Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
ja das Heft normalerweise recht fest in der Hand. Ohne Bruder Faulpelz wären wir nur noch am Wirbeln!
Pflicht: Arme Tante Anni!
Oberhaupt: Ich stimme dir im Prinzip völlig zu, dass unser Besuch überfällig ist – und ich finde gut, dass du mich erinnert hast.
Faulpelz: Jetzt waren wir so lange nicht da, da kommt es auf ein paar Tage auch nicht mehr an!
Oberhaupt: Nein, Faulpelz, so beliebig ist das nicht, da hat Pflicht völlig recht. Aber (an Pflicht) wärest du einverstanden, wenn wir es heute noch einmal verschieben?
Pflicht: Du musst es vor deinem Herrgott verantworten!
Oberhaupt: Der Herrgott wäre, soweit ich ihn kenne, einverstanden. Aber du wirst mir mit schlechtem Gewissen die Hölle heiß machen, so wie ich dich kenne. Deswegen ganz direkt gefragt: Unter welcher Bedingung wärst du allenfalls bereit zu verschieben?
Pflicht: Allenfalls, wenn wir sofort einen verbindlichen Ersatztermin in den Kalender eintragen. Sonst schiebt ihr es mit vereinten Kräften auf die lange Bank!
Oberhaupt: Guter Vorschlag! (Zum Gesundheitsexperten:) Wann, denkst du, sind wir wieder fit und für Tante Anni keine Ansteckungsgefahr mehr?
Gesund-Ex: In vier bis fünf Tagen, schätze ich.
Oberhaupt: Also Freitagnachmittag 17 Uhr trage ich ein.
Faulpelz: Freitags bin ich immer so erschossen!
Oberhaupt: Du bist jetzt still und genießt deinen freien Nachmittag! Und keine Sorge! Am Freitag werde ich dir einen kleinen Tritt geben, der macht müde Männer munter, weißt du?
Pflicht (kriegt wieder etwas Oberwasser): Ja, so kommen wir gut miteinander aus!
Ende der Teamkonferenz
Im wirklichen Leben kann es genau so und doch ganz anders ablaufen. Die «Beiträge» kommen nicht so wohlformuliert, vielleicht überhaupt nicht derart sprachlich ins Bewusstsein – vielmehr sind es Gedanken- und Gefühlsfragmente, die durch die Seele huschen. Manches aktualisiert sich gleichzeitig, was in unserer Beispielkonferenz schön der Reihe nach geäußert wird. Dennoch meine ich, dass das Geschehen in unserem Inneren genau diesen Konferenzcharakter mit mehreren Beteiligten aufweist.
Und die Rolle des Oberhaupts darin? Das Oberhaupt zeigte sich von mehreren Seiten: Es hörte zu, nahm auf, ließ sich beeindrucken. Aber es griff auch ordnend und zurechtweisend ein, es entschied von einer reflektierenden Metaposition über die Angemessenheit und Unangemessenheit von Beiträgen. Und es war um eine Lösung bemüht, die möglichst viel von der in den Beiträgen enthaltenen Substanz zu berücksichtigen suchte. Es kannte seine Pappenheimer, nahm eine wohlwollende und würdigende Haltung ihnen gegenüber ein, wusste ihre Macht einzuschätzen, ließ sich von ihnen aber nicht willenlos auf der Nase herumtanzen, war der inneren Dynamik nicht erlegen, sondern blieb steuernder Moderator des Geschehens.
Mit dieser Beschreibung ist ein Ideal angedeutet, das real oft nicht erfüllt wird. Viele Erfahrungsberichte gehen in die Richtung: «Oft habe ich das reinste Chaos in mir, ein Getümmel, in dem jeder jeden bekämpft und die lauten Schreihälse manchen leisen Botschafter mundtot machen.»
Bevor wir der Frage weiter nachgehen, wie das Oberhaupt vermittelnd, ordnend und ermutigend eingreifen kann, hier zunächst noch ein zweites Musterbeispiel für eine innere Teamkonferenz. Ging es eben um eine gute Entscheidung , so geht es jetzt um eine angemessene Kommunikation .
Der Diplomat und der authentische «Geradeheraus»
Dies ist ja eine der Kardinalfragen der zwischenmenschlichen Kommunikation (vgl. «Miteinander reden 2», S. 51f.): Wie kann ich jemandem gegenüber «offen und ehrlich» sein, ohne ihn übermäßig zu verletzen und zu verprellen, ohne mir selbst unnötige Blößen zu geben? Immer wieder müssen der Authentische und der Diplomat sich an einen Tisch setzen, um die Äußerung gemeinsam so zu entwerfen, dass sie sowohl dem Inneren entspricht als auch für den anderen verträglich ist und eine Aussicht auf Wirkung hat. Zwar gibt es Begegnungen und Augenblicke, in denen der Diplomat in den Hintergrund treten kann, und es gibt umgekehrt Situationen, in denen er gar nicht vorsichtig und abwägend genug sein kann und jedes Wort auf die Goldwaage legen sollte. Und einerseits gibt es Menschen, bei denen sich der «Volldiplomat» als ewiger Stammspieler vorn breitmacht und niemanden neben sich duldet; andererseits gibt es solche, die nicht anders als immer nur «geradeheraus» sein können und den Diplomaten dringend bräuchten. Mit anderen Worten: Die
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