Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
richtete sich zu seiner vollen Höhe auf. Dann verbeugte er sich ernst und verließ die Laube.
Mein Freund stopfte sich seine Pfeife und reichte mir den Tabaksbeutel weiter. »Ein bißchen Rauch ohne Gift ist doch eine ganz nette Abwechslung«, meinte er. »Ich glaube, Watson, das ist kein Fall, in dem wir einschreiten sollten. Unsere Untersuchung war frei, wir handelten in keinem Auftrag. Und dabei wollen wir es belassen. Oder würdest du den Mann anzeigen?«
»Bestimmt nicht«, antwortete ich.
»Ich habe nie geliebt, Watson. Aber wenn ich mir vorstelle, ich liebte eine Frau, und sie käme auf so furchtbare Weise ums Leben – schon möglich, daß ich nicht anders handeln würde als unser Löwenjäger. Wer weiß? Na gut, Watson, ich möchte nicht deine Intelligenz beleidigen, indem ich dir schildere, was ohnehin auf der Hand liegt. Der rötliche Sand auf dem Fenstersims wurde natürlich zum Ausgangspunkt meiner Fahndung. Ihn gab es im Pfarrgarten nicht. Erst als sich meine Aufmerksamkeit Dr. Sterndale und seiner Behausung zugewandt hatte, fand ich, was ich suchte. Die brennende Lampe im hellen Tageslicht und die Überreste des Pulvers auf dem Schirm waren weitere Glieder der schon deutlich sichtbaren Kette. Und nun, mein Freund, dürfen wir die makabre Angelegenheit wohl aus unseren Gedanken entlassen und mit reinem Gewissen zum Studium jener chaldäischen Wurzel zurückkehren, die man meiner Meinung nach gerade in Cornwall unter dem großen keltischen Sprachboden entdeckten müßte…«
Jedes angesehene Mitglied der Baker Street Irregulars bekommt eine »Investitur«, einen bestimmten Titel, der irgendeinem Absatz der geheiligten Schriften entnommen ist. Meine eigene Investitur lautet: »Der bemerkenswerte Wurm, der der Wissenschaft unbekannt ist.« Ich weiß nicht, aus welchem Grund diese Bezeichnung gewählt wurde, doch sie erhöhte mein Interesse an dieser Geschichte.
PHILIP JOSE FARMER ( als HARRY MANDERS)
Das Problem der verdrossenen Brücke – unter anderem
(Vorwort des Herausgebers): Harry »Bunny« Manders war ein englischer Schriftsteller, dessen anderer Beruf in den Jahren 1890–1900 der eines Gentleman-Einbrechers war. Manders’ geschätzter Partner und Lehrmeister, Arthur J. Raffles, war ein Krikket-Spieler, den man in einem Zuge mit Lord Peter Wimsey oder W. G. Grace nannte. Darüber hinaus war er Fahrstuhlführer, Geldschrankknacker, Verwandlungskünstler und Schwindler und ließ sich nur noch mit Arsene Lupin vergleichen. Manders’ Erzählungen sind in vier Bänden erschienen; die amerikanische Ausgabe trug die Titel The Amateur Cracksman, Raffles, A Thief in the Night und Mr. Justice Raffles. »Raffles« fand Eingang in die englische Sprache (und einer Reihe weiterer) als Ausdruck für einen Gentleman-Einbrecher oder schneidigen, zur gehobenen Gesellschaft zählenden Jimmy Valentine. Kenner von Kriminalerzählungen sind natürlich sehr gut mit dem unvergleichlichen, wenn auch tragisch entstellten Raffles und seinem Kumpan Manders vertraut.
Nach Raffles’ Tod im Burenkrieg gab Harry Manders das Verbrechen auf und wurde ein angesehener Journalist und Schriftsteller. Er heiratete, hatte Kinder und starb im Jahr 1924. Seine frühesten Werke wurden von E. W. Hornung, Arthur Conan Doyles Schwager, als Agent betreut. Eine Reihe von Manders’ posthumen Werken wurde von Barry Perowne vermarktet. Eine seiner Erzählungen jedoch, so bestimmte es sein Testament, durfte erst fünfzig Jahre nach seinem Tod erscheinen. Diese festgesetzte Zeit ist verstrichen, und nun darf die Öffentlichkeit erfahren, wie die Welt gerettet wurde, ohne überhaupt zu wissen, daß sie sich in tödlicher Gefahr befand. Sie wird auch entdecken, daß sich die Wege des großen Raffles und des großen Holmes wenigstens einmal gekreuzt haben.
I
Die Burenkugel, die im Jahr 1900 meinen Oberschenkel durchdrang, behinderte mich für den Rest meines Lebens, doch ich war durchaus imstande, mit den Folgen fertig zu werden. Im Alter von einundsechzig Jahren jedoch erfahre ich plötzlich, daß sich ein Mörder in mir eingenistet hat, der viel mehr Menschen getötet hat als alle Kugeln zusammen. Der Arzt, ein Verwandter von mir, gibt mir höchstens sechs Monate; sechs Monate, von denen er offen gesagt hat, daß sie sehr schmerzhaft werden. Er weiß natürlich von meinen Verbrechen, und vielleicht hält er mein Leiden für eine poetische Gerechtigkeit. Ich bin mir nicht sicher, doch ich könnte schwören, daß dies
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