Mitch - Herz im Dunkeln
an? Mike Harris, ein Cowboy, der bis vor einigen Wochen hier gearbeitet hat, lud mich bestimmt fünfmal ein, mit ihm auszugehen. Er sah gut aus, genau wie Sie. Und doch …“ Sie schüttelte den Kopf. „Wir hatten viel gemeinsam, aber es funkte nicht zwischen uns. Ich dachte, es liegt vielleicht am falschen Zeitpunkt. Ich war mir nämlich nicht sicher, ob ich hierbleiben oder Bewerbungen losschicken würde. Aber an dieser Situation hat sich nichts geändert. Ich versuche immer noch, eine Antwort darauf zu finden, was ich mit meinem Leben anfangen soll. Das Timing ist also immer noch schlecht. Trotzdem …“ Ihr Lächeln verriet nun ihre Nervosität. Als bringe sie die Nähe zu ihm ebenso aus dem Konzept wie ihn. „Tja, und trotzdem frage ich Sie, ob Sie mit mir ausgehen.“
Mitch fand seine Stimme wieder. „Mir passt das Timing auch nicht, Becca. Es ist ganz schlecht.“
Sie sah zu Hazel, die von den Informationen auf ihrem Computerbildschirm ganz gebannt zu sein schien. „Ich muss mich noch um tausend Sachen kümmern, bevor ich Feierabend machen kann. Wollen wir diese Unterhaltung vielleicht in ein paar Stunden fortsetzen und …“
Mitch nahm sich zusammen und richtete sich auf. „Ich glaube, es wäre besser, wenn ich heute Abend auf der Ranch bliebe.“
Er schaute zu Boden, damit sie sein Gesicht nicht sah. Becca richtete sich ebenfalls auf.
„Oh“, sagte sie sanft. „Ist das Timing so schlecht?“
„Ja, tut mir leid.“ Das tat es wirklich. Er wusste, dass es an der Zeit war, endlich zu verschwinden. Stattdessen beging er den Fehler, ihr wieder ins Gesicht zu sehen. Und als er die Mischung aus Verlegenheit, Enttäuschung und Verärgerung in Beccas Augen sah, konnte er sich einfach nicht losreißen. „Ich werde wohl früh zu Bett gehen heute“, erklärte er. „Ich habe ganz schön was abgekriegt im Fluss und …“
Falsch. Genau das hätte er lieber nicht sagen sollen. Das wurde ihm in dem Moment klar, als er die Worte ausgesprochen hatte. Jemand wie Becca verabschiedete sich nicht einfach, gute Nacht und bis morgen, wenn sie erfuhr, dass er sich verletzt hatte. „Es ist nichts, wirklich“, versicherte er ihr schnell. „Nur eine angeknackste Rippe.“
„Nur?“ Sie sah ihn an, als hätte er gerade verkündet, den Pazifischen Ozean in einem lecken Kanu überqueren zu wollen. „Du meine Güte, Mitch, warum haben Sie mir gestern Nacht nichts davon erzählt? Sie haben mir überhaupt nichts gesagt!“
„Es geht mir gut“, versicherte er ihr und verfluchte sich im Stillen. Aber er musste auch zugeben, dass ihm ihre Besorgnis gefiel. „Ein Stück Holz, nicht mal sehr groß, traf mich im Wasser. Wie gesagt, es ist bloß eine …“
„… angeknackste Rippe“, beendete sie den Satz für ihn. Sie presste ihre sinnlich geschwungenen Lippen fest zusammen. Offenbar glaubte sie ihm kein Wort. „Ich weiß genau, wie sich eine angeknackste Rippe anfühlt, mein Freund. Tut mir leid, aber so harmlos ist das nicht.“ Sie klappte den Tresendurchgang hoch und ließ die an Scharnieren befestigte Klappe auf den Tresen knallen. „Steigen Sie in den Pick-up. Ich werde Sie ins Krankenhaus fahren.“
„Nein!“ Er konnte auf keinen Fall ins Krankenhaus. Wenn sich einer der Ärzte oder Krankenschwestern dort die verheilende Wunde an seinem Kopf genauer ansah …
Die Heftigkeit, mit der er reagierte, erstaunte sie. Sogar Hazel schaute auf. Mitch zwang sich zu einem Lächeln. „Die würden es auch nur verbinden, und das habe ich schon getan“, sagte er in einem Ton, von dem er hoffte, dass er ihre Zweifel zerstreute.
Aber Becca war ganz außer sich. „Woher wollen Sie wissen, dass nichts gebrochen ist? Ich habe von Leuten gehört, deren gebrochene Rippen ihre Lungen durchbohrt haben …“
„Die Rippen sind nicht gebrochen.“ Mitch hob die Stimme, um sie zu übertönen. „Ich weiß, dass sie nicht gebrochen sind, weil ich eine medizinische Ausbildung absolviert habe.“
Er war von seinen Worten ebenso überrascht wie sie. Medizinische Ausbildung. Die Worte waren einfach so aus ihm herausgekommen, ohne dass er darüber nachgedacht hätte. Wow, war er etwa Arzt? Oder nur ein geschickter Lügner?
Was immer letztlich zutreffen mochte, es war ihm wenigstens gelungen, Becca von ihrem Vorhaben abzubringen, ihn ins Auto zu bekommen und zum Krankenhaus zu fahren.
„Hören Sie, ich habe wirklich bloß eine Prellung“, erklärte er, um seinen momentanen Vorteil zu nutzen. „Morgen früh, wenn ich mich
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