Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
Die Mitarbeiter(innen) sollen sich darüber im Klaren sein, wie ihre Leistung, ihr persönliches Auftreten, ihre Teamfähigkeit usw. eingeschätzt, wo sie als tüchtig erkannt und anerkannt werden, wo sie sich verbessern sollten etc. In der Praxis ist regelmäßig zu beobachten, dass Vorgesetzte von dieser segensreichen Einrichtung nur sehr «halbherzig» Gebrauch machen, sich wo immer möglich davor drücken. Die Abteilung Personalentwicklung zieht daraus meist den Schluss, dass die Vorgesetzten ungeübt seien, solche Gespräche zu führen, und bietet entsprechende Kurse in Gesprächsführung an, um sowohl Kompetenz als auch Motivation zu erhöhen. Diese Maßnahme greift dann zu kurz, wenn der Kursus sich allein auf die Einübung von Gesprächstechniken konzentriert und die innere (zum Teil unbewusste) Ausgangslage außer Acht lässt. Da zeigt es sich nämlich, dass das Innere Team ein diffus zerstrittener Haufen ist, in dem ein gesprächsbereiter Feedback-Geber von ganzen Heerscharen innerer Bedenkenträger umgeben ist, die durchaus beachtenswerte Kalküle zu Protokoll geben (s. Abb. 38).
Einer sagt zum Beispiel: «Bloß nicht die verdiente Kritik üben – ich muss mit ihm schließlich weiter auskommen – ‹wegloben› kann ich ihn dann auch nicht mehr!» Ein anderer: «Bloß nicht zu viel loben und anerkennen, dann kann er daraus Forderungen ableiten!» Ein Dritter vielleicht: «Bloß nicht die Sache xy berühren, dann bekomme ich wieder den Konflikt serviert, bei dem ich schon einmal in Bedrängnis geraten bin! Tu ich dir nichts – tust du mir nichts! Ich werde einen Teufel tun, diesen unseren langjährigen ‹Vertrag› zu kündigen!»
Abb. 38:
Beurteilungsgespräch in Unternehmen: der/die Vorgesetzte und der «Chor der inneren Bedenkenträger»
Mancher Mitarbeiter hat ein solches «Beurteilungsgespräch» als überaus enttäuschend in Erinnerung, fühlte sich mit nichtssagenden Formulierungen «abgespeist» und menschlich übergangen. Wenn wir aber Inkompetenz und mangelnde Courage des Vorgesetzten allein dafür verantwortlich machen, bedenken wir zu wenig, dass das scheinbar harmlose Vier-Augen-Gespräch auf einem komplizierten Unternehmens-Schachbrett stattfindet, wo jeder Zug nicht nur die angestrebte Wirkung entfaltet, sondern die gesamte Konstellation nachhaltig (auch zum eigenen Nachteil) verändern kann. Die klugen Schachbrettstrategen sind im Inneren Team (beider Gesprächspartner) angetreten und begründen eine innere Konfliktlage, die in der Gesprächsschulung den Ausgangspunkt bilden sollte.
Schwächung der eigenen Wirksamkeit
Wer mit sich selber einig (geworden) ist, kann der Welt mit vereinten Kräften begegnen. Sie verleihen ihm die Ausstrahlung von Eindeutigkeit, Sicherheit, Ruhe, Souveränität, Autorität und das damit verbundene Gewicht, die damit verbundene Durchsetzungskraft.
Diese «Ausstrahlung», diese soziale Strahlkraft, kommt abhanden, wenn sich Teilkräfte gegenseitig lähmen und das Oberhaupt dadurch schwächen. Das weiß jede(r), der oder die mit Kindern zu tun hat: Wenn ich meiner Entscheidung ganz gewiss bin, dass jetzt Schluss ist mit Fernsehen, merken die Kinder (die vor allem auf Tonfall und Mimik und weniger auf den Inhalt der Worte reagieren) sofort, was die Stunde geschlagen hat. Sobald ich aber in einer winzigen Ecke meiner Seele selbst das Gefühl habe, dass es vielleicht doch etwas herzlos wäre, den Film an einer spannenden Stelle mittendrin abzuschalten, ist die Schlacht verloren: Die Kinder «wittern» diesen Teil, hören aus dem «Nein» das unausgesprochene «Vielleicht doch» sehr deutlich heraus und ruhen nicht eher, als bis sie mich so weit haben. – Manche Lehrer konnten (und können) ihrem Anspruch auf Ruhe und Ordnung im Unterricht keinen hinreichenden Nachdruck verleihen, weil in ihrer «inneren Lehrerkonferenz» jemand sitzt, der antiautoritär eingestellt ist (was nicht schlecht ist!) und im entscheidenden Augenblick den «Ordnungshüter» um genau jene Spur zaghafter und unentschlossener ausfallen lässt, die ausreicht, um die entsprechende «Witterung» der Schüler auszulösen (was nicht gut ist!). Diese Lehrer sind zu bedauern, weil sie mit einem kräftezehrenden Disziplinierungsaufwand wettmachen müssen, was die verbindliche Ausstrahlung auf der unmittelbaren Wellenlänge nicht geleistet hat.
Generelle Schwächung. Die Schwächung der Wirksamkeit aufgrund eines unaufgelösten Teamkonflikts kann generell oder punktuell sein.
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