Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

besteht bei dieser Sicht in der Eingliederung verbannter Außenseiter, wobei je nach Verbannungsstufe sich die Arbeit mehr oder minder schwierig gestaltet. Auf der anderen Seite verlangen insbesondere professionelle Kontexte eine geeignete «Vordermannschaft», wie wir es exemplarisch am Beispiel des Animateurs gesehen haben (S. 231ff.). Das Oberhaupt, das sich als Entwicklungshelfer seines Teams begreift, sieht sich einer zweifachen und widersprüchlichen Herausforderung ausgesetzt:
    Die eine verlangt die Herausbildung eines «Profils», das den Anforderungen einer Leistungsgesellschaft optimal entspricht und das uns in ihr funktionsfähig macht. Gefragt ist hier eine tüchtige und situationsadäquate Vordermannschaft, die alle inneren Störenfriede im Griff hat und aus dem Geschehen heraushält. Die andere verlangt von uns die Entfaltung des ganzen Menschen, der wir in Wahrheit sind und der sich in der Verwirklichung seiner selbst und seines Lebenssinns nicht auf seine Vorzeigehälfte, auf seine gut angepasste Vordermannschaft reduzieren lässt. (Fort-)Bildungsveranstaltungen sind meist auf das eine oder das andere ausgerichtet (s. Abb. 70): Auf der einen Seite werden Trainingskurse zur optimalen Situationsbeherrschung angeboten, ohne danach zu fragen, was die einseitige Ausrichtung auf das berufliche Anforderungsprofil mit dem inneren Menschen macht. Auf der anderen Seite werden «ganzheitlich» ausgerichtete Selbstentfaltungskurse angeboten, die einem therapeutisch-humanistischen Ideal verpflichtet sind und in der berufsbezogenen Tüchtigkeit vor allem die Gefahr der menschlichen Deformation sehen.

    Abb. 70:
    Dilemma der Inneren Teamentwicklung – Verbindung von Professionalität und Menschlichkeit als Aufgabe von Beratung und Fortbildung
    Ich habe mir den Optimismus bewahrt, dass äußerer Erfolg und innere Entwicklung trotz einer gewissen Gegensatzspannung miteinander vereinbar bleiben, dass Professionalität und Menschlichkeit zusammengehören und dass eine berufsbezogene Beratung und Fortbildung den Profi und den Menschen gleichermaßen fördern kann. Im übernächsten Kapitel wird dieses Thema wieder eine Rolle spielen.

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    5.
    Variationen der inneren Mannschaftsaufstellung
    Bei der Beschreibung des Aufbaus der Persönlichkeit im letzten Kapitel haben wir unterstellt, dass jedem Menschen eine Grundkonstellation eigen ist, die für ihn, gemittelt über eine Vielzahl von Lebenssituationen, typisch ist und in der er sich von anderen Menschen unterscheidet. Damit hatten wir die eine Hälfte der Wahrheit zu fassen. Die andere Hälfte steckt in der Erfahrung, dass ein und derselbe Mensch gegenüber verschiedenen Situationen, Menschen, Lebensthemen über eine oft beachtliche Variationsbreite verfügt. Ich wechsle abermals die Metapher und spreche davon, dass wir je nach Sportart, Spielfeld, Gegner usw. mit einer jeweils unterschiedlichen Mannschaftsaufstellung antreten.
    Ein guter Fußballtrainer variiert die Mannschaftsaufstellung je nachdem, wen er zur Verfügung hat, wer zur Zeit in Hochform ist – aber auch je nach Gegner und je nach den Umständen: Handelt es sich um ein Heimspiel oder ein Auswärtsspiel? Wie ist der Tabellenstand? Wird der Gegner als offensiv eingeschätzt, mag es geraten sein, mit «Doppelstopper» anzutreten und den etwas einfallslosen, aber unüberwindlichen Benno Block zum Spielführer zu machen. Hat hingegen die eigene Mannschaft nichts mehr zu verlieren, kann nur noch ein Sieg sie retten, dann gehört Benno Block auf die Reservebank, stattdessen wird der Trainer mit fünf Spitzen antreten und Stanislaus Sturm und Willy Windig aufs Feld schicken.
    Entsprechend haben wir uns die Aufstellung des Inneren Teams vorzustellen: Sie wechselt ständig, je nach Situation, Thema, Gesprächspartner! Mit dieser Erkenntnis schlagen wir ein spannendes Kapitel auf. Je länger ich mich selbst und andere Menschen in schwierigen zwischenmenschlichen Situationen untersuche, umso mehr komme ich zu der Überzeugung, dass unsere aktuelle Kommunikationsfähigkeit stark davon abhängt, ob wir «alle beisammen haben», sprich: ob und inwieweit unsere innere Mannschaftsaufstellung der Situation entspricht, in der wir gefordert sind. Damit eröffnen sich faszinierende Fragen der Kommunikationspsychologie: Wie stellt sich das Innere Team angesichts verschiedener Gesprächspartner, bestimmter Situationen und angesichts der persönlichen Ausgangslage zusammen? Wie geschieht dies von