Mitch
hatte ihm versprochen, ihn vom Flughafen abzuholen.
Nachdem sie sich von ihrer Großmutter verabschiedet hatte, ging sie in den leeren Warteraum, um dort auf ihre Eltern zu warten. Als sie Schritte hörte, blickte sie auf und sah Charles O’Halloran.
„O Charles“, flüsterte sie und sprang auf. Sekunden später lag sie in seinen Armen.
Dann begann sie zu schluchzen. Charles hielt sie eng umschlungen, und seine Liebe tröstete sie ein wenig.
„Woher wusstest du es?“ Lanni hatte zwar daran gedacht, ihn anzurufen, denn er hatte gerade in der Nähe von Valdez zu tun, es dann jedoch nicht gemacht.
„Von Sawyer.“
Sie hätte sich denken können, dass sein Bruder es ihm sofort erzählen würde.
Zärtlich strich Charles ihr das Haar aus dem Gesicht. „Warum hast du mich nicht angerufen?“
„Ich … ich dachte, ich sollte es lieber lassen.“
„Weshalb?“ fragte er überrascht.
„Weil … weil ich weiß, wie du über Grammy denkst. Ich kann es dir nicht verdenken. Sie hat dir und deiner Familie sehr wehgetan.“
Schließlich setzten sie sich hin, und Charles nahm Lannis Hand. „Ich hasse sie nicht mehr. Schließlich habe ich es indirekt ihr zu verdanken, dass es dich gibt.“
Lanni wischte sich die Tränen von den Wangen und lächelte flüchtig. Sie liebte ihn über alles.
„Nachdem meine Mutter mir erzählt hatte, warum sie Dad geheiratet hat“, fuhr er fort, „kann ich besser verstehen, wie Catherine damals zumute gewesen sein muss. Mein Vater hat Ellen seinem Bruder zuliebe geheiratet. Irgendwann hat er sie lieben gelernt, aber tief in seinem Herzen hat es für ihn immer nur Catherine gegeben.“
„Es wäre schön, wenn die beiden jetzt zusammen wären – für immer.“
„Das wünsche ich mir auch.“ Charles küsste Lanni sanft aufs Haar, und sie legte den Kopf an seine Schulter.
„Findet die Trauerfeier in Hard Luck statt?“ erkundigte er sich.
„Ja. Und Grammy hat verfügt, dass ihre Asche im Frühling in der Tundra verstreut werden soll.“
Er nickte. „Weißt du, wann die Feier stattfindet?“
„Nein.“ Lanni hob den Kopf und schaute ihm in die Augen. „Ich bin so froh, dass du da bist.“
„Das bin ich auch. Ich liebe dich, Lanni, und ich möchte, dass du mir niemals etwas verschweigst.“
„Versprochen.“
Charles stand auf und streckte ihr die Hand entgegen. „Und nun lass uns deinen Bruder vom Flughafen abholen.“
Mitch war zu Ohren gekommen, dass Bethany eine Verabredung mit Bill Landgrin hatte. Bills Crew arbeitete gerade an der Förderpumpe südlich vom Atigunpass. Normalerweise hatten die Männer, die die Pipeline warteten, abwechselnd sieben Tage Dienst und sieben Tage frei. Während seiner freien Woche fuhr Bill ab und zu in eine der Kleinstädte im Landesinneren, um sich dort bei einem Bier oder beim Kartenspiel zu amüsieren. Gelegentlich war er auch auf der Suche nach einer Frau.
Wann Bill Landgrin Bethany kennen gelernt hatte, wusste Mitch nicht, doch er konnte die Vorstellung, dass die beiden miteinander ausgingen, nicht ertragen.
Dass Bill sich zu Bethany hingezogen fühlte, konnte Mitch ihm nicht verdenken. Für ihn war es allerdings schlimm genug gewesen, mit anzusehen, wie Bethany mit John Henderson ausging. Im Gegensatz zu John konnte Bill ihr jedoch gefährlich werden, denn er war lange nicht so harmlos, wie es den Anschein hatte.
Schließlich beschloss Mitch, ihr zu sagen, welchen Ruf Bill genoss. Irgend jemand musste es ja tun.
Zwei Tage vor ihrer geplanten Verabredung wollte Mitch sie nach Unterrichtsschluss in der Schule aufsuchen und so tun, als würde er sich Sorgen um Chrissies Leistungen machen, die hervorragend waren.
Mitch wartete eine Weile, um sicherzugehen, dass er Chrissie nicht über den Weg laufen würde, sonst kam sie noch auf falsche Gedanken.
Seit dem Abend nach Chrissies Unfall war er Bethany bewusst aus dem Weg gegangen, denn während ihrer gemeinsamen Stunden auf dem Sofa war sein Durchhaltevermögen bereits auf eine harte Probe gestellt worden.
Als er das Klassenzimmer betrat, blickte Bethany, die am Schreibtisch saß, ihn erstaunt an. „Hallo, Mitch. Schön, Sie zu sehen.“
Er lächelte flüchtig. „Ich hoffe, ich störe Sie nicht.“
„Natürlich nicht.“
„Ich komme wegen Chrissie“, beeilte er sich zu sagen, damit sie nicht auf falsche Gedanken kam. „Ich … mache mir ein wenig Sorgen wegen ihrer Zensuren.“
„Aber die könnten gar nicht besser sein.“
Ihm war klar, dass er nichts
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