Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
Kommunikationsberatung und (generell) durch innere Teamentwicklung verbessert werden. – Dieser folgenschwere erste Satz soll in diesem sechsten und letzten Kapitel mit Sinn und Vorstellung gefüllt werden.
Stimmige Kommunikation enthält einen doppelten Auftrag, der mir die Übereinstimmung mit mir selbst und mit dem Gehalt der Situation abverlangt. Worin aber besteht der Gehalt einer Situation? Wie ist er zu bestimmen? Ergibt er sich aus objektiven oder aus subjektiven Kriterien? Und wonach bestimmt sich die Entsprechung von Kommunikation und Situation?
6.1
Die Entsprechung von Kommunikation und Situation
Dies sind keine leichten Fragen, und wer in der Kommunikation und im Umgang mit Menschen alles «richtig» machen will, muss nahezu verzweifeln, wenn er dahinterkommt, dass diese sich nicht aus den gegebenen Bestimmungsgrößen quasi mathematisch oder logisch oder psychologisch ableiten lassen – oder doch? Gelungene Kommunikation ist das Resultat eines Wechselspiels, ich habe es nie allein in der Hand (oder im Mund), und manchmal verpufft ein «guter» Beitrag, ebenso wie ein «schlechter» etwas Gutes auslösen kann. Dennoch ist nicht alles beliebig oder nur durch Versuch und Irrtum zu finden: Es gibt klare Gütekriterien, die es anzustreben lohnt, weil ein «guter» Beitrag zur Kommunikation ihr Gelingen wahrscheinlicher macht.
Diese Gütekriterien liegen in den Besonderheiten einer Situation verborgen, sie wollen entdeckt, «erspürt» werden. So kann sich die Verzweiflung in Suchfreude verwandeln, kann der situative Spürsinn mit der Zeit reifen, kann sich das Gefühl für Stimmigkeit oder Unstimmigkeit in uns zu einem Seismographen verfeinern, können wir lernen, die einer Situation innewohnende Logik herauszuarbeiten und unser kommunikatives Handeln darauf einzustellen.
Ein situatives Gespür haben wir alle, auch wenn es uns auf unübersichtlichem Gelände abhanden kommen kann. Schaudernd lachen wir über den Kabarettisten Jürgen von Manger, wenn er als Henker dem Delinquenten vor der Hinrichtung ebenso treuherzig wie vertraulich von seinen beruflichen Alltagssorgen und von den schlechten Verkehrsanbindungen zur Haftanstalt erzählt («Ich mein’, damit haben Sie ja nun nix mehr zu tun …»): ein durch und durch nettes Verhalten, aber in dieser Situation will und will es nicht passen. Dieses Extrembeispiel bietet den didaktischen Vorteil, dass sofort deutlich wird: Die innere Mannschaftsaufstellung (mit der treuherzigen Plaudertasche als Spielführer) stimmt hier nicht, sie ist «daneben». Im wirklichen Leben ist die Verfehlung eines situativen Gehalts oft deutlich zu spüren, aber nicht mit absoluter Trennschärfe zu markieren. So berichtet eine Flughafenangestellte: «Uns wurde beigebracht, mit aufgebrachten Fluggästen angemessen umzugehen, zum Beispiel bei Flugverspätungen oder wenn ein Koffer nicht angekommen war. Zum Teil muss man sich dann schlimmste Beleidigungen und Beschuldigungen anhören. Wir lernten, darauf erstens sachlich und zweitens freundlich einzugehen, keinesfalls beleidigt oder aggressiv. Diese Reaktionsweise gefiel mir gut. Sie machte mich unangreifbar und überlegen. Als ich damit begann, in dieser Weise auch auf meine Freunde zu reagieren, nämlich betont sachlich und stets mit einem Lächeln, wäre ich sie beinahe losgeworden.» Die innere Aufstellung, die in der einen (professionellen) Situation adäquat erscheint, wird in der anderen (privaten) Situation zu Recht als «daneben», als «Abfertigung» empfunden. Die Freundschaft lebt von der authentischen Auseinandersetzung; die Frage «Wie stehen und wie fühlen wir zueinander?» berührt ihren Lebensnerv. Am Flughafenschalter geht es darum aber überhaupt nicht. – Oder nehmen Sie den Vater, der als leitender Angestellter gewohnt ist, Probleme auf die schnellste Weise «einer effektiven Lösung zuzuführen». Wenn er mit dieser inneren Mannschaftsaufstellung abends den ehelichen Dialog bestreitet, kann es schiefgehen, obwohl er es wirklich gut meint:
Mutter: Stephan hat wieder eine Fünf geschrieben, ich mache mir allmählich Sorgen …
Vater: Gut, also erstens: Gespräch mit der Lehrerin, bitte Terminabstimmung vornehmen. Zweitens: Disziplin und Arbeitsmoral als Werte stärker implementieren …
Mutter: Drittens lasse ich mich scheiden!
Vater: Bitte, Carlotta, auch von deiner Seite etwas mehr Gesprächsdisziplin, sonst kommen wir hier nicht weiter!
Oder nehmen wir einen anderen Bereich: Vielfach wird
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