Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
während andere eine differenzierte Wahrnehmung ihrer Gefühle und Emotionen haben und wieder anderen es leichter fällt, die eigenen Gedanken zu beobachten.
Wenn einer der obigen Vorschläge oder ein eigener Einfall Ihnen ein klein wenig Freiheit von der Angst verschafft hat, sollten Sie sich dafür Anerkennung zollen. Es ist Ihnen ein wichtiger Schritt in die Beobachterposition gelungen: von dem Gefühl, voller Angst zu sein, hin zu der etwas distanzierteren Feststellung: »Ich habe (manchmal) Angst und probiere aus, wie ich am besten damit umgehen kann.« Damit haben Sie bereits etwas Abstand zwischen sich und der Angst hergestellt. Sie haben für Ihre Handlungsfähigkeit gesorgt. Vielleicht ist Ihnen auch aufgefallen, dass ich öfters von »forschen« oder »erforschen« spreche. Das erinnert an wissenschaftliches Vorgehen. So wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unvoreingenommen eine Sache erforschen, ohne Sympathie für das eine oder andere Ergebnis, können auch Sie sich selbst erforschen. Sie trainieren damit auch die Haltung der Achtsamkeit. Achtsam sein heißt, ohne Bewertung im Augenblick zu sein und das eigene Verhalten wahrzunehmen.
Mit der Formulierung »Ich bin sehr ängstlich« legen Sie sich fest, sie identifizieren sich mit der Angst, als sei sie eine feststehende Eigenschaft von Ihnen, die immer so bleibt. Wenn Sie dagegen sagen: »Ich habe (heute / im Augenblick) Angst«, dann teilen Sie etwas über Ihren gegenwärtigen Zustand mit, der morgen oder im nächsten Augenblick bereits anders sein kann. Auf diese Weise geben Sie sich selbst mehr Wahlmöglichkeiten.
Wenn es Ihnen gelungen ist, das Ängstigende einfach einmal eine Zeitlang nicht so wichtig zu nehmen, können Sie noch einen Schritt weiter gehen und dem Einengenden Ihre eigene Lebendigkeit und Leichtigkeit entgegensetzen. Mit der nächsten Übung lade ich Sie ein zu Shivas Tanz.
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Übung: Shivas Tanz
Die Ausgangsposition ist der aufrechte Stand. Falten Sie Ihre Hände zum Nataraj-Mudra 51 , das heißt: Die beiden Zeigefinger weisen nach oben zur Decke und die vier übrigen Finger überkreuzen sich mit den Fingern der anderen Hand. Bringen Sie nun die beiden gefalteten Hände in Augenhöhe, so dass die beiden Zeigefinger etwa 20 bis 30 cm vor Ihren Augen sind.
Abb. 17: Shivas Tanz
Mit jedem Hüpfer spüre ich, wie befreiend es ist, lebendig zu sein.
Während Sie die Finger nach rechts bewegen und der Blick den Fingern folgt, bewegen Sie gleichzeitig Ihr rechtes Bein – über das linke Bein hinweg – nach links.
Dann setzen Sie das rechte Bein wieder neben das linke, kommen also kurz zurück in die Ausgangsposition, wobei die Finger wieder mittig vor Ihren Körper sind, um gleich danach die Überkreuzbewegung zu der anderen Seite hin auszuführen.
Jeweils mit einer kräftigen Ausatmung bewegen Sie Finger, Kopf und Blick abwechselnd nach links oder rechts und bewegen das Bein dieser Seite – das Standbein überkreuzend – nach schräg oben auf die gegenüberliegende Seite. Die Einatmung findet während der Bewegung zurück zur Ausgangsposition statt und ist kürzer als die Ausatmung.
Wenn Sie diese Überkreuzbewegung noch nicht kennen, beginnen Sie langsam, bis Sie ein Gefühl für die Koordination haben.
Wenn die Bewegung klar ist, nehmen Sie bitte den Atem als Hilfe dazu: ausatmend immer die Überkreuzbewegung nach links oder rechts (Drehbewegungen, mit denen Luft aus dem Brustkorb quasi herausgewrungen wird, sind immer mit der Ausatmung verbunden) und einatmend zur Mitte zurück.
Mit einem Zwischenhüpfer geht es leichter: Das Standbein hüpft, während das Spielbein in der Luft tanzt.
Versuchen Sie, sich immer mehr dem Rhythmus anzuvertrauen, bis Sie spüren: »Der Rhythmus trägt mich.«
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Überkreuzbewegungen fördern die Zusammenarbeit der beiden Hirnhälften und sorgen so für mehr Leichtigkeit. Die Übung wird auch »Tanz der Freude« genannt. Vielleicht gefällt Ihnen die Geschichte dazu: Gott Shiva ist der Gott der Zerstörung. Das hört sich vielleicht zuerst grausam an, aber in den Geschichten, die von ihm erzählt werden, zerstört er Dinge, deren Zeit abgelaufen ist. Er schafft dadurch Raum für Neues. In der indischen Mythologie war die Welt vor seinem Auftauchen ruhig und still, nichts rührte sich. Da begann er, mit seiner Flöte zu spielen, und der Ton erweckte sanft die heute sichtbare Vielfalt der Welt. Er tanzte zu seiner Musik, und der Schwung seiner Beine setzte sich fort als eine
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