Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
Palastrevolution stattgefunden hatte. Sein Kapitän, Dato Ali Burung, lag vor Mr. Verner auf den Knien, den Kopf auf den Teppich oder besser die Strohmatte gebeugt.
Als sich der Asiat erhob, weil er die Ankunft meines Vaters gespürt hatte, zeigte sein flaches Gesicht nicht die geringste Scham. ›Wir werden dem Tuan Vanah helfen, nicht wahr, Tuan?‹ sagte der Bursche. Es reichte wirklich nicht, wie mein Vater es ausdrückte, daß dieser seltsame Reisende ihn überzeugt hatte; er hatte irgendwie auch die gleiche Wirkung auf den härtesten eingeborenen Skipper im Südchinesischen Meer! Wer immer und was immer er war, Mr. Verner hatte, wie ihr Burschen es ausdrückt, ›alles unter Kontrolle‹.
›Ich bin vorläufig entschlossen, Ihnen bei Ihrer Mission zu helfen, Mr. Verner.‹ Mein alter Herr hatte seine Zustimmung gegeben, und bis auf ein ›Unglaublich, aber bis auf den letzten Buchstaben wahr‹ vernahm er keine weitere Äußerung von seinem ungebetenen Gast, der wieder in Schweigen verfallen war.
Am nächsten Morgen steuerten sie die Küste an. Ich nehme an, das Westsumatra jener Tage unterscheidet sich kaum vom heutigen. Sie befanden sich zu diesem Zeitpunkt ein gutes Stück nördlich der Mentawi-Inseln und etwas südlich der Batus. Dort gab es, und gibt es zweifellos noch heute, Tausende Ankergründe. Mein Vater, oder besser der alte Dato Burung, fand einen davon. Es war ein winziger Fluß, der sich unter Nipapalmen, die fast seine gesamte Mündung überwucherten, ins Meer ergoß. Es war ein Ort, von dem ein Europäer nicht einmal erwarten würde, daß man dort ein Holzkanu ins Wasser lassen würde; doch von solchen Orten aus waren schon vor dem christlichen Zeitalter große seetüchtige Schiffe vom Stapel gelassen worden.
Es gab dort sogar ein kleines Dorf, ein Kampona, wie man in jener Gegend sagt. Die Leute hielten sie für Piraten, sagte mein Vater, und flohen vor dem Schiff in ihre Behausungen. Doch Mr. Verner wollte nichts von ihnen. Er war gewahr geworden, vielleicht von dem alten Burung, daß mein Vater eine Reihe Martini-Henry-Büchsen mit an Bord führte. Selbst in jenen Tagen waren sie nicht der letzte Schrei, doch in den Brackwassern Asiens war ein Hinterlader, selbst der alte Martini, ein Gegenstand von seltenem Wert. Auf jeden Fall hatte Verner die Kontrolle über den Waffenschrank übernommen und zwölf Thugs des Skippers bewaffnet, die nun am Ufer Wache standen.
Sie werden sich wahrscheinlich fragen, was meinen Vater bewegte, sich und sein Schiff auf solch dreiste Art herumkommandieren zu lassen. Verner, wer auch immer er war, hatte einfach ›das Kommando übernommen‹. Dad sagte, er habe alles, was der Mann vorschlug, heftig abgelehnt, aber einfach keinen Einwand erheben können, wenigstens nicht über Allgemeinplätze hinaus. Er hatte ganz einfach nicht mehr das Kommando, und irgendwie hatte er dies akzeptiert.
›Wohin wir fahren?‹ erwiderte Verner auf eine Frage. ›Wohin ich sage, und das ist, soweit es die Mannschaft wissen muß, etwa zwanzig Meilen nördlich von hier. Dort werden wir hoffentlich ein bestimmtes Schiff finden. Wir gehen vielleicht an Bord, vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall sind meine Befehle endgültig. Haben Sie das verstanden?‹
Der Mannschaft gab der Bursche, wie ich erwähnen sollte, seine Befehle in ausgezeichnetem Küstenmalaiisch. Das furchtsame Völkchen des kleinen Dorfes kam hervor und verteilte Blumengirlanden. Zweifellos hatte es nicht zum ersten Mal Besuch bekommen, doch Eindringlinge, die nichts außer Nahrung wollten und sogar noch dafür zahlten, waren etwas Neues. Doch im Rückblick mag es auch noch andere Gründe für sein Verhalten gegeben haben…
Verner stand, als habe er mit all dem nichts zu tun, am Strand unter den Mangroven und wartete, bis mein Vater allen seine Befehle gegeben hatte. Schließlich fragte Dad ihn, was er nun vorhabe. Jahre später gestand er mir, der Mann habe eine solche Befehlsgewalt gehabt, daß, hätte er ›Springt in den Fluß!‹ gesagt, die Mannschaft dies augenblicklich getan hätte, trotz der im Übermaß vorhandenen Knorren der Salzwasserkrokodile, die auf jeder flachen Sandbank und in jeder Untiefe wie Baumstümpfe aussahen.
Der Gast des Meeres trug nun einen Leinenanzug meines Vaters, obwohl er sich geweigert hatte, einen Tropenhelm aufzusetzen und hutlos ging. Seine ruinierten Stiefel waren durch Sandalen ersetzt worden, doch Verner hätte auch, wie Dad es ausdrückte, einen Leinensack oder
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