Mithgar 10 - Die schwarze Flut
Festversammlung.
»Wenn ich mich nicht irre«, sagte Aurion zur Prinzessin, »kommt dieser junge Mann, der Sieger, aus Thal in Eurem Land. Ich habe ihn nämlich schon früher ringen sehen. Er verfügt über große Kraft und Beweglichkeit, wie viele in Riamon.« Laurelin lächelte strahlend, doch hinter ihrem Blick verbarg sich Trauer. »Was für eine großartige Gesellschaft«, sagte sie zum König, »doch viele aus dieser fröhlichen Truppe werden morgen mit mir auf den Wagen sein.«
»Und ich reite mit der Eskorte«, sagte der junge Igon betrübt, »obwohl ich es für besser hielte, ich kehrte in den Dusterschlund zurück, um Galen gegen den Feind beizustehen.«
»Ich brauche dich in Pellar, mein Sohn«, erwiderte Aurion. »Du wirst nur bis Steinhöhen mit der Eskorte reiten, bis du außerhalb der Reichweite von Modrus Vulgs bist. Dann lässt du den Zug hinter dir und eilst mit sechs schnellen Begleitern nach Caer Pendwyr.«
»Ich werde Eurem Befehl gehorchen, Vater«, entgegnete Igon, nunmehr in förmlicher Hofsprache. »Wenngleich ich glaube, Ihr versucht nur, einen Eurer Erben vorübergehend in Sicherheit zu bringen.« König Aurion errötete, und er sah Vidron an wie einen Mitverschwörer. Prinz Igon fuhr fort: »Ich denke, andere, etwa Hauptmann Jarriel, könnten die mir zugeteilte Aufgabe ebenso gut, wenn nicht besser ausführen, wohingegen ich in bitterer Winternacht gekämpft und Feinde getötet habe, und darin liegt meine Eignung. Es mag ja sein, dass wir durch Zufall über den Feind gestolpert sind, doch ändert das nichts an der Tatsache, dass Galen und ich zusammen fünf von ihnen getötet haben. Zu dieser Aufgabe würde ich lieber zurückkehren: an Galens Seite dem Feinde trotzen.«
»Du sagst, andere könnten die Aufgabe erfüllen, die ich dir zugeteilt habe, Sohn«, erwiderte Aurion mit steinerner Miene, »und du nennst Hauptmann Jarriel, weil du weißt, dass ich ihn als deinen Berater nach Süden schicke. Doch sage ich dir dieses: Hauptmann Jarriel kann nicht bewirken, dass die eifersüchtigen Generäle der rivalisierenden Fraktionen von ihren kleinlichen Streitereien ablassen. Nur ein Mitglied der königlichen Familie kann den Willen der Armeen mit der Entschlossenheit und Einigkeit befeuern, die nötig sind, Modrus Horde zu stellen und zu bekämpfen. Denn das ist die Aufgabe, die ich dir abverlange: die Truppen zu sammeln und mit ihnen zu mir zurückzukehren.«
»Das Kommando über diese Armee sollte Galens Aufgabe sein, Vater, nicht meine, denn er ist zehn Jahre älter als ich«, entgegnete Igon.
»Er ist aber nicht hier!«, brauste der König mit lauter Stimme auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Becher schwankten. Doch dann wurde sein Blick weicher und seine Rede so höflich wie die seines Sohnes. »Ach, mein Sohn, in deinen Adern fließt dasselbe Blut wie in meinen, jedoch ist deines hitziger aufgrund deiner Jugend. Ich weiß, du möchtest dich aufmachen zu deinem Bruder und dem Feind entgegentreten, denn es ist schwer, diesem Verlangen zu widerstehen. Du wirst deine Ungeduld für dieses Mal hintanstellen und erfahren, dass es einer königlichen Hand bedarf, um meine Heerscharen geschwind nach Norden zu führen. Du weißt, dass die ersten Herolde vom Vulg gemeuchelt wurden, mag sein auch, die zweiten, und langsam nur verbreitet sich die Nachricht übers Land. Deshalb hat die Truppenerhebung noch nicht richtig begonnen, und es ist nun fünf vor zwölf in unserer Not. Du, Galen oder ich selbst - einer muss sich aufmachen und mit jenen wiederkehren, die den Feind überwältigen werden,« König Aurion legte Igon die Hand auf den Arm. »Das Schicksal hat es so gefügt, dass du es bist, der mein Heer sammeln muss, denn Galen ist im Norden, und ich muss hierbleiben, um ins Feld zu rücken, wenn Modru kommt. Dies also ist meine Forderung an dich: Schaffe mir mein Heer herbei.«
Der junge Mann senkte das Haupt vor dem König und legte seine freie Hand auf Aurions. »Vater, ich stehe zu Eurer Verfügung«, beugte er sich Aurions Argumentation. Und der König stand auf, zog Igon in die Höhe und umarmte ihn, worauf beide ein Horn Met leerten.
Nun wandte sich Prinz Igon an die Prinzessin. »Wie es aussieht, Prinzessin Laurelin, werden wir Reisegefährten sein, zumindest für eine Weile. Hört nun meine Worte: Ich schwöre hiermit einen heiligen Eid, auf unserer Reise nach Steinhöhen sicher über Euch zu wachen; möge der Feind in Gron sich vorsehen.«
Laurelin lächelte
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