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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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umgekehrt; all die folgenden Betrachtungen beziehen sich vor allem auf die Stammspieler.
    Die Erfolgsgeschichte der Stammspieler
    Welche lebensgeschichtlichen Hintergründe mögen es gewesen sein, die sie zu prominenten und bühnenerprobten Stammspielern/Hauptdarstellern haben werden lassen? Soweit nicht genetische Vorprägungen mitwirken, sind vor allem zwei Lerntypen in Betracht zu ziehen:
     
Das Lernen am Modell , am Vorbild («Wie er sich räuspert und wie er spuckt, das habt ihr ihm redlich abgeguckt!» Schiller: Wallensteins Lager): Tatsächlich können wir feststellen, dass wir Mutter, Vater und andere wichtige Personen aus unserer Frühzeit zu Mitgliedern unseres Inneren Teams haben werden lassen – manchmal zum Missfallen des Regisseurs, sofern ihm diese Ähnlichkeiten bewusst werden.
Das Lernen am Erfolg , wobei der «Erfolg» im menschlichen Seelenleben viel komplizierter zu bestimmen ist als bei der Tierdressur, wo durch ein Stück Futter zum rechten Augenblick manches Kunststück gelingen kann.
    Schauen wir uns die Erfolgsstruktur etwas genauer an: Jedes Ensemblemitglied wirkt in zweifacher Richtung, nach außen und nach innen. Ein Erfolg kann sowohl hier wie dort erzielt werden. Die Außenerfolge liegen in erwünschten Reaktionen der menschlichen Umwelt, die Binnenerfolge in der erwünschten Abwehr unliebsamer oder schutzbedürftiger Ensemblekollegen. Im Einzelnen:

    Erfolge im Außendienst. Im einfachen Fall werden solche Mitglieder zu Stammspielern, die beim Publikum «gut ankommen». Wer Beifall auslöst (geliebt, gelobt, bewundert, anerkannt wird), wird vom Regisseur immer wieder gern auf die Bühne geschickt.
    Allerdings sind es keineswegs immer die netten und lieben Seiten, mit denen man sich einen Platz an der Sonne erobert. Vielleicht bekam Else erst dann Aufmerksamkeit und Zuwendung, wenn sie die «wehleidige Jammerprinzessin» spielte; vielleicht konnte Hans sich mit jähzornigen Anfällen jenen Respekt verschaffen, der ihn davor schützte, bespöttelt und/oder links liegengelassen zu werden. Möglich auch, dass mancher die Hoffnung auf einen Platz an der Sonne aufgegeben hatte und froh war, überhaupt einen Platz zu erobern – und wenn die guten schon alle besetzt waren, konnte man vielleicht mit Fiesität, extremer Frechheit oder herzloser Raubeinigkeit einen «schlechten», aber doch immerhin seinen Platz finden: einen Schattenplatz.
    Eberhard Stahl (1998) beschreibt in seinem Buch über «Dynamik in Gruppen», wie in jeder Gruppe eine Anzahl von (psychologischen) Rollen vorgesehen ist, zum Beispiel der Streber , die Heulsuse , der Clown , die Rebellin , der Vermittler , die Tüchtige , der Versager , die Kritische , der Angeber , der kleine Hilflose usw. Kommt jemand neu in eine Gruppe oder wächst langsam in sie hinein, so spürt er intuitiv, welche Rollen bereits «besetzt» und welche noch frei sind. Letztere sind gleichsam zur Besetzung «ausgeschrieben», um sie kann man sich bewerben. Hat der Neue ein inneres Teammitglied zur Verfügung, das einer noch freien Rolle entspricht, wird er diese einnehmen und sich so einen psychologischen Platz erobern . Das passende innere Mitglied wird, zumindest in dieser Gruppe, zum Stammspieler (s. Abb. 53).

    Abb. 53:
    Besetzte (●) und unbesetzte (○) Rollen in einer Gruppe (links) sowie inneres Rollenrepertoire beim neuen Mitglied (rechts). Der passende wird zum Hauptdarsteller/Stammspieler (Krone) (in Anlehnung an Stahl 1998)
    Jede Gemeinschaft, der wir angehören oder in die wir hineinwachsen, steht bestimmten Aufgaben gegenüber, die sie – nach innen und nach außen – zu bewältigen hat. Wenn beide Eltern arbeiten müssen, fällt einem älteren Geschwister lebenslogisch ein Teil der Betreuung jüngerer Geschwister zu. Ein verantwortungsbewusster Helfer wird gebraucht, und genau dieser wird im Inneren Team seines Besitzers einen Stammplatz erhalten.
    «Gebraucht werden» kann objektiv verstanden werden (= überlebensnotwendig) oder auch subjektiv in dem Sinn, dass Eltern aufgrund ihrer seelischen Verfassung ein Kind «brauchen», das mit seiner Art dieser psychischen Not entgegenkommt. So mag eine Mutter für ihren Ehrgeiz eine erfolgreiche, im Rampenlicht der Bewunderung stehende «Prinzessin» brauchen und diese Erwartung unbewusst vermitteln. Ein Vater mag umgekehrt einen Versager benötigen, um sein beschädigtes Selbstwertgefühl daran aufzurichten. Solche Beobachtungen hat Horst Eberhard Richter in seinem Buch «Eltern,

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