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Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Titel: Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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ablehnend zu reagieren.
    4.1
    Vier Reaktionen des Empfängers auf einen Beziehungsvorschlag
    Haley (1978) unterscheidet vier Möglichkeiten des Empfängers, auf eine Beziehungsdefinition des Senders zu reagieren:

    Akzeptieren. Wenn der Empfänger die Verhaltensweisen des Senders als stimmig mit der Beziehung erlebt, wird er sich zustimmend verhalten. Beispiele: Ein erwiderter Gruß, ein Lachen über einen Witz, eine Antwort auf eine Frage; aber auch ein sachlicher Widerspruch oder die Weigerung, einer Aufforderung nachzukommen, kann eine Zustimmung auf der Beziehungsebene enthalten («zwar will ich nicht tun, was du willst, aber ich finde es ganz richtig und stimmig mit unserer Beziehung, dass du solche Forderungen an mich stellst»).

    «Durchgehen lassen». Hier stimmt der Empfänger der Beziehungsdefinition zwar nicht zu, aber er wendet sich auch nicht sichtbar dagegen. Er lässt sie durchgehen, verweigert aber seinerseits eine Bestätigung von der Art: «Ja, genauso sehe ich unsere Beziehung auch!» Beispiele: Eine Frau lässt sich von einem Mann berühren, ohne aber ihrerseits die Berührung zu erwidern. – Ein Lehrer reagiert sachlich auf eine herausfordernde, in der Formulierung freche Frage eines Schülers.

    Zurückweisen. Der Empfänger gibt hier klar zu erkennen, dass er dem impliziten Beziehungsvorschlag des Senders nicht folgt. Aus seinem Verhalten geht hervor: «Nein, so sehe ich unsere Beziehung nicht!» In Filmen früherer Jahrzehnte war es üblich, dass eine Frau die «Zudringlichkeit» eines Mannes mit einer Ohrfeige beantwortete. Oder jemand mag eine intime Frage mit der Rückfrage beantworten: «Was geht dich das an?» und auf diese Weise eine «Beziehungsabfuhr» erteilen.

    Ignorieren (= entwerten). Hier verweigert der Empfänger jede erkennbare Reaktion, signalisiert gleichsam: «Du bist Luft für mich» und entwertet auf diese Weise den Sender. So mag ein Gruß, ein Brief, eine Einladung ganz unerwidert, eine Frage ganz ohne Antwort bleiben.

    Abb. 66:
    Worüber A und B auch immer miteinander reden – wie auch immer sie sich begegnen oder meiden: Sie können nicht umhin, ihre Beziehung auszuhandeln.
    Der in Abb. 66 dargestellte Vorgang kann mehr oder minder klar und deutlich ausfallen. Natürlich bemühen sich Sender und Empfänger häufig, sich um klare Botschaften herumzudrücken und die zuweilen heikle Beziehungsfrage im Kommunikations-Nebel verschwimmen zu lassen.
    Und so gibt es allerlei Tricks, um eine eindeutige Beziehungsdefinition zu vermeiden. Zum Beispiel wenn ich jemandem, den ich kenne, auf der Straße begegne, muss ich mich für eine Beziehungsdefinition entscheiden: Grüßen oder nicht grüßen, stehenbleiben oder weitergehen, ansprechen oder nicht und wenn ja – wie? – Ich kann die Beziehungsdefinition vermeiden, wenn ich – «gedankenverloren» – so tue, als bemerkte ich den anderen nicht. Oder ich kann eine Einladung mit Hinweis auf einen «wichtigen Termin» ausschlagen. Oder ich kann das, was ich sage, durch einen inkongruenten Tonfall (vgl. S. 41) sogleich wieder dementieren usw. – Im Erfinden von Kunstgriffen zur Vermeidung eindeutiger Beziehungsdefinitionen sind wir sehr schöpferisch. – In einer hochinteressanten Analyse interpretiert Haley schizophrene Symptome als den konsequenten Versuch, die Beziehungen nicht zu definieren (Haley 1978, S. 113ff.).
    4.2
    Drei Grundarten von Beziehungen
    Die Vielfalt möglicher Beziehungen zwischen A und B lassen sich (nach Haley 1978) in drei Grundkategorien einteilen:

    Symmetrische Beziehungen. Symmetrisch ist eine Beziehung dann, wenn beide Partner dem anderen gegenüber das gleiche Verhalten zeigen können. Etwa wenn beide Vorschläge machen, den anderen kritisieren, ihm Ratschläge geben können.

    Komplementäre Beziehungen. Komplementär ist eine Beziehung dann, wenn A andere Verhaltensweisen zeigt als B, die beiden Verhaltensweisen sich aber ergänzen und gleichsam aufeinander zugeschnitten sind: Der eine fragt, der andere antwortet; der eine lehrt, der andere lernt; der eine befiehlt, der andere gehorcht. Meist impliziert die Unterschiedlichkeit eine Art von Überlegenheit und Unterlegenheit, der eine hat die Oberhand, der andere die Unterhand.

    Metakomplementäre Beziehungen. Zunächst scheint es so, als könne es nur symmetrische und komplementäre Beziehungen geben. Die Sache wird kompliziert, wenn wir an Situationen denken, in denen A seinen Partner B dazu bringt, über ihn zu verfügen oder ihn

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