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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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seelischen Team ziehen lassen.
    Hier wie dort, draußen wie drinnen müssen Chef und Team miteinander leben und auskommen; langjährigen Mitarbeitern kann schlecht gekündigt werden, und einen schwachen Chef wird man auch so leicht nicht los. Hier wie dort ist der Teamchef , das Oberhaupt , wie wir es nennen werden, gut beraten, mit jedem seiner Mitarbeiter intensiven Kontakt aufzunehmen und jedem aufmerksam zuzuhören, wenn er sich, auch ungerufen, zu Wort meldet. Nur wer sich wahrgenommen, gewürdigt und berücksichtigt fühlt, nur wer sein «Mitspracherecht» erfüllt sieht, wird zum Gelingen des Ganzen beitragen wollen und können, wird gegebenenfalls Kompromisslösungen mittragen. Wer sich hingegen übergangen fühlt, un-erhört bleibt, wird sich rächen, sich unerhört aufführen – wird, wie wir in Kapitel 4 sehen werden, sich womöglich an der Gründung einer «Untergrundbewegung» beteiligen. Hier wie dort ist das Kräfteverhältnis und das Zusammenspiel zwischen Chef und Untergebenen kompliziert und labil. Beide Extreme kommen vor: dass ein Oberhaupt seine Mitarbeiter unterdrückt und mundtot macht, ihre freie Entfaltung mit der repressiven Macht dessen unterbindet, der große Angst vor Chaos und Kontrollverlust hat: Wehe, wenn sie losgelassen … – Oder das andere Extrem: dass die Mitarbeiter oder einige von ihnen den Gehorsam aufkündigen und ihrem Chef auf der Nase herumtanzen. Will eine Führungskraft zwischen Skylla und Charybdis, zwischen den Extremen hindurch, muss sie, hier wie dort, die Eigendynamik vitaler und «unbequemer» Mitglieder zulassen, aushalten, ja sogar provozieren, und gleichzeitig diese Dynamik in geordnete Bahnen lenken und für gemeinsame Ziele fruchtbar werden lassen. Hier wie dort kein leichtes Kunststück, denn das Mitspracherecht aller darf nicht in eine ewige Quasselbude ausarten, die respektierten und willkommenen Unterschiede dürfen nicht zu ewigen Konflikten führen. Denn eines ist – hier wie dort – sicher: Es werden nie alle ein Herz und eine Seele sein, unweigerlich wird es zu massiven Teamkonflikten kommen. Diese können entsetzliche Beeinträchtigungen mit sich bringen, hier drohen Lähmung und Zerfall, droht das Aufbrauchen von Energiereserven für die inneren Angelegenheiten. Dem Oberhaupt obliegt jetzt das Konfliktmanagement, im Seelen- wie im Arbeitsleben. Konflikte können produktiv ausgetragen werden, wenn es eine (innere) Streitkultur gibt, in der Gegensätze offen zur Sprache kommen, nötigenfalls vehement ausgetragen werden, aber im Geiste einer Wertschätzung des Meinungsgegners, die immer unterstellt, der andere könnte, wenn er auch nicht im Ganzen recht hat, doch einen kleinen Zipfel der Wahrheit zu fassen haben, den es durch gutes Zuhören zu erobern lohnt (s. Kapitel 3).
    So kann aus der Not eine Tugend werden. Die Chance liegt in Teambildung und Teamentwicklung , in der streitbaren und synergetischen Vereinigung hochentwickelter Teilkräfte, welche das Ganze zu viel mehr und zu etwas ganz anderem macht als nur zur Summe seiner Teile. Ein Team , wenn es diesen Namen verdient und nicht bloß eine zusammengewürfelte Gruppe oder einen zerstrittenen Haufen darstellt, zeichnet sich durch das geordnete und sich ergänzende Zusammenspiel von Mitgliedern mit unterschiedlichen Qualitäten und Kompetenzen aus. Die Konsequenz ist dann, dass die gemeinsam erbrachte Leistung von besserer Qualität ist, als wenn man die Einzelbeiträge lediglich addiert hätte. Entscheidende Voraussetzung für diese Leistungsfähigkeit ist eine nach den Regeln der Kunst gestaltete Beachtung, Beherrschung und Entwicklung der zwischenmenschlichen Dynamik, sodass ein Teamgeist entstehen und sich erhalten kann.

    Die Begriffe «Teambildung» und «Teamentwicklung» unterscheide ich in folgender Weise: «Teambildung» ist auf eine konkrete Situation und Aufgabe bezogen, sie ist zum Beispiel vom Leiter einer Sitzung zu leisten, in der unterschiedliche Teilnehmer zusammengekommen sind. Ganz entsprechend ist eine innere Teambildung zu schaffen, wenn ein Mensch sich einer konkreten Situation oder Aufgabe gegenübersieht, wie unsere Studentin im Musterbeispiel (S. 26ff.) oder unsere Reaktion auf den Bettler (S. 47ff.) oder Goethe bei der Arbeit am «Faust» (S. 69ff.). Das nächste Kapitel handelt von Methoden des Oberhaupts, diese punktuelle innere Teambildung zu organisieren. – «Teamentwicklung» dagegen ist ein situationsübergreifendes Langzeitprojekt mit all seinen

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