Mitch
um die Getränke und folgte ihm schließlich ins Wohnzimmer. Nachdem er die Schalen auf den Couchtisch gestellt hatte, schaltete er den Videorekorder ein.
Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit setzte er sich diesmal nicht auf den Sessel, sondern nahm neben Bethany auf dem Sofa Platz. An diesem Abend wollte er ihre Gesellschaft ausnahmsweise einmal genießen, denn er brauchte sie.
Als der Film begann, rückte Mitch noch ein Stück näher an sie heran. Er war so gelöst wie schon lange nicht mehr und lachte oft, was sonst auch nicht seine Art war. Als sein Popcorn alle war, bot Bethany ihm etwas von ihrem an. Irgendwann legte er ihr den Arm um die Schultern, und sie lehnte sich an ihn. Er fühlte sich wie im siebten Himmel.
Die Zeit schien stillzustehen, was Mitch nur recht war. An einer komischen Stelle drehte Bethany sich lachend zu ihm um. Als er ihr in die Augen sah, fragte er sich unwillkürlich, ob sie in einem leidenschaftlichen Moment wohl dunkler wurden.
Mitch schluckte mühsam und wandte sich unvermittelt ab, denn ihm war klar, wie gefährlich derartige Gedanken waren. Er versuchte, seine Aufmerksamkeit wieder auf den Film zu richten, was allerdings genauso verhängnisvoll war. Die Schlusssequenz war nämlich eine Liebesszene.
Angespannt beobachtete er, wie der Hauptdarsteller seine Partnerin küsste – erst sanft und spielerisch, dann immer leidenschaftlicher. Ein schmerzliches Verlangen überkam Mitch, als ihm bewusst wurde, dass er dies mit Bethany nie erleben würde. Gleichzeitig merkte er, wie sehr er sich danach sehnte, sie zu küssen.
Als er sich wieder zu ihr umdrehte und ihre Blicke sich begegneten, las er in ihren Augen dasselbe Verlangen. Schweigend sahen sie sich an.
Mitch war klar, dass er sich entscheiden musste: Entweder schlug er seine Bedenken in den Wind und küsste Bethany, oder er machte einen Rückzieher, solange er ihr noch widerstehen konnte. Ohne zu überlegen, sprang er auf und schob die Hände in die Hosentaschen.
„Netter Film, nicht?“ meinte er.
„Ja, er war wundervoll“, erwiderte sie, und in ihrer Stimme schwang Enttäuschung mit.
„Mom, es tut mir so Leid.“ Lanni Caldwell betrat das Zimmer des Krankenhauses in Anchorage, in dem ihre Großmutter eine Stunde zuvor gestorben war. „Ich bin sofort losgefahren, nachdem ich es erfahren hatte.“
Kate, die am Bett ihrer Mutter saß, lächelte sie unter Tränen an. „Danke, dass du so schnell gekommen bist.“ Neben ihr stand Lannis Vater. Er hatte ihr eine Hand auf die Schulter gelegt.
Lanni betrachtete Catherine Fletcher, die noch in ihrem Bett lag. Sie hatte ihre Großmutter liebevoll Grammy genannt, und obwohl sie sie kaum gekannt hatte, würde sie sie immer lieben. Bei ihrem Anblick krampfte sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. In den letzten Monaten hatte sich Catherines Gesundheitszustand kontinuierlich verschlechtert. Dennoch hatte Catherine darauf bestanden, nach Hard Luck zurückzukehren, tot oder lebendig.
Nun würde sie tatsächlich zurückkehren, nicht weil es ihr Heimatort war, sondern weil sie mit David O’Halloran vereint sein wollte, dem Mann, den sie ihr Leben lang geliebt hatte. Vor mehr als fünfzig Jahren hatte er sie sitzen gelassen, als er mit einer englischen
Braut aus dem Krieg nach Alaska zurückgekommen war. All die Jahre hatte sie ihn geliebt und gleichzeitig gehasst.
„Meine Mutter ist von uns gegangen“, flüsterte Kate. „Sie hat nicht einmal auf mich gewartet. Wie alles in ihrem Leben hat sie es allein getan.“
Nachdem sie den Sommer in Hard Luck verbracht hatte, konnte Lanni umso besser verstehen, wie ihrer Mutter zumute war. Als Kate klein war, hatte Catherine Fletcher das Sorgerecht ihrem damaligen Mann übertragen. Sie hatte gehofft, David würde sich irgendwann scheiden lassen und frei für sie sein, und als das nicht eingetreten war, hatte sie nachgeholfen. David hatte sich jedoch nie von Ellen getrennt, sodass Catherine nach seinem Tod vollends verbittert war.
Kate Caldwell hatte immer das Gefühl gehabt, von ihrer Mutter nicht geliebt zu werden, und sie hatte gewusst, dass Catherine ihren Vater nur geheiratet hatte, um sich über die Sache mit David hinwegzutrösten. Kate war kein Wunschkind gewesen, und die Ehe war bereits nach zwei Jahren geschieden worden.
„Matt ist auch unterwegs“, sagte Lanni, die bereits mit ihrem Bruder telefoniert hatte. Sawyer würde ihn nach Fairbanks fliegen, und von dort wollte Matt am Abend den ersten Flug nach Anchorage nehmen. Sie
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