Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
sich hinkichernd, bedeutete mein Gefährte ihm, Platz zu nehmen. »Ganz und gar nicht, ganz und gar nicht. Die Einzelheiten des Falles, den ich für Ihren bewundernswerten Vater bearbeitet habe, sind mir ziemlich deutlich in Erinnerung verblieben. Ziemlich deutlich. Dachte immer davon als… nur einen Augenblick… als das Rätsel von Closton Manor. Eh? Das Rätsel von Closton Manor. Und was das Wiedererkennen Ihrer Gesichtszüge betrifft, so versichere ich Ihnen, junger Mann, daß Sie Ihrem Vater ähneln. Wie aus dem Gesicht geschnitten. So sagen die Amerikaner doch, was, Doktor? Verdammte Abtrünnige.«
»Ich weiß es nicht«, sagte ich kühl. In der Tat war es Zeit für ihn, zu Bett zu gehen, und mir mißfiel es, daß er von einem Besucher aufgeregt wurde.
Der Detektiv im Ruhestand ließ sich vorsichtig in seinen Sessel hinab und griff nach der Pfeife und dem Tabak, wobei er mich vorsichtig aus den Augenwinkeln beobachtete. Er wußte, daß er so spät abends nicht mehr rauchen sollte. Er kicherte vor Zufriedenheit, wahrscheinlich, weil er gegen meine Anweisungen verstoßen hatte, und sagte: »Ich nehme an, junger Mann, Sie sind eher in einer persönlichen Angelegenheit hier als im Auftrag von Sir Alexander, eh?«
Der Neuankömmling wandte mir seinen Blick zu.
Mein Freund kicherte auf eine Art, die ich nur als kindlich bezeichnen konnte. »Der Doktor ist mein geschätzter Assistent«, sagte er und stellte uns einander vor. Er steckte die Pfeife an, ließ das Streichholz zu Boden fallen und sagte mit einer gewissen Mißbilligung, die mich erzürnte, durch den Rauch: »Seine Diskretion ist so groß wie die meine. Was? So groß wie die meine.«
Wir nickten einander höflich zu, und der junge Mann fing mit seiner Geschichte an. »Sir, mein Vater denkt sehr respektvoll von Ihnen.«
»Dieses Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit. Ihr Vater hat mich als integrer Mann mit einem ungewöhnlichen Sinn für Pflicht und Menschlichkeit beeindruckt, eh?« Er kicherte wieder, und ich argwöhnte, daß er ein kindliches Vergnügen dabei empfand, sich so gut vor mir zu halten.
Ich hatte jedoch den Eindruck, daß Peter Norwood von den Worten meines Freundes nicht übermäßig angetan war. Er zögerte, bevor er fortfuhr. »Dann werden Sie mit Bedauern vernehmen, daß es Anzeichen gibt, daß er allmählich den Verstand verliert.«
Ein Schatten legte sich auf das Gesicht des ehemaligen Detektivs. »In der Tat. Ihre Worte betrüben mich. Aber lassen Sie mich nachdenken. Sir Alexander muß Ende Siebzig sein.« Wenn man ihn hörte, diesen alten Scheinheiligen, hätte man nie vermutet, daß er ein volles Jahrzehnt älter war.
Norwood nickte. »Achtundsiebzig.« Er zögerte erneut. »Sie haben mich gefragt, ob ich Sie aus persönlichen Gründen oder wegen meines Vaters aufsuche. Eigentlich bin ich in seinem Auftrag hier, doch ich glaube, Sie sollten mich als Ihren Klienten ansehen.«
»Ach?« murmelte mein alter Gefährte. Wie in alten Tagen legte er seine gekrümmten Finger aneinander, und ich muß eingestehen, daß hinter seinen wäßrigen Augen ein Funken Intelligenz aufleuchtete. Seine irdische Hülle mochte alt sein, doch es steckte noch immer der uralte Bluthund in ihm, der den fernen Pfiff einer kommenden Jagd vernahm – und daran teilnehmen wollte.
Peter Norwood schob seine dicken Lippen fast wie zu einem Kuß vor. »Ich werde aufrichtig sein, Sir. Mein Vater hat nur noch ein paar Jahre zu leben. Er ist drauf und dran, den größeren Teil seines Vermögens leichtsinnig zu verschwenden.«
»Sie sind sein Erbe?« fragte ich.
Norwood nickte. »Sein einziger Erbe. Wenn mein Vater in seinen letzten Lebensjahren das Familienvermögen verschwendet, werde ich es sein, der darunter zu leiden hat.«
Der Mund meines Freundes zuckte mehrere Male unzufrieden. »Leichtsinnige Verschwendung? Das klingt nicht nach Ihrem Vater, junger Mann.«
»Mein Vater spielt mit dem Gedanken, den größeren Teil seines Vermögens einer Gruppe von Scharlatanen und, wenn ich auf diese Bezeichnung zurückgreifen darf, Spinnern zu vermachen. Die Weltverteidigungsgesellschaft, so nennen sie sich.« Peter Norwood konnte sich eines Schnaubens nicht enthalten. Er sah von mir zu meinem Freund. »Sie haben vielleicht davon gehört?«
Wir schüttelten beide den Kopf.
»Bitte, werden Sie deutlicher«, sagte ich.
»Diese Gruppe und mein Vater, der ein eingetragenes Mitglied ist, sind der Meinung, daß es Fremde in London gibt.«
»Fremde?« platzte ich heraus.
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