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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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Inter-Rollenkonflikt
    Hier wohnen nun zwei Seelen, ach!, in seiner Brust, jedoch ist dieser innere Teamkonflikt nicht primär psychologisch, sondern spiegelt exakt die Logik der objektiven Konstellation wider. Mit manchen solcher Rollenkonflikte kann und muss man leben, andere wiederum sind so gravierend, dass jeder seriöse Teilhaber des gesellschaftlichen Geschehens gut beraten ist, bei der Übernahme eines neuen Amtes alte Ämter niederzulegen, wenn eine Unvereinbarkeit absehbar ist.

    Intra-Rollenkonflikte sind dagegen allgegenwärtig und unvermeidbar. Denn sobald ich eine Rolle einnehme, bin ich mit den Erwartungen meiner Rollenpartner konfrontiert. Eine Rolle ist geradezu definiert als das Insgesamt von Erwartungen, das an den Inhaber einer Position gerichtet wird.
    Das Quälende ist nun, dass diese Erwartungen vielfach widersprüchlich sind, weil
     
die verschiedenen Rollenpartner unterschiedliche Interessen haben und
sogar ein und derselbe Rollenpartner widersprüchliche Erwartungen haben kann, wenn er seinerseits einem inneren Teamkonflikt ausgesetzt ist.

    Noch ungemütlicher wird die Sache dadurch, dass die Rollenpartner nicht nur «Erwartungen» haben, sondern auch kräftig Druck machen und – wenn ich sie enttäusche – auch sehr fies werden können. Wissenschaftlich ausgedrückt: Hinter jeder Erwartung stehen drohende Sanktionen.
    Ein einfaches und klassisches Beispiel ist die Sandwich-Position einer Führungskraft im mittleren Management, welche Druck von oben und von unten bekommt (s. Abb. 49). Von oben heißt es einerseits: «Sie müssen nach unserer Umstrukturierung mit weniger Leuten mehr Leistung erbringen! (Sie sind doch hoffentlich belastbar?) Motivieren Sie Ihre Leute (Sie haben doch hoffentlich ein Motivierungstalent?!), machen Sie ihnen klar, dass in diesen Zeiten jeder volle Einsatzbereitschaft zeigen muss!» Andererseits heißt es von der Personalabteilung: «Eine Mitarbeiterbefragung hat Unzufriedenheiten und Defizite im Bereich ‹Führung und Kommunikation› aufgedeckt, die wir unbedingt abstellen müssen. Der Vorstand hat daher die Führungsleitlinie 2000 in Auftrag gegeben. Hier ist sie! Seien Sie fair und kooperativ, jederzeit ansprechbar, vertrauenswürdig, kritikfähig – und denken Sie daran: Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt!» Und von «unten»: «Machen Sie denen da oben klar, dass es so nicht weitergeht. So gehen wir hier kaputt. Sie haben doch hoffentlich den nötigen Biss, um unsere Belange wirkungsvoll zu vertreten?»

    Abb. 49:
    Intra-Rollenkonflikt im mittleren Management
    In diesem vereinfachten Musterbeispiel bekommt unsere mittlere Führungskraft «nur» von drei Seiten etwas zu hören – und zu fühlen. In Wirklichkeit sind es meist noch mehr Rollenpartner, von deren Appellen sie druckvoll umgeben ist und denen allen sie es nicht recht machen kann. Wohlgemerkt, der innere Teamkonflikt unseres Chefs ist vorprogrammiert, ist bereits in der Rolle angelegt, bevor er als Mensch die Bühne betritt. Gleichwohl muss er ihn persönlich ausbaden oder besser: ausfechten. Wir können uns vorstellen, dass jeder Rollenpartner im Inneren Team des Rolleninhabers «diplomatisch vertreten» ist. Diese diplomatischen Vertretungen nehmen lautstark am inneren Selbstgespräch und an den inneren Ratsversammlungen teil («Ich höre schon den Betriebsrat sagen …»).
    Nun kommt es darauf an! Wenn im Inneren Team unseres Chefs ein harmoniebedachter Herr Allenrecht die Oberhand hat, der allen wohl und niemandem weh tun will, dann wird er, indem er allen Seiten Zustimmung signalisiert, bald in Teufels Küche geraten und zum multiplen Prügelknaben werden, da er letztlich diese (widersprüchlichen) Zusagen nicht einhalten kann. Und er bleibt ein Opfer des Geschehens. Will er zum aktiven Täter werden, muss er in der Auseinandersetzung mit seiner Rolle eine eigene klare Linie finden, ein begründetes und differenziertes Selbstverständnis, das in der Begegnung mit den Rollenpartnern zu einem inneren Kraftzentrum werden kann, aus dem heraus er sicher, entschlossen und souverän sein Handeln darlegen, seine Verweigerungen begründen, seinen Gegenforderungen Nachdruck verleihen kann (Hager und v. d. Laan 1984). Durch dieses proaktiv ausgestrahlte Selbstverständnis nimmt er nun seinerseits Einfluss auf die Erwartungen, die an seine Rolle gerichtet werden. Diese Auseinandersetzung mit der Rolle sei, so die Kommunikations- und Unternehmensberater Hager und v. d. Laan, das A und

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