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Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1

Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1

Titel: Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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sehen, und ich erzählte von seinen Eigentümlichkeiten, daß es nämlich bestimmte Gehirnzellen anregt, durch die ein tobendes Angstgefühl ausgelöst wird, und wie entweder Wahnsinn oder Tod die Folge ist, ein grausames Geschick für den armen Eingeborenen, der vom Priester seines Stammes einem solchen Gottesurteil unterworfen wird. Bei welcher Gelegenheit Mortimer sich etwas von dem Pulver aneignete, weiß ich nicht. Ich habe das Zimmer keinen Augenblick verlassen. Es muß wohl gewesen sein, als ich einen der Schränke öffnete und mich zu irgendwelchen Kästen niederbeugte. Ich erinnere mich allerdings, wie er mich mit Fragen quälte, wegen der Menge und der Zeit, die erforderlich sei, um das Gift zur Wirkung zu bringen. Aber ich bin nicht darauf gekommen, daß er persönliche Gründe für seine Neugier haben könnte.
    Ich hatte das Ganze längst vergessen, als ich in Plymouth das Telegramm Pfarrer Roundhays erhielt. Der Schuft hatte geglaubt, die Nachricht von dem Unglück werde mich erst auf hoher See erreichen, und dann würde ich ohnehin jahrelang in den Urwäldern Afrikas untertauchen. Aber ich kehrte sofort um. Als ich Einzelheiten über die schreckliche Begebenheit erfuhr, mußte ich natürlich annehmen, daß mein Gift verwendet worden war. Ich bin damals zu Ihnen gekommen mit dem spärlichen Rest von Hoffnung, Sie hätten eine andere Erklärung. Aber es konnte ja keine geben. Immer mehr festigte sich in mir die Überzeugung: Mortimer Tregennis ist ihr Mörder. Er hat es um Geld getan. Denn wenn alle andern Familienmitglieder geistig unzurechnungsfähig wurden, blieb er der einzige Bewahrer ihres Vermögens. So streute er kaltblütig das Gift des Teufelsfußes ins Feuer und rief den Wahnsinn seiner Brüder und den Tod seiner Schwester hervor. Dieses entsetzliche Verbrechen hat er auf sich geladen, wie aber wird seine Strafe aussehen? Darüber grübelte ich lange nach. Sollte ich die Macht des Gesetzes um Hilfe angehen? Wo waren meine Beweise? Ich wußte, daß es sich so und nicht anders zugetragen hatte. Aber würde ich ein Schwurgericht von einfachen Bauersleuten davon überzeugen? Vielleicht – vielleicht auch nicht. Einen Fehlschlag konnte ich mir nicht leisten. Ich mußte sie rächen. Vorhin sagte ich Ihnen, Mr. Holmes, daß ich einen großen Teil meines Lebens außerhalb des Gesetzes zugebracht habe und es schließlich soweit gekommen ist, daß ich selbst mein eigener Richter wurde. Und als dieser Richter fällte ich das Urteil: Mortimer Tregennis sollte das gleiche Los erleiden, das er anderen aufgezwungen hatte, und mißlang dies, von meiner eigenen Hand gerichtet werden. Ach, in ganz England wird es nicht einen Menschen geben, der sein Leben geringer achtete als ich in diesem Augenblick!
    Jetzt habe ich Ihnen alles erzählt, Mr. Holmes. Den Rest ergänzten Sie schon selbst. Ich bin, genau wie Sie es beschrieben haben, nach einer schlaflosen Nacht von meiner Hütte aufgebrochen. Da ich ahnte, wie schwer es sein würde, ihn zu wecken, sammelte ich etwas von dem grobkörnigen Sand neben meinem Gartentor und warf ihn später zu seinem Fenster hinauf. Er kam herunter und ließ mich durch das Wohnzimmerfenster ein. Ich sagte ihm seine Untat auf den Kopf zu und machte kein Hehl daraus, daß ich als Richter wie als Henker gekommen sei. Der Elende sank beim Anblick meines Revolvers wie gelähmt in einen Sessel. Ich zündete die Lampe an und streute das Pulver auf den Schirm. Dann stellte ich mich draußen ans Fenster, bereit, meine Drohung wahr zu machen und zu schießen, wenn er versuchen sollte, das Zimmer zu verlassen. Aber er rührte sich nicht vom Fleck, und es ging alles sehr schnell. Innerhalb von fünf Minuten war er tot. Mein Gott, und wie er starb! Aber mein Herz blieb wie ein Stein, da er nur erlitt, was mein unschuldiger Liebling durch ihn hatte erleiden müssen. Damit ist meine Geschichte zu Ende, Mr. Holmes. Hätten Sie, wenn Sie eine Frau liebten, anders gehandelt? Wie auch immer, ich gebe mich in Ihre Hände. Machen Sie mit mir, was Sie wollen! Ich wiederhole es noch einmal: Es ist kein Mensch unter der Sonne, der den Tod weniger fürchtet als ich.«
    Eine Zeitlang verharrte Holmes in Schweigen.
    »Was für Pläne hatten Sie – vorher?« fragte er schließlich.
    »Ich wollte in Zentralafrika untertauchen. Meine Arbeit ist nur zur Hälfte getan.«
    »Gehen Sie, und tun Sie die andere Hälfte«, sagte Holmes. »Zumindest will nicht ich derjenige sein, der Sie daran hindert.«
    Dr. Sterndale

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