Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
sagen!»; s. Abb. 86).
Abb. 86:
Beispiel für den (wünschenswerten) Wandel innerer Aufstellungen in Abhängigkeit von der Situation – hier: Leiter von Teambesprechungen in den ersten beiden Phasen (in Anlehnung an Becker 1994)
Integrationsphase: Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo alles Wichtige gesagt ist, die Interaktionsdynamik zwar weiter in Schwung bleibt, aber keine neuen Gesichtspunkte und Einsichten mehr zutage fördert. Eben noch non-direktiver Moderator , soll der Leiter nun als Machthaber des Geschehens auftreten, den Prozess stoppen und in eine neue Phase überführen: die Phase des Bilanzierens und Integrierens. Wieder ein innerer Wechsel seiner Mannschaftsaufstellung: Jetzt wird eine ordnende Hand gebraucht, jemand, der das Gesagte einordnet, strukturiert, miteinander in Beziehung setzt und (entweder) den Grundkonflikt herausarbeitet und (oder) den konsensuellen Tenor auf den Punkt bringt. Wichtig aber in dieser Phase, dass die ordnende Hand auf der inneren Bühne nicht allein auf weiter Flur steht – sie wäre in Gefahr, von der entfachten Dynamik der vorangegangenen Phase «weggepustet» zu werden. An ihrer Seite braucht sie einen Leibwächter, einen Wächter der Disziplin , welcher bei Wiederaufleben der Dynamik nun für Ruhe und Sachlichkeit sorgt und notfalls nachdrücklich durchgreift. Auch hier wieder: Wenn der Leiter nicht «alle beisammen hat», kann er nicht situationsgerecht führen.
Umsetzungsphase: Angenommen, man ist zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen. Nun kommt es letztlich darauf an, das Ergebnis der Aussprache in entsprechende Handlungen umzusetzen. Ein strukturgebender Planer betritt die Bühne, begleitet von einem notfalls unerbittlichen Kontrolleur : Er stellt die Frage oder legt fest, woran der Vollzug gemessen wird und was geschehen soll, wenn das Beschlossene nicht eingehalten wird.
Wir werden gewahr, dass jeglicher Geschehenswandel uns eine beträchtliche personale Bandbreite und eine flexible Umstellungsfähigkeit abverlangt. Ein Mitglied meines Inneren Teams, das eben noch goldrichtig war, kann wenige Momente später zur Fehlbesetzung werden. Dass ich hier als Beispiel ein Phasenmodell gewählt habe, ist nicht ganz zufällig: Die Gliederung von Geschehensabläufen in Phasen dient nicht nur dazu, im uferlosen Ereignisstrom ein Minimum an Übersicht zu ermöglichen, sondern auch, um die Verknüpfung von Ereignis und adäquater Bewältigung zu erleichtern und den Moment für die innere Umstellung zu markieren. Für den Säugling haben wir (idealerweise) eine andere innere Aufstellung als für das Kleinkind in der «Trotzphase»: Der Fürsorgliche in uns muss sich jetzt mit einem neuen Mitglied verbinden und verbünden, das klare Grenzen setzt. Dies zu wissen ist das eine, es auch innerlich (rechtzeitig) hinzukriegen das andere. [8]
Auch andere Phasenlehren eignen sich, um bei inneren Auf- und Umstellungen behilflich zu sein. So werden in der Verarbeitung von Krisen und Schicksalsschlägen mehrere Phasen unterschieden (Kast 1989). Beispielsweise ist die erste Phase oft durch Schock und Verleugnung charakterisiert («Das ist nicht wahr!»), die Betroffenen lassen die schlimme Nachricht noch nicht (ganz) an sich herankommen. In dieser Phase sollte der Helfer, zum Beispiel der Arzt, seinen medizinischen Aufklärer von der Bühne abtreten lassen – die Patienten hören nur scheinbar zu.
Neben der personalen Bandbreite und der flexiblen Umstellungsfähigkeit ist eine dritte Qualifikation gefordert, um eine adäquate innere Aufstellung zu ermöglichen: ein Wissen bzw. ein Gespür, welche Teilmannschaft in welcher Situation gebraucht wird, um alle beisammen zu haben – mit anderen Worten: ein situationslogisches Verständnis . Damit kommen wir zum nächsten Abschnitt.
6.2
Zur Wahrheit und Logik menschlicher Situationen: ein Modell
Da ich vor allem in meinen ersten Berufsjahren immer wieder die Besonderheiten einer Situation verkannt habe und in meinem Verhalten deshalb daneben lag, musste ich mir ein Modell erfinden, um diesen Besonderheiten auf die Spur zu kommen. Es ist einfach, schnell handhabbar, fast banal – und doch in seiner realen Anwendung oft von einer klärenden Kraft, manchmal von erheblicher Brisanz, wenn damit unausgesprochene Tabus spruchreif werden.
Dieses Modell enthält vier Komponenten: einen Eingangs- und einen Ausgangskanal sowie einen Doppelbauch in der Mitte (s. Abb. 87).
Der Eingangskanal steht für die Vorgeschichte und
Weitere Kostenlose Bücher