Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
Bezugspersonen nicht immer gleichermaßen zugewandt sind und dass sich eine Möglichkeit finden lässt, damit adäquat umzugehen, misslingt mitunter. Das Kind kann seine Umgebung als unberechenbar und willkürlich erleben und den inneren Glaubenssatz bilden: »Ich bin hilflos den Launen meiner Eltern ausgesetzt«, womit je nach Temperament die Grundlage für eine ängstliche oder für eine trotzige Persönlichkeitsentwicklung gelegt wird. Bleiben wir jedoch noch eine Weile im Umfeld der durchschnittlich guten Eltern. Psychologinnen und Psychologen sprechen hier von »hinreichend guten Eltern«.
Der Vater erlaubt anderes als die Mutter. Der eine Elternteil möchte das Kind vielleicht gerne brav und angepasst haben, der andere möglicherweise lieber etwas frecher und selbstbewusster. Wenn hier das Kind lernt, dass beides okay ist und es zu beiden Elternteilen eine Beziehung entwickelt, wird es sich im späteren Leben besser zurechtfinden als das Kind eines alleinerziehenden Elternteils, der negativ über den abwesenden Partner spricht. Wenn Papa anders ist als Mama und beide anders sind als die Kindergärtnerin oder der Lehrer, gewöhnt sich das Kind früh daran, auch später mit vielen verschiedenen Menschen klarzukommen. Das Kind, das nur ein Beziehungsmodell erfährt, wird eher zur Angst neigen, wenn es Menschen mit anderen Wertvorstellungen begegnet.
Vieles gilt es bereits in jungen Jahren zu lernen und zu bewältigen: Ein neues Geschwisterkind taucht auf, und die Mutter, der Vater, interessiert sich plötzlich viel mehr für das Neugeborene. Im Kindergarten sind so viele Kinder, die laut und frech sind, wie kann es dort eigene Wünsche durchsetzen? All dieseAufgaben können mehr oder weniger zufriedenstellend gemeistert werden. Und so lässt sich oft bereits in frühem Alter eine Anlage zu einer eher ängstlichen oder einer eher mutigen Persönlichkeitsentwicklung beobachten. Es soll hier nicht der Frage nachgegangen werden, ob es Vererbung oder Umweltfaktoren sind, die darüber entscheiden. Solche Debatten münden nach heutigem Wissensstand meist in der Erkenntnis: Zu einem Drittel ist es Vererbung – ängstliche Kinder haben oft auch ängstliche Eltern –, zu einem weiteren Drittel sind es Umweltfaktoren, die sich eher begünstigend oder ungünstig auf die oben genannten Lernschritte auswirken, und zu einem letzten Drittel ist auch jedes Kind und jeder Mensch einmalig, d. h. weder durch Umwelt noch durch Vererbung geprägt. Und natürlich gibt es sehr heftige, traumatisierende Erlebnisse, die ein bisher unternehmungslustiges, mutiges Kind zu einem ängstlichen Kind werden lassen können.
Der Angsthase als Teilpersönlichkeit
Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
die eine will sich von der andern trennen.
Die eine hält, in derber Liebeslust,
sich an die Welt mit klammernden Organen,
die andere hebt gewaltsam sich vom Dust (= Staub)
zu den Gefilden hoher Ahnen.
Dieses berühmte Zitat aus Goethes Faust beschreibt den Zielkonflikt, den wohl die meisten Menschen kennen. Man möchte gerne ein guter Mensch sein, hat aber keine Lust dazu. Man möchte gerne endlich mal dem Vorgesetzten die eigene Meinung sagen, traut sich aber nicht. Man möchte endlich weniger arbeiten, aber die damit verbundene Rentenkürzung will man nicht. Es wurde bereits an anderer Stelle erwähnt, dass dieses Sowohl-als-auch einen Konflikt schafft. Ein ängstlicher Mensch, der keine Erwartungen an sich stellt und sich selbst als auch die Welt so nimmt, wie sie ist, hat kein Problem. Er hat sich an seine Angst gewöhnt, macht sich keine Gedanken darüber, was ihm möglicherweise dadurch entgeht, und kann daher völlig zufrieden mit sich selbst leben. Auch wenn ich an dem einen Tag mutig und am nächsten Tag angepasst bin, habe ich kein Problem, weil jeder Persönlichkeitsteil in mir zu seinem Recht kommt. Das Problem entsteht erst durch die Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Anteilen in mir selbst.
Es hat sich daher in der Psychotherapie der letzten Jahre das Modell der verschiedenen Teilpersönlichkeiten bewährt, die ein »inneres Team« bilden und jeweils zu unterschiedlichen Zeiten die »innere Bühne« 16 oder »das Wohnzimmer« 17 betreten. In einer Situation, in der z. B. der Partner oder Chef einen Wutanfall hat, kann an dem einen Tag der innere Angsthase das Wohnzimmer betreten, während der Trotzkopf oder harmonisierende Vermittler im Hintergrund bleibt. Am nächsten Tag betritt vielleicht der Trotzkopf das Wohnzimmer
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