Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
Beckenkippbewegung, die in vielen Asanas eine wichtige Rolle spielt. Der Bewegungsimpuls ist also ganz im Beckenraum, und die restliche Wirbelsäule darf entspannt und locker mitschwingen. Beobachten Sie, bis wohin die Bewegung, die Sie am unteren Ende Ihrer Wirbelsäule ausführen, sich nach oben hin auslaufend fortsetzt, ohne dass oben aktiv eine Bewegung initiiert wird. So wie bei einer Schnur oder einer Perlenkette, die an einem Ende bewegt wird, sich die Bewegung bis zum anderen Ende fortsetzt, so bewegen Sie jetzt das untere Ende Ihrer Wirbelsäule. Je lockerer und entspannter die einzelnen Wirbel sich mitbewegen lassen, desto besser. Machen Sie nun die Bewegung mal größer, wie weit lässt sie sich ausdehnen? Wo ist Ihre Grenze? Gehen Sie nicht über die Grenze, aber machen Sie auch nicht schon vor der Grenze Halt.
Lassen Sie dann die Bewegung ausklingen und kommen Sie in der Mitte zur Ruhe. Wo genau ist die Mitte zwischen vorne und hinten? Wo ist die Mitte zwischen rechts und links?
Versuchen Sie, für die vier unteren knöchernen Basispunkte ein Bewusstsein zu entwickeln: die beiden Sitzbeinhöcker rechts und links sowie das Schambein vorne und das Steißbein hinten. Dann konzentrieren Sie sich auf den Scheitelpunkt oben. Dehnen Sie sich zwischen den beiden Endpunkten, Wurzelpunkt und Scheitelpunkt, als wollten Sie noch ein Stück wachsen. Nun können Sie in einem nächsten Schritt die Atmung entlang der aufgerichteten Wirbelsäule wahrnehmen. Vielleicht gefällt Ihnen das Bild: Der Atem streicht langsam von unten nach oben an der Wirbelsäule entlang, als wollte er diese sanft streicheln. Mit seiner Berührung am Scheitelpunkt setzt er dort einen Energieimpuls, um danach umzukehren und im Beckenraum zu ruhen. Mit jedem Einatmen findet eine Ausdehnung zwischen den beiden Endpunkten oben und unten statt. Beim Entspannen nach unten sammelt sich die Energie unten im Wurzelpunkt, der Mitte zwischen den vier Basispunkten, und das Gewicht des Rumpfes wird nach unten abgegeben.
Spüren Sie nach.
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Der Bereich zwischen den vier knöchernen Basispunkten, der Damm, hat in der yogischen Chakrenlehre eine große Bedeutung. Es ist der Sitz des Wurzel-Chakras, hier entspringen die drei wichtigsten Energiekanäle: Ida, Pingala und Sushumna . Pingala ist die mikrokosmische Entsprechung der in unserem Körper wirkenden Sonnenkraft, die sich mit dem sympathischen Strang unseres vegetativen Nervensystems vergleichen lässt. Ida, die Mondkraft, wirkt kühlend und aufbauend und kann mit dem parasympathischen Teil unseres vegetativen Nervensystems, das für Regeneration und Aufbau zuständig ist, verglichen werden. Sushumna ist der zentrale Energiekanal, unser Rückenmarkskanal, durch den unsere Lebensenergie fließt. Ihn zu reinigen und zu pflegen ist ein zentrales Anliegen, das sich immer wieder in den Übungen des Yoga finden lässt.
Das Wurzel-Chakra wird energetisch den Nebennieren zugeordnet, die entscheidend an der Hormonproduktion beteiligt sind. Diese stehen in enger Verbindung zur Hypophyse und zum Hypothalamus, unseren Steuerungszentren im Gehirn. Die Verbindungslinie von Hypothalamus–Hypophyse–Nebennierenrinde wird auch die Stressachse genannt. Im Nebennierenmark werden die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin gebildet. Sie bereiten auf Stress vor, indem sie den Blutzuckerspiegel erhöhen, Blutdruck und Herzfrequenz steigern, die Schweißsekretion anregen, die Atemwege und die Pupillenerweitern und die Tätigkeiten des parasympathischen Nervensystems, wie Darmtätigkeit oder Speichelsekretion, stoppen. Die genannten Körpersymptome sind oft mit dem Gefühl von Angst verbunden.
Die Bewusstmachung der vier knöchernen Basispunkte und die Kräftigung der Muskelschichten, die sie miteinander verbinden, ist daher ein wichtiges Hilfsmittel bei Angst und Stress. Der Volksmund kennt den Spruch »Schiss haben«. Wenn der Parasympathikus seine aufbauende Tätigkeit, Essen in Nahrung zu verwandeln, nicht mehr in Ruhe verrichten kann, dann hat der Mensch Durchfall: Es fällt einfach alles (unverdaut) durch. Diese Muskelschicht ist auch zu wenig trainiert und nicht ausreichend in Besitz genommen, wenn sich jemand »vor Angst in die Hose macht«. Diese volkstümlichen Formulierungen machen deutlich, dass sich hier an der Basis ein Zentrum befindet, das schützend die Beziehung zwischen Innen und Außen kontrolliert: Was darf in meinem Körper bleiben, weil es mich nährt, und was gebe ich nach außen ab? Ein
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