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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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absagte, habe sie diese Kontaktstörung für sich selbst ergründen wollen und habe ihre eigene innere Teamkonstellation während des Gesprächs rekonstruiert (s. Abb. 35).
    Die Selbstsüchtige meldet sich deutlich und laut: «Solange ich selber kein Kind habe, sehe ich es nicht ein, mich durch die Rhythmen eines Kindes tyrannisieren zu lassen – jedenfalls nicht am Heiligen Abend!»

    Abb. 35:
    Innere Teamkonstellation während des Telefongesprächs
    Die verlässliche Freundin ist tugendhaft und spricht mit mahnendem Zeigefinger: «Verabredungen kann man nicht nach Lust und Laune einfach absagen! Von einer Freundin würde ich doch auch erwarten, dass sie mich nicht plötzlich fallen lässt!»
    Die große Schwester fühlt sich für den «kleinen Bruder» verantwortlich: Der soll es doch Weihnachten schön haben, besonders wenn er extra von Berlin nach Hamburg kommt.
    Die Gesellschaftswissenschaftlerin ist kinderfreundlich eingestellt (und schaut mit strafendem Blick auf die «kinderfeindliche und kleinkarierte» Selbstsüchtige ): «Wie es mit der Welt weitergehen wird, hängt nicht zuletzt davon ab, wie wir die Kinder hier willkommen heißen und bereit sind, uns auf sie einzustellen!»
    Nach außen hin laviert eine Kontaktmanagerin (vgl. Abb. 19, S. 91), die einen zerstrittenen Haufen hinter sich weiß (oder nur ahnt?) und mit dem das Oberhaupt offenbar identifiziert ist.

    Ich möchte an dieses Beispiel einige Gedanken und Kommentare knüpfen:
    1. Eine «innere Ratsversammlung» (mit dem Ziel, durch Teamarbeit zu einer klaren inneren Vereinbarung zu gelangen) hat noch nicht stattgefunden. Zu Beginn einer solchen wäre es notwendig, auf die Abwertung in der Namensgebung der Selbstsüchtigen aufmerksam zu werden. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Oberhaupt der jungen Frau mit einem anderen ihrer altruistischen Teammitglieder derart identifiziert und verschmolzen ist (s. Kapitel 2, S. 123ff.), dass es die eigenen Interessen nur mit der Brille dieser Altruistin wahrnehmen kann und dann gezwungen ist, diesen auf sich selbst bedachten Anteil in einer Art moralischer Vorverurteilung abqualifizierend zu benennen. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, müsste sie erst einmal ihr Oberhaupt von der Altruistin abgrenzen (vgl. S. 128f.). Denn für die Ratsversammlung gilt der Grundsatz: «Heiße jeden so willkommen , wie er kommen will !» – und dazu gehört die Verleihung eines ehrbaren Namens (s. dazu auch S. 250ff.!).

    2. Das Oberhaupt hat, zusätzlich zu den Moderationsaufgaben, auch die Aufgabe, den einzelnen Mitgliedern Gewicht und Bedeutung zuzuweisen . Jede Stimme ist erst einmal willkommen und wird gehört. Aber nicht jede Stimme ist für eine gegebene Situation von gleicher Bedeutsamkeit und Adäquatheit – dieses große Thema kommt noch auf uns zu (Kapitel 6). Hier reicht der Hinweis, dass das Oberhaupt aus einer reflektorischen Distanz zum Beispiel folgende Fragen stellen und beantworten sollte:
     
Ist es legitim und situationsgemäß, dass ich (auch) an mich denke und ein Weihnachten nach meinem Geschmack ersehne?
Ist es angemessen, dass ich mich noch immer für das Weihnachtsglück meines «kleinen» Bruders zuständig fühle?
Welche Bedeutung kommt der kinderfreundlichen Gesellschaftswissenschaftlerin in dieser konkreten Situation zu? usw.
    Möglicherweise kommt es dadurch auch zu einer Umverteilung der Verantwortung, die bis jetzt in der jungen Frau allein versammelt scheint – etwa durch eine Nachricht an ihren Bruder: «Ich bin mit Karla verabredet, du bist trotzdem herzlich willkommen. Allerdings hier eine Vorwarnung: Es könnte mit ihrem Baby etwas nervig werden. Entscheide, ob du unter diesen Umständen kommen willst.»

    3. Ihr Oberhaupt muss vorentscheiden, ob sie die Entscheidung für sich treffen will oder im Kontakt mit Karla. Im zweiten Fall dürfte sie mit innerer Vor klärung , aber ohne Vorentscheidung ins Gespräch gehen und müsste ihre innere Pluralität offenlegen («Einerseits habe ich mich drauf gefreut und möchte auch zu der Vereinbarung stehen, andererseits sind mir seit dem letzten Besuch Zweifel gekommen, und zwar …») – entsprechend der Methode 2 (S. 86ff.). Dieses Vorgehen enthält zwei Chancen und eine Gefahr. Die eine Chance besteht darin, dass die Freundin die Wichtigkeit offenbaren kann, die das Treffen für sie hat – und damit zur inneren Gewichtung im Entscheidungsteam beitragen kann. Denn das Gewicht, das die verlässliche Freundin in

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