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Mit Schimpf und Schande

Mit Schimpf und Schande

Titel: Mit Schimpf und Schande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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einer Seite zur anderen.
    »Vielleicht möchten Sie das näher ausführen, Admiral«, sagte er schließlich, und Jürgens zuckte mit den Achsem.
    »Die Anklagepunkte erheben den Vorwurf, daß Lord Young das Gefecht aus eigener Initiative abgebrochen und dann den Befehl mißachtet habe, in die Formation zurückzukehren. Ob das nun eine akkurate Beschreibung seines Verhaltens ist oder ob es von gutem Urteilsvermögen zeugt, sei dahingestellt, denn es ist eine unumstößliche Tatsache, daß er damit im Recht war. Admiral Sarnow war verwundet und handlungsunfähig, alle anderen Flaggoffiziere der Kampfgruppe schon vorher gefallen. Als kommissarischer Chef eines Schweren Kreuzergeschwaders war es seine Pflicht, die Schritte zu unternehmen, die er für angemessen hielt, denn es gab keinen widersprüchlichen Befehl von kompetenter Stelle. Er mag dadurch eine fürchterliche Fehleinschätzung der Lage unter Beweis gestellt haben, aber die Entscheidung lag legal bei ihm, und jede andere Interpretation ist blanker Unfug.«
    »Das ist doch Irrsinn!« Thor Simengaards Stimme rumpelte mit unverhohlener Abscheu. »Das taktische Kommando war nach wie vor bei der Nike – Young konnte überhaupt nicht wissen, daß Sarnow verwundet war.«
    »Hier geht es aber nicht darum, was Lord Young wissen konnte und was nicht.« Jürgens funkelte den Captain an, aber trotz seines untergeordneten Ranges wich Simengaard keinen Millimeter zurück. »Wir diskutieren die Tatsachen des Falls«, fuhr der Konteradmiral fort, »und Tatsache ist, daß Young dienstälter ist als die Frau, die ihm befahl, in die Formation zurückzukehren. Daher brauchte er ihr nicht zu gehorchen, und sie besaß von vornherein überhaupt nicht das Recht, ihm einen Befehl zu erteilen.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Harrington die falschen Befehle gegeben hätte?« fragte Theodosia Kuzak mit kalter, gefährlich klingender Stimme, und Jürgens hob erneut die Schultern.
    »Mit allem schuldigen Respekt, Admiral, ob sie nun richtig oder falsch waren, hat nichts damit zu tun, ob sie legal oder illegal gewesen sind.«
    »Und der Umstand, daß Ädmiral Sarnow, Ädmiral Danislav, Ädmiral Parks, ein unabhängiger Kommandantenausschuß und die Allgemeine Kommission der Admiralität sie aufs stärkste gebilligt haben, hat für Sie ebenfalls keine Bedeutung für den Fall?« Aus Kuzaks ruhiger, gemessener Stimme tropfte Saure, und Jürgens errötete.
    »Wieder mit allem schuldigen Respekt – nein, hat es nicht«, sagte er rundweg.
    White Haven hob eine Hand, um Kuzaks Entgegnung zuvorzukommen. »Einen Augenblick bitte, Ladys und Gentlemen«, sagte er, und die Mitglieder des Gerichts wandten sich ihm zu. »Ich habe damit gerechnet, daß dieser Punkt aufgebracht wird«, fuhr er fort, als er aller ungeteilte Aufmerksamkeit besaß, »und bat deshalb die Judge Advocate General, ihn für mich zu klären.« Er legte ein Memopad vor sich auf den Tisch und schaltete es ein, aber sein Blick blieb auf Jürgens gerichtet, nicht auf das kleine Display.
    »Eine Situation exakt wie diese ist zwar nie entstanden, aber laut Vizeadmiral Cordwainer sind die Präjudize eindeutig. Das Verhalten eines Offiziers muß nach zwei Standards bewertet werden. Erstens an der Situation, die zum Zeitpunkt dieses Verhaltens tatsächlich herrschte; zwotens aber an der Situation, von der er glaubte , daß sie herrsche, basierend auf den Informationen, die ihm zu dieser Zeit zur Verfügung standen. Admiral Jürgens hat vollkommen recht, wenn er sagt, daß Admiral Sarnow handlungsunfähig war. Gleichzeitig mußte Lord Young jedoch annehmen, daß der Admiral weiterhin das Kommando führte und daß Captain Harrington als dessen Flaggkommandantin ihm die Befehle mit Fug und Recht erteilte. Daher erfüllt seine Weigerung, den wiederholten Befehl zur Rückkehr in die Formation zu befolgen, den Straftatbestand der Verweigerung eines Befehls des nach seinem besten persönlichen Wissensstand legalen Vorgesetzten. Und das ist laut Admiral Cordwainer der Grund, weshalb die Anklagepunkte in der Form verfaßt wurden, in der sie erhoben wurden. Er steht nicht vor Gericht, weil er Captain Harrington, seiner Untergebenen, nicht gehorcht hätte, sondern weil er die Ausführung von Befehlen vom Flaggschiff verweigerte, das, so weit er es wissen konnte, jedes legale Recht hatte, sie zu geben.«
    »Was für ein Kauderwelsch!« schnaubte Jürgens. »Das sind doch juristische Haarspaltereien! Was er wußte oder nicht wissen konnte, ändert

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