulissen ziehen sie bereits alle Register, und ich befürchte, das wird nicht besser, sondern schlimmer, wenn die Anklage erst einmal offiziell verkündet und öffentlich gemacht worden ist und die Medien das Thema aufgreifen. Und obwohl ich Ihnen nicht sagen kann, wer über Young zu Gericht sitzen wird, fürchte ich doch, daß die politischen Streitigkeiten im Oberhaus höchstwahrscheinlich ihre Auswirkungen zeitigen werden … und umgekehrt. Können Sie mir soweit folgen?«
Honor nickte und war bemüht, sich ihr Entsetzen über die Aussicht, Young könnte irgendwie wieder einmal davonkommen, nicht anmerken zu lassen. Mit beinahe schmerzhafter Heftigkeit starrte sie die Baronin von Morncreek an, ohne zu ahnen, wie leidend ihr Gesichtsausdruck wirkte, und spürte, wie Henke sie sanft in die Schulter zwickte.
»Wir lassen ihn schon nicht davonkommen, Dame Honor«, beruhigte Morncreek sie, »aber wir fahren dabei durch ein Minenfeld. Wir müssen die Sache ihrer Auswirkungen wegen weit vorsichtiger angehen, als sie es verdient,
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