Mithgar 10 - Die schwarze Flut
weitere Umrisse im Schnee liegen - Pferde, Männer... tot, niedergestreckt. Tuck stieß einen leisen Schrei aus. »Fürst Galen! Seht! Ein totes Helross.«
Galen ermunterte Gagat zu einem leichten Galopp, und sie überbrückten rasch die Entfernung. Sie kamen zum ersten der umgestürzten und ausgebrannten Wagen, stiegen ab und gingen zwischen den Getöteten umher, die von Klingen in Stücke gehackt und von Speeren durchbohrt worden waren. Frost und Reif bedeckte die gesamte Szenerie.
»Prinz Galen.« Tucks Stimme war voller Angst; er stand vor einem durchbohrten Krieger, dessen tote Augen durch eine Eisschicht in den Himmel starrten. Der zerbrochene Schaft ragte aus dem Körper des Toten. »Das ist Hauptmann Jarriel, und dort liegt Haddon, Euer Bote. Majestät, das ist die Karawane von Prinzessin Laurelin!« Tuck brach in Tränen aus.
Lange suchten sie in dem grausigen Zug und schauten viele Schrecken. Tuck schwankte wie benommen und auf unsicheren Beinen durch das wüste Gemetzel, das sich beim Überfall auf die Karawane zugetragen hatte: Überall erschlagene Männer, wie auch Frauen und Alte; am schlimmsten aber waren die Kinder, manche noch Säuglinge in den Armen ihrer Mütter. Selbst die Rösser hatten sie getötet, in den Zugriemen abgeschlachtet.
Über die Täter bestand kein Zweifel, denn auch Ghule und Helrösser waren niedergestreckt worden.
Doch weder Prinzessin Laurelin noch Prinz Igon fanden sich unter den Toten.
Galen hatte sich mit Jarriels Stahl neu bewaffnet. Und er füllte Tucks Köcher mit Pfeilen, die er in einem der Wagen entdeckte. Nun standen sie in der Mitte des Zuges, von wo eine deutliche Spur in östlicher Richtung durch den Schnee führte.
»Fünf Dustertage sind vergangen«, sagte Galen zerknirscht und mit leidvollem Blick, »und hier ist ihre Fährte. Nach Osten sind sie geritten, fort von diesem Blutbad.«
»Aber wo sind Prinzessin Laurelin und Prinz Igon?«, fragte Tuck.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Galen, ohne den Blick von der Spur der Ghule abzuwenden. »Igon könnte mit Laurelin die Flucht gelungen sein; vielleicht sind sie südwärts nach Steinhöhen galoppiert, denn Rost ist nicht unter den getöteten Pferden.
Oder aber sie sind, einer oder beide, Gefangene von Modrus Schlächtern.« Galen schlug mit der Faust in die offene Hand und knirschte wütend mit den Zähnen. »Doch ob frei oder gefangen - die einzige Spur liegt hier vor uns im Schnee, und obwohl sie alt ist, werden wir diese Mörder verfolgen. Wenn sie Laurelin oder Igon gefangen halten, werden wir einen Weg finden, sie zu befreien. Und dann wird es ein weiteres Gemetzel geben - nur werden ihm diesmal die Ghola zum Opfer fallen.«
Galen drehte sich rasch um und ging zu einem der Wagen. »Kommt, Tuck, wir müssen uns Proviant für eine lange Verfolgungsjagd suchen, denn sie haben einen Vorsprung von fünf Tagen, und wenn sie weiterfliehen, wird es eine endlose Jagd.« Galen wandte den Blick in die Richtung der Spur. »Wir werden diesen Schurken bis zu Modrus Eisernem Turm folgen, wenn es sein muss - das schwöre ich als Prinz des Reiches!« Er machte erneut kehrt und setze seinen Weg zu den Wagen fort.
So kam es, dass nach weniger als einer Stunde das schwarze Pferd auf den Spuren der Ghule nach Osten donnerte, die Satteltaschen gefüllt mit Getreide für Gagat und Hirsekeksen als Wegzehrung für Galen und Tuck. Mehr Essen hatte sie nicht dabei, denn wie Galen sagte: »Wir müssen Gagats Gewicht unbedingt in Grenzen halten, denn es könnte eine lange Jagd werden, und Lebensmittel wie Wildbret oder gar Bohnen haben mehr Masse und Gewicht und weniger Nährwert als diese faden Kekse. Unsere Hauptsorge wird sein, Wasser für Gagat zu finden, doch wenn wir genügend Schnee schmelzen, dürfte auch das gelöst sein.«
Die Trampelspur, die die Klumphufe der vielen Helrösser im Schnee hinterlassen hatten, schlängelte sich zwischen den Schlachtenhügeln hin und her, aber sie führte unabänderlich nach Osten. Manche Stunde ritten Galen und Tuck, mal im leichten Galopp, mal im Trab und gelegentlich auch im Schritt, denn der Prinz variierte Gagats Gangart, aber stets so, dass er die Kräfte des schwarzen Rosses nicht überforderte. Schließlich hielten sie an, um in einem geschützten Tal zu lagern. Gagat bekam Getreide, während Tuck einen Hirse keks hinunterschlang. Auch wenn er nach kaum mehr als leicht gewürztem Mehl schmeckte, vertrieb er den Hunger des Wurrlings, denn, wie Tuck meinte, »die Hohlräume
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