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Mit sich selbst befreundet sein

Mit sich selbst befreundet sein

Titel: Mit sich selbst befreundet sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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das richtige Maß an Ballaststoffen (wiederum aus Salat, Gemüse, Obst, Vollkornprodukten), die einer Pflege des Darms dienen, in dessen Wänden ein Großteil des Immunsystems angesiedelt ist. Es ist sinnvoll, sich vor Augen zu führen, welche Arbeit im Darm geleistet wird, um sie wirksam erleichtern zu können: Er nimmt die Nährstoffe auf und verwandelt sie in Energie, aber er ist auch mit dem zentralen Problem moderner Ernährung befasst, mit all den Zusatzstoffen , chemischen Farbstoffen, Konservierungsstoffen, Geschmacksverstärkern, auch »Fruchtzubereitungen«, die wiederum zugesetzter Aromastoffe bedürfen; immer mit der Gefahr, dass das Immunsystem des Körpers davon irritiert wird und allergisch reagiert.
    Absolut grundlegend für die Ernährung ist jedoch nicht feste, sondern flüssige Nahrung: Wasser ist das Grundnahrungsmittel, das Mineralstoffe transportiert und Schadstoffe ausschwemmt; daher ist es stets zu erneuern, und es scheint kein Zuviel davon zu geben, nur ein Zuwenig, das sich nicht nur unmittelbar, sondern auch mittelbar bemerkbar macht: Das Untergewebe der Haut wird rascher faltig, wenn der Körper Flüssigkeit entbehrt. Durst ist bereits ein Alarmsignal dafür, dass das Herz verstärkt arbeiten muss, um das dickflüssiger werdende Blut durch den Körper zu pumpen. Kaffee, Schwarzer Tee und Alkohol sind Genussmittel, aber keine Durstlöscher; was sie dem Körper an Flüssigkeit entziehen, wäre mit Wasser wieder auszugleichen. Mineralwasser wiederum ist zwar reich an spezifischen Mineralien, bringt aber das Problem mit sich, diese über längere Zeitin zu hoher Konzentration im Körper anzusammeln, während gewöhnliches Trinkwasser oft ausreichend mineralstoffhaltig ist. Die zu hohe Konzentration an Wirkstoffen kann auch das Problem von Multivitaminsäften sein; und viele Fruchtsäfte basieren auf einem »Konzentrat«, das doch wieder nur mit Wasser zum Getränk gemacht worden ist. Milch, die zum größten Teil aus Wasser besteht, enthält vieles, was der Organismus braucht; durch Ultrahocherhitzung aber werden die Vitamine in ihr zerstört und müssen künstlich wieder zugesetzt werden.
    Zu einer ausreichenden Grundversorgung mit Flüssigkeit trägt die Suppe bei. Kein Geringerer als Epikur hat sie philosophisch nobilitiert, denn seinen Vorstellungen eines lustvollen Lebens (»Nicht jede Lust ist wählenswert«, Brief an Menoikeus , 129) entsprach sie auf ideale Weise: nicht in aufwändigen Gelagen zu schwelgen, sondern die Bedürfnisse auf ein minimales Maß zu reduzieren, um ihre Befriedigung dann maximal zu genießen. Derjenige Genuss erscheint ihm am lustvollsten, für den wenig nötig ist, und zu finden ist er durchaus im Sinnlichen, nicht in einer bloßen Idee: Er wisse nicht, meinte Epikur gegen Platon gewandt, was er sich unter der Idee »des Guten« vorstellen solle, wenn nicht die Liebeslust, die Lust des Hörens, die Lust eines schönen Anblicks und – die »Lust der Suppen«; nicht aber auserlesene Feinschmeckersüppchen, sondern »bescheidene Suppen« ( litoì chyloí ). Mühelos könnte sich auch der moderne und andersmoderne Epikureer teilweise von Suppe ernähren, mit viel Flüssigkeit und Wirkstoffen, sofern es sich nicht um eine Fertigsuppe aus der Tüte handelt. Suppe zu essen ist die maßvolle Lust der Autarkie, die der Askese Genüge tut; sie ist eine entsagungsvolle Ernährung, die doch auch die Ekstase ermöglicht, denn das Selbst kann außer sich geraten bei ihrem Anblick und ihrem Genuss. Erst recht zur Zeit des Fastens.
Erfahrung des Fastens
    Wer Askese im engeren Sinne der Entsagung üben will, muss von vornherein in Betracht ziehen, dass sich auf alles verzichten lässt, nur nicht auf Flüssigkeit. Der Körper zehrt von Reserven an Eiweißstoffen und Fetten und bezieht Vitamine und Mineralstoffe aus Wasser, Fruchtsäften, Kräuterteesorten und Gemüsebrühe. Die körperliche Reinigung, die dies zur Folge hat, ist wohl der grundlegende Sinn althergebrachter religiöser Fastenzeiten; in seelischer Reinigung findet sie ihre Fortsetzung und mündet letztlich in spirituelle Erfahrungen. Religion ist jedoch keine notwendige Voraussetzung dafür, sich dieser Übung zu unterziehen. Grundlegend ist allein die Wahl des Selbst, sich einer solchen Erfahrung auszusetzen, und sei es nur für einzelne Tage, die die Erfahrung des Fastens in Grenzen halten, oder aber für eine Woche und länger. Die anfängliche Zeit, beginnend mit dem »Entlastungstag«, ist zugleich die

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