Mithgar 10 - Die schwarze Flut
auf, als Dilbi ans Feuer trat. »Tarpi?«, fragte er und brach in Tränen aus, als Dilbi nur den Kopf schüttelte.
Als Hauptmann Darby und die Heiler kamen, nach denen Patrel geschickt hatte, brachte man Tuck und Danner auf einem Ponykarren zurück ins Lager der Dorngänger. Keiner der beiden sprach viel auf der Fahrt, im Zelt bekam Tuck einen Schlaftrunk wegen seiner schmerzhaft pochen den Hände, und er fiel in einen traumlosen Zustand. Doch als Danner nach einigen Stunden unruhigen Schlafes aufwachte, sah er, wie Tuck unbeholfen einen Stift umklammert hielt und entschlossen in sein Tagebuch schrieb. Er schreibt wohl alles nieder, um es aus dem Kopf zu bekommen, murmelte Danner vor sich hin und fiel erneut in einen ruhelosen Schlummer.
Tuck erwachte, weil Danner ihn am Arm rüttelte. »Auf, Bokker. Sie sind ohne uns aufgebrochen, als wären wir krank oder dergleichen. Wir werden ihnen beweisen müssen, dass wir zäher sind, als sie denken. Wie geht es deinen Händen? Bei mir waren es die Füße, die mir fast den Dienst versagt hätten.«
Tuck bewegte die Finger. »Sie fühlen sich nur noch ein bisschen seltsam an, so als wären sie geschwollen. Aber das ist alles.« Er sah zu Danner hinauf, ihre Blicke trafen sich, und Tuck begann zu weinen.
»Komm, Bokker«, sagte Danner mit ebenfalls erstickter Stimme. »Fang jetzt nicht damit an.«
»Es tut mir leid, Danner, aber ich kann einfach nicht anders.« Aus Tucks Stimme klang tiefes Elend, und die tränennassen Augen starrten blind auf ein ganz persönliches Schreckensbild. »Ich sehe es pausenlos vor mir - der Mensch, das Pferd, Tarpi, alle unter dem Eis eingeschlossen, wie sie verzweifelt um Luft kämpfen und an die gefrorene Oberfläche hämmern. O Götter! Tarpi, Tarpi. Ich schließe die Augen und sehe sein Gesicht unter dem Eis, seine greifenden Hände, aber er kann nicht hinaus.« Tucks Körper wurde von heftigem Schluchzen geschüttelt, und Danner, der ebenfalls weinte, legte ihm den Arm um die Schultern. »Hätte ich nur nicht genau in diesem Moment auf den Vulg geschossen«, schluchzte Tuck, »dann wäre er nicht gegen das Pferd geprallt, das Eis wäre nicht gebrochen und... und...« Tuck konnte nicht weitersprechen. »Genug jetzt!«, rief Danner und sprang auf. Er stand Tuck gegenüber, und seine Trauer hatte sich in blanken Zorn verwandelt. »Das ist lächerlich! Wenn du die Bestie nicht gefedert hättest, dann hätte sie Tarpi den Kopf abgebissen! Sei nicht so töricht und gib dir die Schuld an einem unglücklichen Zusammentreffen. Du hast richtig gehandelt, und zwar ohne Wenn und Aber. Anstelle von Tarpi und dem Mann hättest genauso gut du unter dem Eis ertrinken können. Allein der Zufall hat unseren Kameraden getötet, und allein der Zufall hat dich gerettet, wenn du also irgendwem oder irgendwas die Schuld geben willst, dann gib sie dem Zufall!«
Danners wütende Worte rissen Tuck aus Trauer, Schuldgefühlen und Selbstmitleid. Er sah seinen Freund an, und eine Weile war nichts anderes zu hören als Danners rauer Atem. Dann sagte Tuck mit Bitterkeit in der Stimme: »Nein, Danner, dem Zufall werde ich nicht die Schuld geben. Es war nicht der Zufall, der den Vulg hinter dem Herold hergeschickt hat. Modru war es.«
Hauptmann Darby rief die Vierte Dorngängerkompanie an der Furt zusammen, wo eine Trauerfeier für Tarpi und den namenlosen Herold abgehalten wurde. Und die ganze Zeit über blieben Tucks Augen trocken, obwohl viele andere weinten. Danach hielt Hauptmann Darby eine Ansprache an die Kompanie. »Bokker, wir haben zwar einen Kameraden verloren, aber das Leben geht weiter. Der Hochkönig hat dazu aufgerufen, sich in der Feste Challerain zu sammeln, und die Pflicht verlangt, dass auch Bewohner der Sieben Täler seinem Aufruf folgen. Ich werde Kuriere aussenden, damit sie die Nachricht verbreiten, und dann werden andere dem Appell nachkommen. Einige jedoch müssen sofort nach Norden aufbrechen. Es ist uns zugefallen, als Erste eine Wahl zu treffen, und das sind unsere Möglichkeiten: bleiben und die Sieben Täler verteidigen oder dem Aufruf des Königs folgen. Ich fordere nunmehr jeden Einzelnen von euch auf, gut und gründlich zu überlegen und dann eine Antwort zu geben. Werdet ihr in den Sieben Tälern am Dornwall Patrouille gehen oder auf den Wällen der Feste Challerain?«
Stille senkte sich über die Dorngänger, während ein jeder seine Antwort erwog - bis auf einen, der sich bereits entschieden hatte.
Tuck trat bestimmte fünf Schritte
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