Mitch - Herz im Dunkeln
Rest des T-Shirts von seinem linken Arm.
Er löste den Verband selbst und wich ein Stück zurück. Er wappnete sich bereits gegen ihren Kommentar, der unweigerlich folgen würde.
„Du meinte Güte, das nennen Sie eine leichte Prellung?“ Sie klang fassungslos und hatte tatsächlich Tränen in den Augen.
„Ich habe Ihnen doch gesagt, es sieht schlimmer aus, als es ist.“ Er hoffte nur, dass sie nicht anfangen würde zu weinen. Wenn sie es täte, würde er sich nicht länger beherrschen können und sie an sich ziehen.
Entschlossen, ja beinahe grimmig, blinzelte sie gegen die Tränen an. „Das muss höllisch wehgetan haben! Es tut jetzt auch weh, selbst wenn Sie einfach nur so dastehen, stimmt’s?“
Sie war wütend auf ihn. Das war zwar immer noch besser als ihre Tränen des Mitleids. Aber wenn er nicht aufpasste, brachte ihn genau das letztlich doch noch ins Krankenhaus.
„Becca, ich schwöre, es ist wirklich nicht so schlimm“, sagte er ruhig und so gelassen er konnte – obwohl sein Puls von ihrer Berührung noch beschleunigt war.
„Schlimm genug, dass Ihnen der kalte Schweiß ausbricht.“ Mit dem Zeigefinger wischte sie einen Schweißtropfen von seiner Schläfe und hielt ihn Mitch beinah triumphierend unter die Nase.
Das war kein kalter Schweiß, sondern sehr heißer. Aber vermutlich war es besser, wenn sie das nicht wusste.
„Nicht zu fassen, dass Sie den ganzen Tag gearbeitet haben!“, fuhr sie fort und machte dabei keinen Hehl aus ihrem Unmut. „Ich kann es nicht fassen, dass ich Ihnen sogar beim Ausmisten zugesehen habe und keine Ahnung von Ihrer Verletzung hatte.“ Inzwischen war sie so wütend, dass ihre Stimme bebte. Sie ging in den hinteren Teil des Büros, wo sie mit abrupten Bewegungen eine der Schubladen aufzog und einen Schlüssel herausnahm. „Ab sofort schlafen Sie in Blockhütte Nummer zwölf. Sie können sie bis Ende nächster Woche nutzen. Danach müssen Sie bereit sein, wieder auszuziehen, falls Spontanurlauber auftauchen. Aber ich bezweifle, dass welche kommen werden. In den nächsten anderthalb Monaten sind wir noch nicht ausgebucht.“ Sie knallte den Schlüssel auf den Tresen. „Außerdem gebe ich Ihnen eine Woche frei.“
Er wollte etwas sagen, doch sie hob die Hand. „Bei voller Bezahlung“, fügte sie in solch grimmigem Ton hinzu, als hätte sie gerade eine Strafe von zwanzig Peitschenhieben über ihn verhängt. „Und wenn die Verletzung bis dahin noch nicht so weit ausgeheilt ist, dass Sie schmerzfrei arbeiten können, werde ich Ihnen eine weitere Woche freigeben. Aber vorher müssen Sie sich vom Arzt in der Stadt untersuchen lassen. Klingt das fair?“
„Ich weiß Ihre Großzügigkeit zu schätzen“, erwiderte Mitch. „Aber es ist nicht fair – Ihnen gegenüber. Sie haben ohnehin schon zu wenig Leute.“
Sie wirkte verblüfft, als hätte sie niemals erwartet, dass er das bedachte. „Ich werde Ihre Arbeit übernehmen.“
„Neben Ihren sonstigen Aufgaben?“
Das war verrückt, sie wusste es selbst. „Na dann … dann rufe ich eben Rafe McKinnon an. Er hat mir gesagt, er würde für ein paar Tage zu seinen Brüdern fahren, bevor er sich im Norden nach Arbeit umsieht. Ich werde ihm die Lohnerhöhung zahlen, die er verlangt hat. Er wird in null Komma nichts wieder hier sein. Er hatte nämlich eine echte Schwäche für Belinda …“
„Haben Sie nicht gesagt, der Besitzer der Ranch will nicht …“
„Ist mir vollkommen egal, was Mr Whitlow will“, schnitt sie ihm das Wort ab und kam hinter dem Tresen hervor. „Wenn ihm nicht passt, wie ich diese Ranch leite, kann er mich gern feuern.“
Mit funkelnden Augen und trotzig erhobenem Kinn sah sie aus, als könne nichts und niemand sie aufhalten. Wenn Mitch nicht aufpasste, würde sie ihn glatt überrumpeln. „Sie sagen das, als sei das etwas Gutes.“ Er versuchte ein Lächeln, um die Stimmung ein wenig aufzuhellen.
Ihre Miene blieb finster. „Ja, vielleicht wäre es das. Wenn ich zu feige bin, zu kündigen, muss ich ihn wohl dazu bringen, mich rauszuwerfen.“
„Es gibt einen Unterschied zwischen Feigheit und Vorsicht.“
Mitch hatte keine Ahnung, was geschah. Becca verstummte, aber sie kam immer näher. Und dann merkte er, dass er derjenige war, der sie bereits mit dem Rücken gegen den Tresen drängte. Er wurde einfach unwiderstehlich von ihr angezogen. Er nahm den Duft ihres Haars wahr, konnte jede einzelne Sommersprosse auf ihrer Nase erkennen und sah, wie die Pupillen ihrer wunderschönen
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