Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
ausgewogenes Verhältnis von Sympathikus, im Yoga der kraftvollen Sonnenkraft, und Parasympathikus, im Yoga der entspannenden Mondkraft, ist für den Beckenboden – und damit für unsere Angst- und Stressanfälligkeit – von großer Bedeutung. Der Beckenboden stützt und hält die inneren Organe. Blasenschwäche, Gebärmuttersenkungen und Prostatabeschwerden deuten in der Regel auf ein zu schwaches Muskelnetz hin, das von unten her die inneren Organe nicht mehr stützen und halten kann. So verbirgt sich hinter dem Symptom Bettnässen oft ein verzweifeltes »Weinen nach unten«, weil ein äußeres oder inneres Verbot besteht, es im »offen-Sicht-lichen« Bereich des Gesichtes zu zeigen (siehe auch den Abschnitt »Stabilität entwickeln« in Kapitel 4).
Yoga ist konsequent ressourcenorientiert, die Aufmerksamkeit wird auf den Atem, die Wirbelsäule, die Aufrichtung, die eigenen Grenzen usw. gelenkt. Die Frage, wohin ausatmend entspannt wird, d. h. an welche Stelle das Gewicht des Körpers abgegeben wird, hilft, gesunde Muster zu entwickeln. Die Schwerkraft im Beckenboden ist Voraussetzung für die Aufrichtung, zentriert die Übenden durch eine gute Verankerung auf dem Stuhl oder auf dem Erdboden und schafft die Voraussetzung für Flexibilität und Leichtigkeit im oberen Bereich.
Die Aufmerksamkeit auf gesunde Prozesse zu richten, ist ein entscheidendes Heilmittel gegen Angst. Die Psychotraumatologie der letzten Jahre hat ebenfalls eine achtsame Beziehung zum eigenen Körper als wichtige Ressource erkannt. Bewegung regt die Durchblutung und die Zellatmung an. Über einen chemischen Botenstoff werden auch die Zellen im Gehirn angeregt. Yoga-Übungen vertiefen durch ihre rhythmische Ausführung den Atem und sorgen auf diesem Weg für eine entspanntere Gemütsverfassung. Das begleitende Bewusstsein ist eine Form von Achtsamkeit, deren gesundheitliche Wirkung der amerikanische Psychiater und Klinikchef Jon Kabat-Zinn, der die buddhistische Achtsamkeitslehre für ein westliches Krankenhaus adaptiert hat, in mehreren Studien nachgewiesen hat.
Wodurch Leid entsteht – die Kleshas
Der Befreiung vom Leid ( duhkha ) wird in der Yoga-Philosophie ein großer Stellenwert beigemessen: Was erzeugt Leid und wie kann man es verhindern? Ablenkung und Verwirrung des Geistes werden durch Krankheit und Leid erzeugt und umgekehrt. Die Yogis haben vier sogenannte Kleshas gefunden, das sind die wichtigsten Leid erzeugende Irrtümer. Sie verwirren den Geist, stiften Unordnung und machen daher krank. Die vier Kleshas sind:
Avidya , das heißt übersetzt: »Unwissenheit«. Im engeren Sinne verstehen die Yogis darunter das verloren gegangene Wissen davon, dass jeder Mensch in seinem innersten Wesen gesund und heil ist. Wenn wir uns mit einem kranken Körperteil identifizieren – und wie leicht passiert es, dass wir bei Kopfweh oder Bauchweh nur an Kopfweh oder Bauchweh denken –, dann sitzen wir einem Irrtum auf. Der kranke Körperteil braucht Pflege, das ist klar, etwas scheint ihm zu fehlen, aber wir sind mehr als unser Körper, daran will uns dieses Klesha erinnern. Alles ist vergänglich, Schmerz kommt und geht, ebenso Winter und Sommer, Tag und Nacht. Auch im erweiterten Sinne sind Wissen und Weiterbildung wichtig, um Leid und Ängste zu reduzieren. Indem ich mich über mögliche Gefahren einer geplanten Unternehmung genau informiere, reduziere ich phantasierte Ängste. Es war ein Anliegen der Aufklärung, durch wissenschaftliche Forschung den Menschen aus Angst und Abhängigkeit zu befreien. Wenn ein Kind nachts Angst hat, weil es in bewegten Schatten bedrohliche Gestalten sieht, hilft es, das Licht anzumachen und genau nachzusehen.
Anhaftung . Leid entsteht dadurch, dass uns etwas ganz besonders wichtig ist und wir meinen, ohne diesen Menschen, diesen Job, diesen Gegenstand oder diese Beförderung nicht leben zu können. Das heißt nicht, dass wir nicht tiefe Trauer oder auch Ärger empfinden können, wenn ein geliebter Mensch geht oder wenn wir den Job verlieren. Die als bedrohlich erlebte Vorstellung von Verlust und Untergang des doch so sehr Geliebten erzeugt Angst. Sich in der Partnerschaft z. B. abhängig zu fühlen, erzeugt Leid und ist etwas anderes als Liebe. Schöne Ereignisse kommen und gehen, das ist der Fluss des Lebens. Wenn wir zu stark an einer Sache hängen, verlieren wir die Offenheit und Empfangsbereitschaft für das nächste schöne Ereignis, das zu uns kommen will.
Abneigung . Wie wir mit Anhaftung etwas
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