Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
würden, ereignete sich in der Kapitänskabine des Schiffes Seiner Niederländischen Majestät, der Dolffin. Sie fuhren die Küste entlang, der Prau meines Vaters entgegen. Der holländische Marineoffizier hatte mit seinen Fragen innegehalten, und Verner berichtete mit eintöniger Stimme von den Ereignissen. Durch einen Nebel der Schicksalshaftigkeit, in den sich Verwirrung mischte, versuchte mein Vater, den Worten des Mannes zu folgen. Sein nachdrückliches Mißgefallen der Persönlichkeit des Burschen wurde nur von einer echten Bewunderung seiner Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit übertroffen.
›Allen Anwesenden ist wohl klar, daß kein Wort über diese Angelegenheit nach außen dringen darf, abgesehen von den wenigen dafür zuständigen Behörden, das heißt jenen, die bis zu dem einen oder anderen Ausmaß Kenntnis des Problems haben. Wenn die Fakten bekanntgegeben würden, wären irgendwelche wissenschaftlichen Halunken vielleicht imstande, so befürchte ich zumindest, die Arbeit des verstorbenen Van Ouisthoven zu wiederholen. Obwohl er einen guten Abschluß von Leyden hatte, war er kaum, von der reinen Beharrlichkeit abgesehen, ein Genie, und es ist durchaus möglich…‹
Hier gab mein Vater, der den Tod des alten Mannes nicht vergessen konnte, irgendeinen Ausruf oder sogar Fluch von sich, obwohl dies ansonsten kaum seiner Art entsprach.
›Mein lieber Ffellowes‹, sagte Verner, und seine Stimme verlor etwas von ihrem beiläufigen sang-froid, ›niemandem ist das Dilemma dieses unglücklichen Mannes bewußter als mir. Er mußte schlußendlich das vernichten, das er selbst geschaffen hatte. Seine letzten Augenblicke, die ich ebenfalls beobachtet habe, waren voller Mitleid und Trauer. Doch welche Wahl hatte er? Oder auch irgendeiner von uns? Seine letzten Taten, so schrecklich sie auch auf einen Außenstehenden gewirkt haben mögen, machen ihn ebenbürtig mit den Führern der menschlichen Rasse. Er hat Caliban aus den Tiefen gehoben, und in die Tiefen stieß er ihn wieder hinab.‹
Mein Vater sagte nichts. Er war zu müde und betroffen, um weitere Einwände zu erheben. Doch – einen Augenblick lang hatte Vernes drahtige Hand seine Schulter gedrückt, und er fühlte das ungesprochene Mitgefühl sowohl für die Toten als auch für sich selbst, die der andere auf andere Art nicht ausdrücken konnte. Dann folgte Schweigen.
›Um den Faden wieder aufzunehmen‹, fuhr Verner fort, wobei seine hohe, verdrossene Stimme jedes Streitgespräch unterband, ›die Fakten sind wahrhaftig einzigartig. Sie gehen zurück auf die unbezahlten Rechnungen eines Maschinenfabrikanten aus Manchester. Die Herren dieser Firma, deren Name für diese Geschichte nicht die geringste Bedeutung hat, haben sich ihrerseits an meine Auftraggeber, die Herren Morrison, Morrison und Dodd gewandt, die nicht nur als Taxatoren für die verschiedensten mechanischen Geräte und Fabriken agieren, sondern darüber hinaus als Assekuranten derselbigen. So wurde eine große Sache in Bewegung gebracht! Die Rechnungen der ursprünglichen Firma wurden nicht bezahlt! Ein langjähriger und vertrauenswürdiger Kunde hatte ohne vorherige Nachricht die Zahlungen eingestellt! Ein Frevel in der geordneten Geschäftswelt! Was hatte sich zugetragen? Morrison, Morrison und Dodd wurden hinzugerufen und mußten ihre Fühler bis nach Übersee ausstrecken. Der Kunde war auf der großen holländischen Insel Sumatra beheimatet. Er schuldete der Firma etwa zehntausend Pfund Sterling. Als man sich an die Holländer wandte, konnten sie auch nicht weiterhelfen.
Bei der fraglichen Gegend handelte es sich um ein entferntes Fiebergebiet auf der sogenannten Tapanuliküste, die nur von wenigen Schiffen angelaufen wurde. Auf jeden Fall konnte die holländische Regierung kaum wegen einer englischen Firma einer Zahlungsunfähigkeit nachgehen. Sie lehnte jede Unterstützung ab. So hatte die Angelegenheit sich festgefahren. Doch unterschätzen Sie nicht die Beharrlichkeit des englischen Geschäftsmannes. Er wird Außenständen bis zum Ende nachspüren. Daher mein Auftritt in dieser Angelegenheit, der, seien Sie versichert, auf gewundenen Wegen und meinen ausdrücklichen Wunsch erfolgte.
Als man mir die Angelegenheit zum ersten Mal vortrug, war ich völlig desinteressiert. Sie schien nur wenig Bedeutung und noch weniger Bemerkenswertes an sich zu haben. Ich widersetzte mich der Vorstellung, meine Dienste zur Verfügung zu stellen. Doch ich unternahm ein paar einleitende
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