Mitch - Herz im Dunkeln
richtig ausgeschlafen habe, ist alles wieder in Ordnung.“
Becca sah noch immer nicht überzeugt aus. „Ich wünschte, Sie hätten mir gestern Nacht davon erzählt.“
„Ja, das hätte ich wohl tun sollen“, räumte er ein. „Sie haben völlig recht. Aber ich wusste, dass es keine große Sache ist. Sie waren schon aufgewühlt genug, und …“ Er musste die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans schieben, um Becca nicht anzufassen. Und sei es nur, um seine beschwichtigenden Worte zu unterstreichen. „Bestehen Sie bitte nicht darauf, dass ich ins Krankenhaus gehe. Ich habe einfach keine Lust, stundenlang im Wartezimmer zu sitzen.“ Er seufzte. „Bitte.“
Sie atmete hörbar aus, als hätte sie eine schwere Entscheidung getroffen. „Lassen Sie mich mal sehen.“
Er stutzte. „Sie wollen …?“
„Sie haben mich schon ganz richtig verstanden“, bestätigte sie brüsk. Sie deutete zum Tresendurchgang und zur Tür dahinter. „Gehen Sie nach hinten, wenn es Ihnen hier unangenehm ist. Ansonsten ziehen Sie Ihr T-Shirt aus und lassen mich mal sehen.“
Offenbar war es ihr ernst damit.
„Es sieht schlimmer aus, als es ist“, warnte er sie. „Die Prellung ist ziemlich heftig. Sie wissen schon, alle Regenbogenfarben – gelb und grün und violett.“
„Ach, jetzt ist es auf einmal eine heftige Prellung? Vorhin war es noch eine leichte Prellung.“
„Oh, na ja, das ist es auch. Ich meinte, im Vergleich zu anderen Prellungen, die ich schon hatte. Also, ich hatte wirklich schon schlimmere.“ Verdammt, er plapperte!
Becca verschränkte die Arme. „Was ist denn dann dabei, Parker?“
Das Problem bestand ganz einfach darin, dass er sich heute Morgen nur mit großer Mühe das T-Shirt hatte anziehen können. Es auszuziehen war jetzt, wo er nach der Arbeit des Tages ohnehin verspannt war, einfach unmöglich. Oder nur unter schrecklichen Schmerzen.
„Ich glaube nicht, dass ich mein T-Shirt ausziehen kann“, gestand er. „Mir geht’s gut, verstehen Sie? Es ist nur unangenehm, wenn ich die Arme heben muss …“
Das war eine gigantische Untertreibung, und das wusste Becca auch.
Sie schüttelte verärgert den Kopf. „Sie hätten ein Hemd anziehen sollen. Das brauchen Sie nur zuzuknöpfen.“
„Tja, mein Butler hat anscheinend alle Hemden in die Reinigung gegeben.“ Er war in der Lage, einen Scherz zu machen. Dabei schämte er sich der Tatsache, dass er gar kein richtiges Hemd zum Zuknöpfen besaß. Er fühlte, wie ihm die Röte in die Wangen schoss. Welcher Mann besaß denn lediglich ein paar T-Shirts, vier Boxershorts und zwei Jeans? Er hatte gehofft, dass er bald seine Erinnerung zurückerlangen und dann seinen Kleiderschrank finden würde. Aber offenbar würde das nicht so schnell passieren. Und wer auch immer ihm dieses Päckchen geschickt haben mochte – seine Garderobe befand sich jedenfalls nicht darin.
Er musste in die Stadt und noch mehr von dem Geld aus seinem Stiefel ausgeben. Er konnte nur hoffen, dass es ihm rechtmäßig gehörte.
Becca legte ihm die Hand auf den Arm. Ihre Finger fühlten sich kühl an auf seiner Haut. „Es tut mir leid“, sagte sie leise und drückte ihn kurz, ehe sie die Hand wieder fortnahm. „Ich wollte nicht, dass es sich anhört wie …“
„Nein“, unterbrach er sie. Einerseits hätte er gern seine Hand auf ihre gelegt. Andererseits war er froh, dass er es nicht getan hatte. „Ist schon in Ordnung.“
„Ich habe ein paar Hemden, die ich Ihnen leihen könnte. Die sind von Exfreunden übrig geblieben“, fügte sie mit einem reumütigen Lächeln hinzu. Dann rief sie nach hinten: „Hazel, Verzeihung. Hast du noch diese große Schere in deiner Schreibtischschublade?“
Hazel zog die oberste Schublade auf. „Wunder über Wunder, ich habe sie tatsächlich noch.“
„Borgst du sie mir?“
„Na klar.“ Hazel, der die Neugier ins Gesicht geschrieben stand, brachte ihr die Schere. „Was ist denn los? Willst du unserem neuen Helden die Haare schneiden?“
„Nein, mir gefallen seine langen Haare.“ Becca grinste, aber es wirkte ein bisschen verkniffen. „Halten Sie bitte still, Mitch!“
Sie zog sein T-Shirt aus dem Bund seiner Jeans. Dabei streiften ihre kühlen Finger seinen nackten Bauch. Mitch hob fast ab. Was zum …?
„Halten Sie still, verdammt noch mal“, befahl sie.
„Was …“, begann er.
„Ich schneide das T-Shirt auf.“ Genau das tat sie nun. Am Saum musste sie ein wenig sägen, weil die Schere einfach zu stumpf war.
Hazel
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