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Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Titel: Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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(s. Abb. 38).

    Abb. 38:
    Die «Feldherrnhügel» der Metakommunikation: Sender und Empfänger machen die Art, wie sie miteinander umgehen, zum Gegenstand des Gespräches.
    Das Bild des Feldherrnhügels soll nicht zu dem Missverständnis verführen, dass Sender und Empfänger hier wissenschaftlich-distanziert von einer hohen Warte das Geschehen analysieren, etwa in der Art: «Ich glaube, dass ich eher auf den nonverbalen Anteil deiner etwas inkongruenten Nachrichten reagiere und das Geschehen auf der Beziehungsebene anders interpretiere als du.» – Dies wäre eine akademische Spielart von Metakommunikation, aus der kein Heil zu erwarten ist (vgl. auch S. 298ff.).
    Zwar haben wir in den vier Seiten der Nachricht, in der Unterscheidung der Empfangsvorgänge und in der systemorientierten Betrachtungsweise ein hervorragendes Rüstzeug für die Fähigkeit zur Metakommunikation. Dieses Rüstzeug ist aber nur dann hilfreich, wenn wir es als Wahrnehmungshilfe benutzen, um bewusster mitzukriegen, was sich in mir und zwischen uns abspielt; nicht hingegen, wenn wir eine neue Imponiersprache der Eingeweihten daraus entwickeln. Gute Metakommunikation verlangt in erster Linie einen vertieften Einblick in die eigene Innenwelt und den Mut zur Selbstoffenbarung. Mut insofern, als das Thema «Was geht – hier und jetzt – in mir vor – wie erlebe ich dich und was spielt sich zwischen uns ab?» eine meist vermiedene direkte Konfrontation mit der oft als peinlich erlebten Realität darstellt. Als Preis winkt allerdings eine Befreiung von unausgedrückter Spannung und die Chance, aus der Störung dadurch herauszukommen, dass man wirklich «hindurchgegangen» ist.
    Hier noch einige Zitate zum Thema Metakommunikation:
«Die Fähigkeit zur Metakommunikation ist … eine Conditio sine qua non aller erfolgreichen Kommunikation …» (Watzlawick 1969, S. 56)
 
«Es scheint kaum eine kommunikative Verhaltensklasse zu geben, die die meisten Menschen so ungewohnt finden, so scheuen und doch so befreiend erleben können, wie ein Gespräch über die Beziehung, wie explizite Metakommunikation.» (Mandel und Mandel 1971, S. 127)
 
«Explizite Metakommunikation ist völlig unüblich, man schämt sich ihrer. Es würde geradezu einer Evolution gleichkommen, gelänge es, sie in der nächsten Generation zur Gewohnheit zu machen.» (Mandel und Mandel a.a.O., S. 62)
 
«Der einzige Ausweg (aus der Gefahr, daß Beziehungsstörungen in der Schule die Inhaltsvermittlung sabotieren, Verf.) liegt unseres Erachtens – analog zu dem dialektischen Satz: ‹Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um› – darin, daß man gerade durch die gestörten Beziehungen ‹hindurch› muß, um sie zu verändern, d.h., daß man lernen muß, Beziehungsdefinitionen und -störungen zu erkennen und darüber zu reden – dies wäre Metakommunikation –, um ihrer Wirkung nicht hilflos ausgeliefert zu sein.» (Brunner 1978, S. 63f.).
    Den Enthusiasmus, der aus diesen Zitaten spricht, kann wohl jeder nachvollziehen, der einmal erlebt hat, dass er durch das Aussprechen einer Störung (mit bangem Herzen! Wird man mich nicht auslachen oder «zerfetzen»?) die «Wahrheit der Situation» gefördert und eine befreiende, intensive Auseinandersetzung ausgelöst hat – anstatt, wie früher, die kommunikative «Unbehaglichkeit» stumm oder mit guter Miene zum bösen Spiel zu erleiden. Meist ging es ja allen so, nur wusste dies keiner vom anderen.
    Auf der anderen Seite gibt es keine Garantie, dass auf der Metaebene nicht dieselben Fehler gemacht werden. Die Störung erfährt nur eine Ebenen-Verlagerung. Dann ist es angebracht, einen Kommunikationshelfer hinzuzuziehen. Dieser versteht sich als Hebamme klarer «quadratischer» Nachrichten und als einfühlsamer Anwalt förderlicher Interaktionsregeln (s. S. 144f.).
    Zum Schluss ein Beispiel für eine Metakommunikation in einem Arbeitsteam. Ausgangspunkt ist ein «Funktionalitätsverdacht» (vgl. S. 66f.):
In dem Team hatte es sich so eingebürgert, dass unangenehme Aufgaben durch «Ausgucken» verteilt wurden, und in einer Mischung aus Ernst und Flachs wurde der «Dumme» mit viel Lob über seine «besonderen Fähigkeiten für gerade diese Aufgabe» entschädigt:
 
Kollege A: «Ich weiß nicht recht, ob ich mich über Ihr Lob freuen kann. Ich habe den Verdacht, dass wir jemanden immer dann hochloben, wenn wir einen Dummen gefunden haben.»
B (lacht): «Ob Sie da wohl von sich auf andere schließen?»
A:

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