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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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wenn ein nachbarschaftlicher Notfall eintritt). Das Wichtige ist, dass ich mein Augenmerk energiesparend auf diese situativen Besonderheiten richten kann und nicht immer wieder mit der Gesamtmenge der inneren und äußeren Faktoren konfrontiert bin.
    Die innere Klarheit ist die Grundlage menschlicher Souveränität. Daher ist zum Beispiel in der Schulung von Führungskräften wichtig, dass solche integrierten Antwortmuster auf wiederkehrende Standardsituationen, die einen inneren Teamkonflikt nahelegen, erarbeitet werden, zum Beispiel: «Was tue ich bei Verdacht auf Alkoholismus bei einem meiner (besten) Mitarbeiter?»
    Ich sage bewusst erarbeitet werden. Denn wer diesen Prozess der Auseinandersetzung mit sich selbst und mit der Rolle scheut und auf die Fertigwaren der Ratgeber vertraut, bleibt ein armer Wicht und ist von souveräner Professionalität ebenso weit entfernt wie von menschlicher Integrität.

    Wir haben fünf Möglichkeiten betrachtet, wie das Oberhaupt den Kontakt zu seinem Gegenüber gestalten kann, wenn und solange in seinem Team eine nennenswerte Uneinigkeit über die geeignete Reaktion herrscht. Dies sind prinzipielle Möglichkeiten, die wir hier idealtypisch auseinanderhalten. In der alltäglichen Praxis werden sich diese Reaktionsweisen mischen, ergänzen und gegenseitig durchdringen. Jedenfalls ist es günstig, sie alle im Repertoire zu haben und sich für alle fünf eine prinzipielle Erlaubnis auszustellen.

2.3
    Mit sich selbst in Einklang kommen: Teamkonferenz und innere Ratsversammlung
    Im Angesicht schwieriger Fragen, die meine Antwort und Stellungnahme herausfordern, und im Fall innerer Pluralität und Uneinigkeit besteht die Aufgabe des Oberhaupts in der Einberufung und Durchführung einer inneren Teamkonferenz: Keine der fünf beschriebenen Reaktionstypen kam ohne diesen Versuch aus, durch Aussprache zu einer Vereinbarung zu gelangen. Die Varianten ergaben sich nur daraus, ob die Konferenz offen oder verdeckt, im Kontakt selbst oder im stillen Kämmerlein stattfand.
    Wie vollzieht sich eine solche Teamkonferenz? Bei kleineren Anlässen dauert das Selbstgespräch nur wenige Sekunden oder Minuten – es beginnt ganz von selbst und bedarf keines bewussten Eingriffs. Um die Rolle des Oberhaupts zu verdeutlichen, hier zwei kleine Alltagsbeispiele: Im ersten («Tante Anni») geht es um eine Entscheidungsbildung, im zweiten («Authentisch oder diplomatisch?») um die Hervorbringung einer angemessenen Kommunikation.
    Tante Anni

Mitwirkende:
ein Pflichtbewusster (kurz «Pflicht»),
ein Faulpelz,
ein Gesundheitsexperte (kurz Gesund-Ex),
das Oberhaupt.
Ein Mensch plant seinen Nachmittag. Unversehens gerät er dabei in folgende (innere) Diskussion:
 
Pflicht (zum Oberhaupt): Heute müssen wir aber unbedingt mal wieder Tante Anni im Krankenhaus besuchen!
Faulpelz: Lust hab ich nicht, ehrlich gesagt!
Pflicht: Mal wieder typisch: Deine Bequemlichkeit geht dir über alles; hast du mal dran gedacht, wie Tante Anni dort tagein, tagaus einsam im Bett herumliegt? Und wir waren in all den Wochen erst ein ein-zi-ges Mal – ich wiederhole: ein einziges Mal – bei ihr!
Faulpelz: Ich sag ja nur! Außerdem fühle ich mich heute nicht so besonders.
Gesund-Ex (springt dem Faulpelz bei): Tatsächlich, der Hals! Da ist eine dicke Erkältung im Anzug. – Vielleicht wirklich kein guter Besuchstag: Sie könnte sich anstecken.
Pflicht: Ach was!
Faulpelz (spitzbübisch): Nicht «ach was!» Das ist doch echt kein Liebesdienst, wenn Anni sowieso schon krank ist und dann auch noch eine Grippe kriegt, nur weil wir ihr als lebende Bakterienschleuder unbedingt das Händchen halten mussten! Das ist kein Besuch, das ist ein Attentat!
Pflicht: So weit kommt es noch, dass du deinen Egoismus auch noch als Rücksicht ausgibst, du alter Spitzbube!
Oberhaupt (greift ein): Gut, ein Spitzbube ist er. Aber ich möchte nicht den Gesundheitsexperten übergehen, nur weil sein Hinweis dem Faulpelz in den Kram passt. Die Gefahr, dass wir sie unnötig anstecken, ist vielleicht wirklich nicht von der Hand zu weisen.
Faulpelz: Eben!
Oberhaupt: Vielleicht meldet sich Faulpelz auch darum so deutlich, weil es uns wirklich nicht so gut geht.
Faulpelz: Ganz genau!
Pflicht: Der hätte sich auch sonst gemeldet! Der meldet sich immer, wenn er auf irgend etwas keinen Bock hat!
Oberhaupt (zum Pflichtbewussten): Trotzdem, hack auf dem Faulpelz nicht so herum! Er hat seine Verdienste, denn du und deine pflichtbewussten Mannschaftskameraden, ihr habt

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