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Mit sich selbst befreundet sein

Mit sich selbst befreundet sein

Titel: Mit sich selbst befreundet sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schmid
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Befreiung jedoch auch für andere: keinen Erwartungen des Selbst entsprechen zu müssen und so eigene Vorstellungen besser zur Geltung bringen zu können. Einmal erreicht, lässt sich die Entsagung über die Nahrung und das sexuelle Begehren hinaus auf das Begehren vieler Dinge beziehen, von denen sich das Selbst zumindest zeitweilig zu lösen versteht, um ganz wie Sokrates (Diogenes Laertius zufolge) sagen zu können: »Wie zahlreich sind doch die Dinge, derer ich nicht bedarf!« Alle Entsagung erweist sich zudem als ein Mittel der Erkenntnis: In der Abwesenheit des Phänomens, dem entsagt wird, sind dessen Eigenschaften besser zu erkennen und sein Wert in Bezug auf das Selbst zu taxieren, denn jetzt erweist es sich als bejahenswert oder tatsächlich als entbehrlich. Wirklichen Genussverschafft manches erst jetzt, da das Selbst sich nicht mehr am Rande eines Abgrunds an Angst fühlt, es zu verlieren. Die Fähigkeit zur Entsagung reduziert selbst die Lebensangst, da sich erweist, dass die wenigen Dinge, die das Selbst wirklich zum Leben braucht, nicht aufwändig sind und nicht fern liegen. Bis zu einem gewissen Grad selbst im Fall von Krankheit.
Hausmedizin: Selbstvorsorge, Selbstmedikation
    Grundsätzlich ist es eine Frage der Wahl, sich um seine Gesundheit zu sorgen oder nicht; wird jedoch die Sorge gewählt, dann ist noch zu wählen, sie selbst wahrzunehmen oder sie in die Hand eines Mediziners oder Therapeuten zu legen. Die eigene Wahrnehmung der Sorge ist ein Element der Selbstaneignung , während ihre Überantwortung zwar eine Entlastung des Selbst, aber auch die Gefahr einer Selbstenteignung mit sich bringt. In jedem Fall ist die Gesundheit eine sehr individuelle Angelegenheit, bezogen auf die jeweilige Lebensführung mit all ihren Besonderheiten: Keine zwei Menschen können auf genau dieselbe Weise gesund sein. Und es verhält sich mit der Gesundheit wie mit anderen Werten: Entscheidend ist das Bemühen um ihre Realisierung, die immer eine partielle bleibt; aussichtslos erscheint ihre Perfektionierung, die eine totale wäre. Die totale Gesundheit als Maßstab anzusetzen, wäre möglich, ließe jedoch mehr oder weniger alle Menschen als krank erscheinen. Und selbst dann, wenn sie wirklich erreichbar wäre, würde sie wohl selbst wiederum nur eine Form von Krankheit sein, da sie um einen Preis gesucht werden müsste, der krank macht: sämtliche Widerstände und Widersprüche, die ihr im Weg stehen, beiseite zu räumen – dann aber erschlaffen Körper und Seele und werden anfällig für Erkrankungen, ähnlich wie der Geist, der alle Orientierung verliert, wenn er nicht gelegentlich durch Kritik aufgestört und herausgefordert wird. So ist Krankheit nicht nur ein Übel, sondern auch ein heilsames Gut für das Selbst. Die moderne Grundhaltung, in ihr »dasNegative« schlechthin zu sehen, das zu eliminieren sei, muss vom Selbst nicht übernommen werden. Es hat selbst seine Wahl zu treffen und seine Haltung festzulegen, und dies nicht nur ein für alle Mal, sondern auch in jedem Einzelfall, um manche Krankheit zu bekämpfen , manch andere aber gewähren zu lassen, vielleicht sogar Sinn , das heißt Zusammenhang in ihr zu sehen, unabhängig davon, ob sie »wirklich Sinn hat«.
    Auch wenn es keinen Sinn hat, Krankheit von Grund auf auszuschließen, kommt es dennoch darauf an, vor ihr auf der Hut zu sein. Es geht darum, ein Gespür dafür zu entwickeln – nicht zu hypochondrisch, nicht zu unbekümmert –, ob »etwas nicht stimmt«, ob dem Selbst »etwas fehlt« und wo etwas »sich ankündigt«. Die Selbstsorge äußert sich zunächst in einer Selbstvorsorge , und zwar auf die Art und Weise und in dem Maße, die das Selbst für angemessen hält. All die geschilderten Übungen und Aspekte im Umgang mit dem Körper tragen zur Selbstvorsorge bei: aufmerksame Wahrnehmung und Pflege des Körpers, körperliche Bewegung, Sport, Körpertherapie, die sich auch seelisch auswirkt, Wellness als Kunst der Berührung auf allen Ebenen, Schwimmen und Saunieren, Ausarbeitung der Sinnlichkeit, Ethik der Ernährung und Übung der Entsagung. Selbst die langfristige Vorsorge gegen schwere Krankheiten, soweit sie überhaupt möglich ist, liegt im Wesentlichen in der Hand des Selbst; und es ergreift selbst die Initiative, sich gelegentlichen Untersuchungen zu unterziehen oder es zu lassen. Selbstvorsorge ist jede Pflege des Immunsystems, jede »Immunmodulation« zur Vorbeugung gegen Krankheiten; von Bedeutung hierfür ist die

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