Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
O jeder Beratung und Fortbildung von Führungskräften, sei die innere Grundlage effektiver Kommunikation. Und, so ließe sich hinzufügen, nicht nur von Führungskräften, sondern von allen Rolleninhabern der beruflichen und privaten Welt: Auch eine Hausfrau und Mutter muss, um familiäre Auseinandersetzungen kraftvoll und deutlich führen zu können, eine klare Vorstellung davon entwickeln, was sie als ihre Aufgabe ansieht und was nicht und was sie ihrerseits von ihren Rollenpartnern zum Gelingen des Ganzen erwartet: was sie unbedingt einfordert, was sie für wünschenswert hält und wo sie von Fall zu Fall mit sich reden lässt. Sonst ist sie ewig am Dibbern, und keiner hört zu. Kein leichtes kommunikatives Kunststück für die Inhaberin einer Rolle, die für ein harmonisches Nest zuständig ist. Im beruflichen Bereich gewinnt in Zeiten beschleunigten Wandels, der immer auch einen Rollenwandel mit sich bringt und nach sich zieht, die Erarbeitung eines stimmigen Selbstverständnisses noch zunehmende Bedeutung.
Um dieses A und O zu meistern, sind zwei seelische Leistungen zu erbringen: zum einen die innere Ratsversammlung zur eigenen Rolle . Neben den Eigenstimmen sitzen die diplomatischen Vertretungen der verschiedenen Rollenpartner mit am Tisch. Nach Erarbeitung einer klaren Vorstellung von der eigenen Rolle kommt dann zum anderen die Bereitschaft und Fähigkeit zur konflikthaften Auseinandersetzung mit den Rollenpartnern hinzu, zu einem beharrlichen Ringen auch um die adäquate Beziehungsdefinition. Herr und Frau Allenrecht wollten diese so gern vermeiden, aber nun geht es nicht anders. Wenn zum Beispiel ein Moderator von einem Workshop-Teilnehmer «angeschossen» wird mit den Worten: «Sie scheinen von einer Lösung der Probleme meilenweit entfernt zu sein! Tun Sie nur so, oder sind Sie so ratlos, wie Sie den Anschein erwecken?», dann darf er nicht seinen harmoniebedachten Allenrecht ins Gefecht schicken mit den Worten: «Gut, also wir können ja jetzt mal gemeinsam schauen, welche Lösungsideen vorhanden sind …», sondern sollte die implizite Beziehungsdefinition, die in der Kritik enthalten war (« Wir benennen die Probleme, Sie sind für die Lösung zuständig!»), explizit zurückweisen. Also auch nicht: «Ich empfinde Ihre Worte als verletzend und unverschämt!» – das kommt noch hinzu, trifft aber nicht den Kern, welcher in der unterschiedlichen Auffassung über die Rolle des Moderators liegt. Sondern zum Beispiel: «Ich begreife Ihre Sehnsucht nach Lösungen – und halte sie auch für erfüllbar. Ihre Kritik gibt mir aber Gelegenheit, noch einmal ganz deutlich zu betonen, wie ich meine Rolle hier nicht sehe und was ich stattdessen für meine Aufgabe halte …» Dann folgt eine Rollenklarstellung, je nach Situation mit Begründung und Gegenforderung.
Das Lieblingswort des Herrn Allenrecht lautet «gemeinsam»; damit wird eine Seite der Beziehung betont und die andere unterschlagen: «… aber in verschiedenen Rollen, und zwar …»
Herr Allenrecht ist ein wertvolles Mitglied des Inneren Teams, er sichert die moderne Tugend der «Kundenorientierung». Lässt man ihn allein, steht er aber auf verlorenem Posten. Dringend an seine Seite gehört ein streitbarer Geist, der über lupenreine Rollenklarheit wacht. Dieser «Profi» fehlt häufig im naiven Inneren Team von Berufsanfängern, seine Einstellung und Eingliederung gehört zu den vorrangigen Lernzielen einer professionellen Kommunikationsfortbildung.
3.4
Vom Umgang mit inneren Widersachern
Aus den vorangegangenen Erörterungen ist deutlich geworden: Innere Teamkonflikte, das Uneins-Sein mit sich selbst, ist ein typisch menschliches Schicksal. Anthropologische und soziologische Gegebenheiten wirken zusammen, sodass unsere Seele zum Tummelplatz gegensätzlicher Strebungen wird – in (post-)modernen Zeiten mehr und mehr. Damit sich die inneren Kontrahenten nicht heillos polarisieren, bedarf es einer starken Führung, eines souveränen Oberhaupts, dem es nicht nur gelingt, die Konflikte durch Depolarisierung zu entschärfen, sondern darüber hinaus aus der Not eine Tugend zu machen und durch Vereinigung der Gegensätze Kraft und Qualität zu erzeugen.
Was aber, wenn das Oberhaupt durch einzelne Mitglieder in seiner Souveränität gefährdet ist? Wenn es einzelne Teilnehmer gibt, die sich in unangenehmer Weise dominant und destruktiv bemerkbar machen? Jeder Gruppen- und Teamleiter weiß von schwierigen Teilnehmern zu berichten, die eine
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