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Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Titel: Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Grund ihrer Leistung in Aufsteiger und Absteiger einzuteilen, wird es für den Schüler lebenswichtig, auf der Selbstoffenbarungsseite eine gute Figur zu machen. Er ist tatsächlich umgeben von Richtern (Lehrern) und Rivalen (Mitschülern) – er muss «gut» sein und mehr noch: er muss besser sein als die anderen, um auf den «grünen Zweig» zu kommen.
    Was in der Schule besonders deutlich und besonders verhängnisvoll ist, gilt mehr oder minder für viele Lebensbereiche, gerade auch in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, worauf besonders Duhm (1972, S. 50) hinweist:
«Die Polarität Können–Nichtkönnen wird zum vorrangigen Urteilsschema in fast allen Lebensfragen, das Leben zu einem Ablauf von angsterregenden Bewährungssituationen … – Damit vertieft das Leistungs- (und Konkurrenz-)Prinzip die Kluft zwischen den Menschen, verfeindet sie gegenseitig und legt auch in die besten Beziehungen einen Bodensatz von Neid und Mißgunst.»
    Die Angst vor Richtern und Rivalen kommt also nicht von ungefähr. Darüber hinaus wird die Angst jedoch meist zu einem ständigen Lebensbegleiter und auch auf solche Situationen übertragen, die an sich keinen Wettbewerbs- und Tribunalcharakter tragen.
    2.
    Selbstdarstellung und Selbstverbergung
    Auf diesem gesellschaftlichen und persönlich-biographischen Hintergrund ist es zu verstehen, dass der Sender um seine Selbstoffenbarung immer ein wenig besorgt ist und ein Teil seiner Energien in die Gestaltung der Selbstoffenbarungsseite fließt. Die Vielzahl der Techniken, die ihm hierzu zur Verfügung stehen, lassen sich grob einteilen in Imponier- und Fassadentechniken. Imponiertechniken sind solche, die darauf abzielen, die eigene «Schokoladenseite» vorzuzeigen und Pluspunkte zu sammeln. Dieser durch Hoffnung auf Erfolg gekennzeichneten Strategie stehen die durch Furcht vor Misserfolg motivierten Fassadentechniken zur Seite: Damit sind solche gemeint, die geeignet sind, den «unansehnlichen» Teil der eigenen Person geheimzuhalten. – Schließlich trifft man zuweilen eine Form der Selbstdarstellung an, die dem bisher Gesagten zu widersprechen scheint: eine demonstrative Art, sich selbst kleinzumachen, sein Licht unter den Scheffel zu stellen.
    Im Folgenden wollen wir uns die Imponier-, Fassaden- und Verkleinerungstechniken genauer ansehen.
    2.1
    Imponiertechniken
    Die Sprache hat viele Begriffe, um des Senders Bemühen zu kennzeichnen, sich «von der besten Seite» zu zeigen: sich aufspielen, sich produzieren, angeben, selbstbeweihräuchern, Rad schlagen wie ein Pfau, Eindruck schinden usw. Zahlreich und sehr individuell sind auch die verwendeten Techniken. Allerdings steht der Sender vor einem Problem. Es gilt als plump und würde eher eine gegenteilige Wirkung erzeugen, die eigenen Vorzüge offen herauszustellen und allzu «dick aufzutragen». Außerdem gehört es selten «zur Sache».
    Also muss er sie unauffällig in den Sachinhalt (1. Seite der Nachricht) hineinweben. Eine Technik wird in Kap. B II, 2, S. 160f. erörtert werden: die schwer verständliche Sprache. Schwer verständliche Ausführungen dienen weniger dem Verständnis des Empfängers als dem eigenen Prestige («Ich verstehe kein Wort, aber es muss ein sehr kluger Kopf sein!»). Eine andere Technik besteht darin, hochwertige Personalmeldungen auf dem Kanal der Beiläufigkeit zu senden. Damit ist gemeint: über sich selbst ganz beiläufig und scheinbar ohne große Absicht etwas andeuten, was Eindruck macht. Etwa wenn jemand sagt: «Ich kann Ihnen da sehr zustimmen; wir hatten damals beim Bau unseres Hauses in Bangkok haargenau dieselben Schwierigkeiten.» Oder: «Was Sie da sagen, hat mein Freund Einstein in ähnlicher Form auch immer behauptet – ehrlich gesagt, ich sehe die Sache ein klein wenig anders.» Oder: «Auf den Intelligenzquotienten kann man nicht viel geben. Meiner liegt angeblich bei 131, aber ich stell mich oftmals ziemlich dämlich an.» – Scheinbar Beiträge zur Sache, liegt die Hauptbotschaft mehr auf der Seite der Selbstoffenbarung und besagt: «Seht her, wer ich bin, was ich habe, was ich kann!» Solche Imponierbotschaften beherrschen nicht nur Partygespräche; auch in Sach- und Arbeitsgesprächen wird vieles gesagt, um die eigene Hochwertigkeit und Kompetenz herauszustreichen. Eine gängige Technik dabei ist auch die Suche nach dem «Heimspiel-Vorteil». Damit ist gemeint: Das Gespräch auf solche Aspekte lenken, zu denen man viel Gescheites sagen kann, wo man sich sozusagen zu

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