Mitch - Herz im Dunkeln
Kriminellen nichts zu tun haben wollen. Und er war vermutlich ein Exsträfling – bestenfalls. Zumindest deuteten seine Träume von Handschellen und Gefängnismauern darauf hin.
Aber wenn Becca ihn so ansah, wie sie es vor wenigen Sekunden getan hatte, fiel es ihm sehr schwer, bei seinem Vorsatz zu bleiben. Viel zu verlockend war die Vorstellung, wie sie in seinen Armen dahinschmolz, gleich hier im frischen Heu, das er gerade auf dem Boden der Pferdebox verteilte …
Erbarmen! dachte er. Ja, es war viel zu lange her, seit er mit einer Frau zusammen gewesen war.
Becca wollte in ihm einen Helden sehen, also würde er sich heldenhaft benehmen. Und zwar, indem er ihr einfach nicht zu nahekam.
Sie betrachtete den Scheck, den sie noch immer in Händen hielt. Ihre Wangen waren leicht gerötet, als hätte sie Mitchs abwegige Gedanken gelesen. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wieso Sie für einen Hungerlohn arbeiten wollen, wenn jemand Ihnen so viel Geld schenken will.“
Mitch stellte die Schaufel weg und zuckte mit den Schultern. „Geld ist nicht alles.“ Er umfasste die Griffe der Schubkarre und fuhr sie aus dem Stall. Dabei kam er nah genug an Becca vorbei, um erneut ihr Parfüm wahrzunehmen, das ihm letzte Nacht schon aufgefallen war. Wow, sie duftete so gut! Er ging schnell weiter, wobei er sich etwas nach vorn beugte, um den Geruch des Inhalts seiner Schubkarre in die Nase zu bekommen. Das würde ihn Beccas betörenden Duft vergessen lassen.
„Geld mag nicht alles sein“, konterte sie und folgte ihm durch das hintere Stalltor nach draußen, „aber wenn ich so viel Geld hätte …“ Sie hielt inne. „Mitch, bitte, Sie sollten wenigstens darüber nachdenken, diesen Scheck anzunehmen! Es könnte für Sie die Chance bedeuten, die Sie brauchen.“
Er blinzelte in die helle Morgensonne und leerte die Schubkarre auf den Misthaufen. Seine Rippen schmerzten bei jedem Schritt. „Dass Sie mir diesen Job gegeben haben war die Chance, die ich brauchte“, sagte er. „Vorausgesetzt, ich brauchte überhaupt eine Chance.“
„Sie sind hier mit einem Satz Kleidung zum Wechseln unter dem Arm aufgetaucht, ohne Ausweis, ohne Brieftasche“, erinnerte sie ihn. „Sie haben einen äußerst schlecht bezahlten Job angenommen. Dies hier ist kein Film, deshalb ziehe ich die Möglichkeit gar nicht erst in Betracht, dass Sie ein exzentrischer Millionär sind, der in eine andere Identität geschlüpft ist.“
Er drehte sich zu ihr um. „Ach? Und wenn ich das doch bin?“
Becca lachte, ihre Augen funkelten. Sie hatte wirklich wunderschöne Augen. „Wenn Sie so jemand sind, warum führen wir dann diese Unterhaltung, während Sie bei dieser Hitze eine Schubkarrenladung Pferdemist auskippen? Kommen Sie, wir machen eine Pause und treffen uns zum Abendessen wieder, in Ihrem Lieblingsrestaurant in Paris. Denn wenn Sie es sich leisten können – ich wollte schon immer mal mit der Concorde fliegen!“
Sie zog ihn nur auf, aber ihre Worte enthielten ein Körnchen Wahrheit. Sie wollte mit ihm zu Abend essen. Das sah er ihr an. Mitch leerte die Schubkarre und freute sich. Gleichzeitig kam er sich ziemlich dämlich vor. Er wollte doch gar nicht, dass sie ihn mochte. Er durfte es nicht wollen. Und doch war er froh, dass es so war. „Sorry, ich habe meine Kreditkarte gerade verlegt.“
„Aha“, sagte sie und schenkte ihm ein weiteres Lächeln. „Das ist der Beweis, dass Sie sich mal ausruhen sollten, selbst wenn Sie tatsächlich ein verkleideter Millionär sind.“
Sie hatte ein so wundervolles Lächeln, dass es unmöglich war, es nicht zu erwidern. Und während er das tat, fühlte Mitch, wie er den Halt verlor.
Sie mochte ihn nicht nur. Er war vielleicht nicht in der Lage, sich an seinen Namen zu erinnern, aber er kannte die Frauen. Und diese hier war ohne jeden Zweifel an ihm interessiert. Wenn er sie jetzt in den Arm nehmen und sie an sich ziehen würde, würde sie sich widerstandslos küssen lassen. Dass er sich vorstellte, es am helllichten Tag mit ihr auf dem Stallboden zu tun, hieß nur, dass seine Fantasie ein bisschen mit ihm durchging. Aber die Idee, in allernächster Zeit eine Nacht in ihrem Bett zu verbringen, war gar nicht so abwegig.
Allerdings wollte sie einen Helden. Das durfte er nicht vergessen. Deshalb wich er lieber einen Schritt zurück, statt sich ihr zu nähern.
„Ja, ich brauche wirklich eine Pause“, gestand er und hoffte, sie würde nicht näher kommen. „Dass Sie mich hierbleiben lassen,
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